Neue Serie zum Flächennutzungsplan: Das Büro WRS aus Hamburg sucht zukunftsfähige Strategien. Das alte Regelwerk ist von 1974.
Ahrensburg Die Zukunft von Ahrensburg wird in der Hamburger Neustadt entworfen, im Büro von WRS Architekten & Stadtplaner nahe dem Großneumarkt. Dezenter Hinweis darauf ist ein großformatiger, mehrfarbiger Plan der Schlossstadt, der hinter Sebastian Stegemanns Arbeitsplatz an die Wand gepinnt worden ist. Die Darstellung im Maßstab 1:10.000 ist der Stand der Dinge, nämlich der Vorentwurf für den neuen Ahrensburger Flächennutzungsplan, der beschreiben soll, wie die Stadt im Jahr 2025 aussehen könnte.
Am Mittwoch wird über den Vorentwurf ebenso wie über die aktuelle Planung des Landschaftsplans, der vom Büro für Landschaftsplanung EGL aus Hamburg-Altona vorbereitet wird, im Bau- und Planungsausschuss abgestimmt. Es geht um einen weiteren wichtigen Schritt hin zu einem verbindlichen Plan, nämlich um die frühzeitige Beteiligung von Bürgern und verschiedensten Interessengruppen inklusive öffentlicher Veranstaltungen und Auslegung der Pläne. Oberstes Gebot bei der Entwicklung eines neuen Flächennutzungsplans ist, dass er von möglichst vielen Bürgern akzeptiert wird. Deshalb wird die sogenannte „frühzeitige Beteiligung“ in den verschiedenen Planungsphasen immer wieder neu öffentlich vorgestellt und diskutiert.
Zur ersten Präsentation kamen keine 20 Zuschauer
Die erste Präsentation im Jahr 2011 war in dieser Hinsicht eine kleine Enttäuschung, aber im Grunde business as usual. „Wir wollten damals das Projekt vorstellen und über erste Ergebnisse informieren“, sagt Stegemann. „Die Veranstaltung in der Turnhalle Waldstraße war auf 100 Besucher ausgelegt, es kamen weniger als 20.“ Ein Flächennutzungsplan wird offenbar als zu wenig spektakuläres Projekt wahrgenommen, obwohl sich an ihm die Zukunft einer Stadt, die Entwicklung von Wohnen, Gewerbe, Verkehr und Innenstadt ablesen lässt.
Sebastian Stegemann, 30, beschäftigt sich verantwortlich seit fast vier Jahren „neben anderen Projekten“ mit dem Plan für Ahrensburg, an dem auch vier seiner Kollegen beteiligt sind. Flächennutzungspläne sind eine Spezialität von WRS. Deshalb ist das Büro sehr gefragt, insbesondere im Hamburger Umland. Zurzeit entwickelt WRS in Stormarn auch den neuen Plan für Barsbüttel.
„Seit 1960 ist der Flächennutzungsplan laut Baugesetzbuch die Grundlage für stadtplanerisches Handeln. Die strategischen Ziele einer Stadt können damit aus jeder Perspektive beleuchtet werden. Der Planungshorizont beträgt etwa 15 Jahre. Aussagen darüber hinaus sind seriös nicht möglich, und der Plan stimmt irgendwann nicht mehr mit den sich wandelnden Zielen einer Kommune überein“, sagt Stegemann. Höchste Zeit also für Ahrensburg. Die verbindliche stadtplanerische Grundlage ist der Flächennutzungsplan von 1974. Dessen Darstellung gleicht einem historischen Dokument, das sichtbar oft nachgebessert wurde. Stegemann: „Wenn immer wieder geändert wird, ohne ein aktuelles Gesamtkonzept zu haben, lähmt das die städtische Entwicklung. Es wird nicht mit guten Planungsprognosen gearbeitet, sondern mit einem Flickenteppich aus nicht strategisch getroffenen Entscheidungen.“
Prognose der Planer für die kommen zehn Jahre: 2500 Neubürger
Der Stadtplaner sieht in Ahrensburg zwei Hauptprobleme: Wohnraumversorgung und Gewerbeflächen. „1974 hatte die Stadt 25.000 Einwohner, heute 32.000. Die Planungsziele sind längst überholt.“ Bis zum Jahr 2025 rechnet Stegemann entsprechend den Prognosen des Statistikamtes Nord mit 2500 weiteren Bürgern.
Grundlage für die Stadtplaner von WRS war das Integrierte Stadtentwicklungskonzept, das im dreijährigen Prozess einer Zukunftswerkstatt mit Bürgern entstanden war. Damit waren Ziele und Wünsche formuliert, zum Beispiel die kompakte Stadt der kurzen Wege. Stegemann und Kollegen arbeiteten zunächst zweigleisig: Sie fuhren alle „planungsrelevanten Bereiche“ ab. Und parallel dazu werteten sie Daten vom Statistikamt Nord aus wie zum Beispiel den Zensus von 2011 oder Bevölkerungsprognosen für Stormarn. Weitere wichtige Schritte für den Vorentwurf waren die interne Beteiligung im Rathaus, die Abstimmung mit den Verwaltungsexperten und schließlich die Diskussion in den Fraktionen der Ahrensburger Stadtverordnetenversammlung.
Stegemann listet einige wesentliche Ziele und Erkenntnisse auf, die den Vorentwurf prägten: „Als Stadt im Hamburger Speckgürtel hat Ahrensburg insbesondere durch seine Gewerbegebiete großen Zulauf und einen deutlichen Überhang an sogenannten Einpendlern. Die überregionale Bedeutung Ahrensburgs stellt die Aufgabe, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, insbesondere auf der Etage.“ Für den Stadtplaner eine der großen Herausforderungen der Zukunft: „Etwa 75 Prozent der Wohnhäuser in Ahrensburg sind Ein- oder Zweifamilienhäuser. Einfamilienhausgebiete sind aus stadtplanerischer Sicht nicht Ressourcen schonend. Erschwerend hinzu kommt, dass 350 der heute 500 öffentlich geförderten Wohnungen der Stadt in den nächsten 15 Jahren ihre Bindung verlieren und keine Neuzugänge in ähnlicher Größenordnung in Sicht sind.“
Unumgänglich ist für Stegemann, dass die Stadt wieder handlungsfähiger wird: „In den letzten Jahren konnte die Stadt bei Nachfragen von Unternehmen nicht immer die passenden Gewerbefläche anbieten. Ahrensburg muss strategische Flächenentwicklung betreiben, damit die Stadt die Entwicklung beeinflussen kann. Es geht darum, wieder die Planungshoheit zu gewinnen. Mit einem 40 Jahre alten Planungsinstrument geht das nicht.“