Ahrensburg. Der Fall Werner Heise ist nun das dritte Verfahren, das der Staatswanwaltschaft Lübeck vorliegt. Wurde er schlecht behandelt?

Er wäre fast gestorben. Als der Ahrensburger Werner Heise diese Aussage von seinem behandelnden Arzt hört, liegt er im Amalie-Sieveking-Krankenhaus in Hamburg-Volksdorf, hat in Folge der Notoperation mehrere Schläuche in der Brust stecken und wird von diesem Zeitpunkt an noch fünf Wochen in dem Krankenhausverbringen müssen. In dem Moment sei er nicht nur geschockt gewesen, sondern auch wütend geworden, sagt er: „Das hätte alles nicht so dramatisch sein müssen, wenn die Mitarbeiter der Integrierten Regionalleitstelle Süd in Bad Oldesloe besser reagiert hätten.“ Deswegen hat der 76-Jährige nun Strafanzeige gestellt.

74-Jährige starb laut Anzeige in der Nacht

Damit werden nunmehr drei Fälle bei der Staatsanwaltschaft Lübeck bearbeitet. So hatte ein Witwer aus Ahrensburg Anzeige gegen Unbekannt gestellt, nachdem ihm bei einem Notruf geraten wurde, die Nacht abzuwarten und am folgenden Tag mit seiner Frau zum Arzt zu gehen (wir berichteten). Die 74-Jährige starb laut Anzeige in der Nacht. Zu einer Frau, die im Herzogtum Lauenburg wohnt, soll der Rettungswagen erst gekommen sein, als die Hilfsfrist von zwölf Minuten weit überschritten war. Sie überlebte ihren Herzinfarkt. In beiden Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft. In dem Verfahren werde auch der Strafanzeige von Werner Heise nachgegangenen, sagt Möller.

Erster Verdacht: Herzinfarkt

Werner Heise und seine Frau, eine pensionierte Krankenschwester, vermuteten zuerst einen Herzinfarkt. Es ist ein Sonntag im vergangenen Juli: Werner Heise, so schildert der pensionierte Feuerwehrmann den Ablauf, schraubt auf seiner Garagenauffahrt an seinem Oldtimer, dann schmerzt es ihn plötzlich stark in der Brust. Er kann kaum laufen. „Ich habe mich dann ins Haus geschleppt und bin auf meinem Sessel zusammengesackt“, sagt er. Seine Frau wählt die 112. Am Telefon habe sie dem Disponenten die Symptome beschrieben, einen Rettungswagen und einen Notarzt angefordert. „Dann hat der Mann zu mir gesagt, dass ein Notarzt nicht notwendig ist“, sagt die 75-Jährige. Als sie widersprochen habe, habe der nur noch entgegnet: „Das können sie doch gar nicht beurteilen“ und aufgelegt.

Rettungswagen ohne Notarztbegleitung

Der Rettungswagen sei dann innerhalb der Hilfsfrist angekommen – aber ohne Notarztbegleitung und ohne Sonderrechte, die die Besatzung eines Rettungswagens anfordern kann, wenn es schneller gehen muss. „Ich habe die Sanitäter immer wieder gebeten, schneller zu fahren, doch die haben gesagt, es bestehe keine Lebensgefahr. Es bestand aber Lebensgefahr.“ Auf der Fahrt habe Werner Heise dann das Bewusstsein verloren, sei erst im Schockraum des Krankenhauses wieder aufgewacht. In der Nacht zu Montag geht es dem Rentner wieder schlechter, er wird notoperiert. Die Diagnose der Ärzte: In Folge einer verschleppten Lungenentzündung hat sich Eiter in seiner Brust angesammelt. Die Symptome, die er bereits vor der Einlieferung ins Krankenhaus hatte, seien von einem septischen Schock ausgelöst worden. Zudem attestieren die Ärzte Nierenversagen, eine Herzklappe sei bereits angegriffen gewesen.

„Das darf doch nicht sein“, findet Heise, „wenn so in der Rettungsleitstelle und im Rettungsdienst weiter gearbeitet wird, dann müssen alle Patienten, die auf den Rettungsdienst angewiesen sind, um ihr Leben fürchten.“ Er kritisiert sowohl die Einschätzung des Disponenten beim Notruf, als auch das Verhalten der Rettungssanitäter im Krankenwagen.

Kripo-Kontakt ist ausgeblieben

Anja Kühl, Fachbereichsleiterin für Ordnung im Kreis Stormarn und zuständig für die Rettungsleitstelle, ist auf Abendblatt-Nachfrage verwundert. „Mir ist dieser Fall überhaupt nicht bekannt. Normalerweise kontaktiert uns im Falle einer Strafanzeige die Kripo und fordert Informationen und Einsatzprotokolle an.“ Bisher sei dies aber nicht geschehen, so Kühl. Sie hatte zuvor zu den bereits laufenden Ermittlungen gesagt: „Es gibt im Rettungsdienst immer wieder solche Vorwürfe. Wir unterstützen die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen und können nur abwarten.“ Die Mitarbeiter der Leitstelle, die Einsätze in Stormarn, Ostholstein und dem Herzogtum Lauenburg koordinieren, sind über ihren Arbeitgeber rechtlich abgesichert.