Oststeinbeker Arbeiterwohlfahrt und Sozialverband lehnen Miete für in der Sozialstation beheimatete Begegnungsstätte ab und kritisieren DRK-Kreisverband, dem die Immobilie gehört. Auch der Ortsverein ist empört.
Oststeinbek. Der erste Grundsatz lautet Menschlichkeit. So steht es auf einem eingerahmten Blatt Papier, das gut sichtbar an einer Wand der DRK-Sozialstation in Oststeinbek hängt. Deren Eigentümer, der Kreisverband Stormarn des Deutschen Roten Kreuzes, handelt jedoch nicht mehr in diesem Sinne – zumindest was den Umgang mit den bisherigen Nutzern der im Gebäude ansässigen Begegnungsstätte betrifft. Dieser Meinung sind Vereins- und Verbandsvertreter im Ort. Sie fühlen sich schikaniert. „Der Kreisverband ist herzlos“, sagt Marika Sachse, Vorsitzende der Oststeinbeker Arbeiterwohlfahrt (Awo).
Stein des Anstoßes ist ein Schreiben des DRK-Kreisverbandes vom 29. Dezember vergangenen Jahres, adressiert an die Nutzer der Begegnungsstätte: Awo, Sozialverband, Seniorenbeirat und Volkshochschule. Darin werden sie aufgefordert, ab dem 1. Januar eine Miete zu zahlen – 41,22 Euro pro Stunde. Mit der Bitte um eine Entscheidung bis 9. Januar. Für die Arbeiterwohlfahrt ist das nicht zu schultern. Sie hätte in diesem Jahr 18.300 Euro entrichten müssen. Sachse: „Von der Gemeinde erhalten wir 2000 Euro Zuschuss in 2015, 300 Euro pro Monat bleiben von den Mitgliedsbeiträgen. Als ich mich beim Kreisverband beschwert habe, wurde mir gesagt, das sei mein Problem.“
Marika Sachse hätte sich gewünscht, drei Monate im Voraus über das Vorhaben informiert zu werden, um sich nach Alternativen umschauen können. „Unsere Mitglieder sind empört.“ Der Zahlungsaufforderung ist Sachse genauso wie die anderen Nutzer nicht nachgekommen. Inzwischen haben sie keinen Zutritt mehr zu den Räumlichkeiten. Die Gemeinde hat einen Notfallplan aufgestellt und vorübergehend den Bürgersaal zur Verfügung gestellt. „Eine Mietforderung des Kreisverbandes hatte ich befürchtet, aber nicht in diesem Maße. Somit hat man uns von heute auf morgen auf die Straße gesetzt“, sagt Sachse. Jürgen Verwiebe, Vorsitzender des Sozialverbandes in Oststeinbek, spricht von einem „Vertrauensbruch“. Noch haben die früheren Nutzer in der Küche der Begegnungsstätte Geschirr. Sie müssen jetzt einen Termin vereinbaren, um es abzuholen.
Der DRK-Kreisverband sieht sich gezwungen, die Vereine und Verbände an den Betriebskosten zu beteiligen, weil die Gemeinde ihm seit 2014 keine Zuschüsse mehr zahlt. 2013 waren es 64.000 Euro, in den Jahren davor noch mehr. Grund der Streichung sind Unstimmigkeiten darüber, wie die Sozialstation betrieben wird. Die Gemeinde ist darüber verärgert, dass die Einrichtung nur unregelmäßig besetzt ist.
