Bad Oldesloe. Mitarbietern in Bad Oldesloe wird unterlassene Hilfeleistung und fahrlässige Körperverletzung beziehungsweise Tötung vorgeworfen.
Ärger für die Mitarbeiter der Integrierten Regionalleitstelle Süd (IRLS): Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt in zwei Fällen gegen Mitarbeiter der Notrufzentrale in Bad Oldesloe. Der Vorwurf: unterlassene Hilfeleistung in Kombination mit fahrlässiger Tötung in einem Fall in Ahrensburg beziehungsweise mit fahrlässiger Körperverletzung in einem anderen Fall, der sich im Kreis Herzogtum Lauenburg zugetragen hat.
Günter Möller von der Staatsanwaltschaft Lübeck sagt: „Wir gehen den Beschuldigungen nach.“ Die Ermittlungen seien ergebnisoffen. Das gelte sowohl für den Fall aus dem Lauenburgischen, den der Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann (CDU) kraft seines Amtes als stellvertretender Landrat zur Anzeige gebracht hat, sowie in Ahrensburg. Dort hat ein Witwer Strafanzeige gestellt.
Und das soll laut der Anzeige in Ahrensburg vor etwa zwei Monaten geschehen sein: Eine 74-jährige aus Ahrensburg soll gestorben sein, weil der Disponent die ihm am Telefon geschilderte Situation falsch eingeschätzt haben soll. So habe der Mitarbeiter der Notrufzentrale zum Ehemann der Patientin gesagt, es sei nicht notwendig einen Rettungswagen zu schicken. Die Frau solle stattdessen am nächsten Tag zum Hausarzt gehen. In der Nacht, so ist die Aussage des Mannes, sei die Ahrensburgerin gestorben.
Im Kreis Herzogtum Lauenburg soll der Rettungswagen vor einigen Wochen viel zu spät bei einer Patienten angekommen sein. Sie hatte einen Herzinfarkt. Steffen Karsten, Sprecher der Kreisverwaltung in Ratzeburg: „Die Hilfsfrist wurde um etwa das Vierfache überschritten. Der Rettungswagen kam dann aus dem Kreis Stormarn, obwohl die Frau im östlichen Teil unseres Kreises lebt. Das ist für uns nicht nachvollziehbar.“ Der Frau gehe es mittlerweile wieder besser. Die Hilfsfrist liegt in Schleswig-Holstein bei zwölf Minuten und soll jedem Patienten garantieren, dass er innerhalb dieser Frist vom Rettungsdienst und, wenn notwendig, von einem Notarzt versorgt wird.
Oberstaatsanwalt Günter Möller: „Dass wir derzeit in zwei Fällen gegen die Regionalleitstelle Süd ermitteln, ist Zufall.“ Normalerweise gebe es keine besorgniserregende Häufung von Strafanzeigen. So schätzt auch Anja Kühl, Fachbereichsleiterin für Ordnung beim Kreis Stormarn und zuständig für die Rettungsleitstelle, die Situation ein. „Es gibt im Rettungsdienst immer wieder solche Fälle. Wir warten die Ermittlungen nun erst mal ab.“
Ein Verfahren wurde im März eingestellt
Im vergangenen Jahr hat es laut Kühl bereits eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung in Kombination mit fahrlässiger Körperverletzung gegeben. Das Verfahren sei im März eingestellt worden. Für die aktuellen Ermittlungen habe die Rettungsleitstelle die Bänder mit Aufzeichnungen der Gespräche sowie die Einsatzprotokolle an die Staatsanwaltschaft herausgegeben. Sollte sich ein Verdacht erhärten, so bekämen die betroffenen Disponenten vom Kreis Stormarn einen Rechtsanwalt gestellt.
Die Strafanzeigen sind nicht der erste Ärger für die Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe, die alle 112-Notrufe aus den Kreisen Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein entgegennimmt. Zuletzt gab es im Herbst unter anderem Kritik, weil Anrufer, die die 112 wählten, in einer Warteschleife landeten (wir berichteten). Als „großen Mist“ bezeichnete das der Stormarner Feuerwehr-Chef Gerd Riemann. Zudem wurde den Disponenten mangelnde Ortskenntnisse vorgeworfen, die Leitstelle sei unterbesetzt.
Vor zwei Jahren hatte die Integrierte Regionalleitstelle Süd, wie die Kooperation der Leitstelle der drei Kreise offiziell heißt, ihre Arbeit aufgenommen. Ihr Gebiet, das von Geesthacht an der Elbe bis zur Ostseeinsel Fehmarn reicht, wuchs damit auf 3421 Quadratkilometer an. 625.000 Menschen leben dort. Im Sommer sind es sogar deutlich mehr: Aufgrund der Urlauber kommen Schätzungen zufolge dann rund eine Million Menschen dazu. Im Jahr müssen etwa 120.000 Einsätze geleitet werden – Tendenz steigend. So ist laut Frank Wojciechowski, Leiter der Leitstelle, 2014 die Zahl der Einsätze um13 Prozent gestiegen.
Auf den Anstieg hat der Kreis bereits reagiert. Haben im Februar 2013 noch 24 Sachbearbeiter in der Leitstelle gearbeitet, sollen es im Sommer 31 Mitarbeiter sein. Zudem soll nun die Leitstelle erweitert werden. Zu den Räumen im zweiten Obergeschoss des Hauses B der Kreisverwaltung sollen weitere im dritten Obergeschoss hinzukommen. Darüber hinaus beraten Landrat Klaus Plöger und seine Amtskollegen aus Ostholstein und dem Kreis Herzogtum Lauenburg über einen Neubau der Leitstelle, da die Erweiterung im Kreishaus laut Plöger nur eine Interimslösung sein kann.