Ahrensburg. Technisch hat sich die E-Ladesäule mit kombinierter PV-Anlage bewährt. Warum es aus wirtschaftlicher Sicht anders aussieht.

Das Interesse war riesig an der innovativsten Stromtankstelle Norddeutschlands. Vertreter der Metropolregion Hamburg, der Hamburger Projektleitstelle für Elektromobilität und des Betreibers HanseWerk AG (eine E.on-Tochter) fanden den Weg ins schmucklose Ahrensburger Gewerbegebiet. Am Kornkamp eröffneten sie zwei Elektroladesäulen mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. „Neue Technologien passen gut zu Stormarn“, stellte Landrat Henning Görtz fest. Und der damalige Ahrensburger Bürgermeister Michael Sarach ergänzte: „Es ist wichtig, diese Zukunftsthemen nicht nur zu diskutieren, sondern sie dann auch in die Praxis zu bringen.“ Gut fünf Jahre ist das nun her. Doch wie hat sich die rund 300.000 Euro teure Station entwickelt?

„Die Nutzungszahlen sind seit dem Start kontinuierlich gestiegen“, sagt HanseWerk-Pressesprecherin Christine Hansen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres gab es bereits 645 Ladevorgänge, bei denen insgesamt rund 12.500 Kilowattstunden (kWh) geladen wurden. Jeden Tag kommen mehrere Besitzer von E-Autos vorbei. „Wir schließen daraus, dass sich der Standort bewährt hat“, sagt Hansen. Das gelte sowohl für die Schnellladesäule mit 50 Kilowatt (kW) als auch für die gewöhnliche Ladesäule mit 22 kW.

Solartankstelle Ahrensburg ist vergleichsweise gut ausgelastet

Mit etwa 25.000 geladenen Kilowattstunden jährlich ist die E-Ladesäule im Gewerbegebiet auch im Vergleich mit anderen Standorten gut ausgelastet. Im eher ländlichen Raum kommen laut HanseWerk häufig nur rund 10.000 bis 15.000 Kilowattstunden pro Jahr zusammen.

Mai 2018: Auch Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach (l.) und Stormarns Landrat Henning Görtz kommen zur Eröffnung der ersten Solartankstelle.
Mai 2018: Auch Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach (l.) und Stormarns Landrat Henning Görtz kommen zur Eröffnung der ersten Solartankstelle. © Harald Klix

Das Besondere an der Station, die direkt neben der Firma EAE liegt, ist die PV-Anlage auf dem Dach. Diese produziert bei Sonnenschein Strom, der direkt in einem 36-Kilowatt-Batteriespeicher gesammelt wird. Das reicht für rund vier Fahrzeugladungen täglich. Sollte der Speicher leer sein, wird automatisch Ökostrom aus dem Netz dazugeschaltet. In der Anfangsphase war der Strom sogar kostenlos.

Die rund um die Uhr geöffnete Solartankstelle war Teil des Bundesmodellprojekts HansE in der Metropolregion Hamburg. In dem Programm förderte das Bundesverkehrsministerium den Aufbau von 50 gut erreichbaren Ladepunkten an 25 Standorten. Für die Ahrensburger Zapfsäulen gab es einen 50-prozentigen Zuschuss. Insgesamt zahlte der Bund 1,8 Millionen Euro zu dem 3,4-Millionen-Projekt dazu.

PV-Dach und Batteriespeicher lohnen sich für eine einzige Ladesäule nicht

Allein aus wirtschaftlicher Sicht hat sich die Ahrensburger Kombination mit PV-Dach und Batteriespeicher für HanseWerk nicht bewährt. „Das liegt unter anderem daran, dass es sich um eine einzelne Ladesäule handelt, für die die Dachfläche für die Solarpanels extra errichtet werden musste“, sagt Hansen. Gepaart mit den laufenden Kosten für Wartung und Instandhaltung lohne sich der Aufwand finanziell gesehen nicht.

Diese Einschätzung bekräftigt auch der Schlussbericht zum Projekt. So habe sich bereits die Suche nach dem Standort komplizierter als erwartet gestaltet. In den Gesprächen mit diversen Interessenten war unter anderem der Platzbedarf ein Hindernis. Denn allein für den Aufbau der Solartankstelle ist eine Fläche von circa zehn bis zwölf Parkplätzen nötig. Am Ende bleiben aber nur zwei Parkplätze für die Ladung von E-Fahrzeugen.

Für Unternehmen mit großen Dachflächen ist das Modell sinnvoll

Technisch betrachtet hält das Unternehmen dagegen an der Ladesäule, die 2018 ein Vorreiter war, fest. So seien beispielsweise auch schon einzelne Module erneuert worden. Und gerade im privaten Bereich habe sich die Kombination aus PV-Anlage auf dem Dach mit Speicher und Wallbox in den vergangenen Jahren stark durchgesetzt.

„Auch bei Unternehmen mit entsprechend großen, bereits vorhandenen Dachflächen, in denen beispielsweise die Firmen-Elektrofahrzeuge geladen werden sollen, kann sich die Kombination von Ladesäulen plus PV-Anlage plus Speicher durchaus wirtschaftlich bewähren“, sagt die HanseWerk-Sprecherin. Gleiches gelte für große Ladeparks, aber eben nicht für eine einzelne Ladesäule.

Im Kreis Stormarn sind erst rund 3000 reine E-Autos zugelassen

Etwas zu optimistisch waren die Experten auch bei ihrer Zukunftsprognose. So erwartete der Geschäftsführer der Hamburger Projektleitstelle für Elektromobilität mit dem Ausbau der Ladestruktur, dass „der Knoten zwischen 2020 und 2022 platzt“. Dann seien 30 Prozent Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen möglich. Tatsächlich sind es etwas mehr als zwei Prozent.

Bei der Eröffnung der Solartankstelle 2018 waren gerade einmal 335 reine E-Autos im Kreis Stormarn angemeldet. Laut der Landeskoordinierungsstelle Elektromobilität Schleswig-Holstein sind die Zulassungszahlen seit Sommer 2020 stark gestiegen. Im Juli dieses Jahres lag das Land mit einem 24,6-Prozent-Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen bundesweit vorn vor Berlin (23,2 %) und Baden-Württemberg (22,6). Hamburg (14,5) rangierte ganz am Ende.

Anfang des Jahres waren im Kreis Stormarn rund 3000 E-Autos angemeldet – bei insgesamt weit mehr als 200.000 Fahrzeugen.