Gemeinde verhandelt mit Kreisverband über Kauf der Sozialstation
„Wir hatten gehofft, in diesem Jahr wieder Zuschüsse zu erhalten und erst deshalb so spät eine Beteiligung an den Betriebskosten gefordert“, rechtfertigt sich Olaf Berndsen, Bereichtsleiter Pflege und betreutes Wohnen beim DRK-Stormarn. Davon ist laut Rudi Hametner, Fraktionsvorsitzender der Oststeinbeker Wählergemeinschaft (OWG), nie die Rede gewesen. Er sagt: „Ich weiß nicht, wovon Herr Berndsen nachts träumt. Aber wir stehen mit dem DRK-Stormarn seit Monaten in Kaufverhandlungen über das Gebäude. Da macht es keinen Sinn, über Zuschüsse nachzudenken.“
Der 350 Mitglieder starke DRK-Ortsverein hatte sich bis zuletzt neutral verhalten – gegen die Mietforderung, die ihn als einzigen Nutzer nicht betrifft, aber protestiert. Seit vergangener Woche ist der Ortsvorsitzende Harald Evensen komplett bedient. Grund ist die Installation eines neues Schlosses in der Sozialstation, ohne dass der Ortsverein informiert wurde (wir berichteten). Als Mitglieder am Dienstagabend den Neujahrsempfang vorbeireiten wollten, waren sie ausgesperrt. Erst am Mittwoch bekamen sie einen Schlüssel. So war zumindest der Empfang am Nachmittag gerettet.
Die Stimmung zwischen Ortsverein und Kreisverband ist auf dem Tiefpunkt. Evensen: „Was sich Bad Oldesloe geleistet hat, ist stillos und unsozial. Das habe ich den Herren so auch in einem Brief geschrieben.“ Er fühle sich vor den Karren gespannt, um die Kaufverhandlungen mit der Gemeinde zu forcieren. In den vergangenen Tagen hätten ihn ein halbes Dutzend Mitglieder angerufen und mit Austritt gedroht. Der Imageschaden sei groß.
Berndsen sagt, er habe von dem Neujahrsempfang nichts gewusst. Den Schlosswechsel rechtfertigt er so: „In der Vergangenheit sind sehr viele Schlüssel abhanden gekommen. Und da wir verkaufen wollen, soll der neue Eigentürmer einen kompletten Satz erhalten.“ Außerdem sei der Handwerker gerade in der Nähe gewesen. Über den Bereichsleiter des DRK-Stormarn sagt Evensen: „Dem glaube ich nichts mehr.“
Erschüttert über die Vorgehensweise des DRK-Kreisverbandes ist auch Hans-Joachim Vorbeck, CDU-Fraktionsvorsitzender und erster stellvertretender Bürgermeister: „Es ist traurig, dass der Name des Deutschen Roten Kreuzes durch solche Handlungen in den Schmutz gezogen wird. Das ist bitter für die Ehrenamtlichen.“ Auf die Frage, wie das schlechte Verhältnis mit den Oststeinbeker Mitgliedern zu kitten ist, sagt Berndsen: „Das kann ich nicht beantworten, müsste zu lange überlegen.“
Bürgermeister Hettwer: Neues Angebot für beide Seiten gesichtswahrend
Dass Oststeinbek die 1988 erbaute Immobilie mit 400 Quadratmeter Nutzfläche und einem 1300 Quadratmeter großen Grundstück erwirbt, wird immer wahrscheinlicher. Am vergangenen Donnerstag hat Bürgermeister Jürgen Hettwer ein verbessertes Angebot beim DRK-Präsidium abgegeben. Nach Informationen dieser Zeitung handelt es sich sich dabei um einen sechsstelligen Betrag mit einer Vier am Anfang. Ursprünglich hatte das Deutsche Rote Kreuz rund eine Million Euro gefordert. Inzwischen liegen die Vorstellungen laut Berndsen nicht weiter als 50.000 Euro auseinander.
Hettwer bezeichnet das neue Angebot als „für beide Seiten gesichtswahrend“. Größeren Spielraum sehe er nicht, schließlich habe „das DRK bereits das Grundstück von uns bekommen“. Für den Fall, dass alle Stricke reißen, hat der Verwaltungschef einen Alternativplan, um den ehemaligen Nutzern der Begegnungsstätte einen neuen Treffpunkt zur Verfügung zu stellen: die Scheune auf dem benachbarten Grundstück. Hettwer: „Die Statik dort ist in Ordnung. Allerdings würde die Herrichtung ein halbes Jahr dauern.“