Bad Oldesloe. Minister Robert Habeck informiert in Bad Oldesloe über die Planung für die neue Ostküstenleitung. Sie führt auch durch Stormarn.

Nun ist die Katze aus dem Sack: „Die Leitung wird entlang der alten 220 KV-Leitung verlaufen“, sagte Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) bei einer Informationsveranstaltung über die geplante 380 Kilovolt starke Ostküstenleitung. Rund 200 Besucher waren in die Festhalle nach Bad Oldesloe gekommen, um den aktuellen Planungsstand zum ersten Abschnitt der Ostküstenleitung zu erfahren.

Vorausgegangen war der sogenannten Ergebniskonferenz ein Dialogverfahren. Seit November konnten sich die Bürger in die Planungen einbringen, indem sie Fragen stellten, Bedenken und Befürchtungen äußerten und Einwendungen machten. Bei neun Veranstaltung an Orten entlang der verschiedenen Korridorvarianten hatten Bürger die Möglichkeit, mit Vertretern des Kieler Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume sowie des Netzbetreibers Tennet, der für den Ausbau der Leitungen zuständig ist, ins Gespräch zu kommen.

Travenbrücks Bürgermeister berichet aus seinem Ort

Auch in Travenbrück hatte es Anfang des Jahres einen solchen Bürgerdialog gegeben. Peter Lengfeld, der Bürgermeister des Ortes, berichtete auf der Ergebniskonferenz in der Kreisstadt darüber: „Unsere Veranstaltung war sehr gut besucht. Es herrschte eine kultivierte Diskussion, die man nur hervorheben kann“, so der Bürgermeister, der zugleich auch Amtsvorsteher des Amtes Bad Oldesloe Land ist. Die Veranstaltung habe ihren Zweck im Großen und Ganzen erfüllt: zu informieren, zu beraten und Antworten auf die Fragen der Bürger zu geben.

Dann erzählte Lengfeld von einem Teilnehmer der Diskussionsveranstaltung, dessen Einwand er offenbar für fragwürdig hält: „Es gab einen Anlieger, der hat sich gemeldet und gesagt, ,ich wohne direkt an der Autobahn. Und ich möchte gern, dass in zehn bis 15 Jahren nur noch Elektroautos fahren. Aber die Stromleitung – bitte nicht bei mir’.“ Das hielt Peter Lengfeld offenbar für unangemessen, sagte, mancher sollte hinterfragen, ob eine solche Einstellung richtig sei. Robert Habeck hingegen äußerte in Teilen Verständnis für eine solche Haltung. Natürlich gebe es Menschen – das könne bei so einem unangenehmen Projekt auch gar nicht anders sein – die sagten: „Ich will das einfach nicht.“ Das sei auch in Ordnung so. „Aber die Gesellschaft an sich kann das nicht sagen: Denn keinen Atomstrom wollen, den Klimawandel ernst nehmen und auch keine Kohlekraftwerke wollen, aber trotzdem ein Handy haben und jeden Tag an der Steckdose aufladen – das wird irgendwann schwierig mit der Argumentation.“ Am Ende müsse die Entscheidung für einen Weg fallen.

Ein wichtiger Punkt bei den Einwendungen sei die Frage nach der Notwendigkeit von Bündelung gewesen, sagte Habeck. Das gesetzlich festgeschriebene Bündelungsgebot besagt, dass neue Vorhaben möglichst in Gebieten mit bereits bestehenden Infrastrukturen gebaut werden sollen. Dadurch sollen noch unbebaute Flächen geschont werden. „Im Prinzip ist es richtig, Räume freizuhalten von solch harten Eingriffen“, sagte Habeck. Wenn das Land nur noch aus Autobahnen, Strommasten, Windkraftanlagen oder Gewerbegebieten bestehe, hätte das Ministerium vieles falsch gemacht. Es sei jedoch auch möglich, vom Bündelungsgebot abzuweichen. „Nur begründet eben“, so Habeck.

Bürger fühlen sich umzingelt von Windrädern

„Ich denke, hier wird ein bisschen viel gebündelt“, sagte Besucherin Evelyn Böttger am Rande der Veranstaltung. Sie lebt in Rehhorst, einem Ort an der geplanten Trasse. „Mich ärgert, dass unsere Dorfstruktur so auseinanderbricht. Wir haben schon die Windräder mitten durch die Gemeinde durch, sind umzingelt von Windrädern. Und jetzt soll hier auch noch eine neue Stromleitung-Leitung verlaufen.“ Tatsächlich könnten die Orte Pöhls und Willendorf, die beide zur Gemeinde Rehhorst gehören, besonders betroffen sein. Nach Angaben des Netzbetreibers Tennet wird jetzt, im Prozess der Feinplanung, geprüft, ob die 380 KV-Leitung durch den Windpark verlaufen kann oder nahe an einer der beiden Ortschaften vorbeiführen muss.

Schleswig-Holstein unterziehe sich derzeit einem extremen Wandel, betonte Minister Habeck. „Der Flächenverbrauch bei uns liegt momentan bei dreieinhalb Hektar pro Tag.“ Dies habe zu tun mit dem Korridor der Beltquerung, dem Weiterbau der Autobahn 20 und dem Ausbau der A 7. „Das ist die Fläche, die raus geht aus der landwirtschaftlichen Nutzung oder der Natur. Und es ist zu viel.“ Trotzdem plane die Politik munter weiter wie bisher. Das sei bedrückend, so der Minister.

Der erste Abschnitt des Dialogverfahrens ist nun beendet und in einem Ergebnisbericht festgehalten. Darin sind laut Energiewendeminister Habeck alle Fragen, Anregungen und Einwände der Bürger, die innerhalb des Dialogverfahrens auftauchten, aufgelistet und beantwortet. Der Ergebnisbericht ist online unter folgendem Link zu finden: www.schleswig-holstein.de/Energie/DE/Beteiligung/Dialogverfahren/01_Ostkuestenleitung/05_Dokumentation/001_Konsultationsbericht/Konsultationsbericht_node.html