Lütjensee. Sommerwetter sorgt am Großensee für großen Andrang. Anwohner klagen über zugeparkte Straßen. Warum Behörden machtlos sind.
Das Parkplatz-Chaos am Nordstrand des Großensees treibt immer absurdere Blüten: Am vergangenen Wochenende musste das Ordnungsamt im Umfeld der beliebten Badestelle ganze 74 Strafzettel ausstellen. Diese Zahl bestätigt Bodo Lork, Leiter der Behörde beim Amt Trittau, unserer Redaktion. „In allen Fällen ging es um regelwidrig abgestellte Fahrzeuge“, so Lork.
Besonders betroffen ist der Strandweg. Die Wohnstraße in der Gemeinde Lütjensee dient als Zuwegung zum Strand. Doch für den immensen Besucherandrang, wie er angesichts der aktuellen Hitzeperiode herrscht, ist sie nicht ausgelegt. Parken Autos am Rand der schmalen Straße, ist ein Durchkommen nicht nur für die Anwohner, sondern auch für Rettungsfahrzeuge kaum noch möglich.
Parkplatz-Chaos am Großensee: 74 Strafzettel an einem Wochenende
An Sommerwochenenden spielen sich in dem Wohnviertel bisweilen chaotische Szenen ab. Autofahrer rangieren auf der Suche nach einem Parkplatz in der Sackgasse, Fußgänger und Radfahrer bahnen sich einen Weg zwischen den Fahrzeugen hindurch. Die Problematik ist Behörden und Politik seit Jahren bekannt. Doch beide scheinen weitgehend machtlos.
„Leider haben wir aktuell keine Lösung für das Parkplatz-Problem parat“, gesteht der frisch ins Amt gewählte Lütjenseer Bürgermeister Heiko Röttinger (CDU). Die Zahl der am Nordstrand verteilten Knöllchen überrascht ihn nicht. „Ich wohne selbst in der Nähe und bekomme die Situation regelmäßig mit“, sagt Röttinger.
Der Nordstrand ist Teil eines Flora-Fauna-Habitat-Gebiets
Schon die Vorgängerin des 58-Jährigen, Ulrike Stentzler (CDU), hatte es in elf Jahren als Bürgermeisterin nicht geschafft, eine Lösung zu finden. Das Problem sind gegensätzliche Interessenlagen am Nordstrand. Denn das Ufer und die angrenzenden Waldgebiete sind Teil eines streng geschützten Flora-Fauna-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet).
Das Baden ist hier zwar erlaubt, doch der große Besucherandrang ist zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt nicht erwünscht. Andererseits ist der Nordstrand bei Badegästen aus der Region und sogar aus Hamburg beliebt. Zwar gibt es am Südstrand des Großensees in der gleichnamigen Lütjenseer Nachbargemeinde eine offizielle Badestelle, doch die kostet Eintritt. Gerade bei Jugendlichen ist der Nordstrand deshalb populär, auch als Location für feucht-fröhliche Partys.
Bezirksförsterei sperrte 2015 viel genutzten Parkplatz
Der Müll, den die Feiernden im Schutzgebiet regelmäßig hinterlassen, ist ein weiteres Ärgernis, das in der Nachbarschaft und beim Eigentümer der Fläche, der Revierförsterei Bergedorf, für Unmut sorgt. Letztere hat 2015 den zuvor von vielen Gästen genutzten Parkplatz an der Großenseer Straße deshalb gesperrt, um Besucher abzuschrecken.
Doch die hielt das nicht davon ab, an den Nordstrand zu kommen. Das Parkaufkommen verlagerte sich stattdessen in die Wohnstraßen – zum Unmut der Anwohner. Diese erwirkten schließlich 2020 die Einrichtung eines absoluten Halteverbots entlang weiter Teile des Strandwegs.
Kontrolleur soll Einhaltung des absoluten Halteverbotes überprüfen
Doch das wird von den Autofahrern ignoriert – obwohl Falschparken nach einer Anpassung des Bußgeldkatalogs im November 2021 teuer werden kann. 55 Euro werden fällig, wenn Rettungsfahrzeuge behindert werden sogar 100 Euro.
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Seit Juni 2021 hat die Gemeinde Lütjensee gemeinsam mit den Nachbarkommunen Großensee und Grönwohld eigens einen Kontrolleur eingestellt, um die Einhaltung des Halteverbots zu überwachen. „Die Maßnahme hatte bislang nicht die erhoffte Wirkung“, gesteht auch Bürgermeister Röttinger. Für einen Tag am kühlen Nass nähmen die Badegäste ein Knöllchen offenbar in Kauf.
An der Großenseer Straße verhindern 170 Pfosten das Parken
Das Problem hat sich noch verschärft, seitdem eine andere, ebenfalls nicht erlaubte Parkmöglichkeit nicht mehr zur Verfügung steht: An der Großenseer Straße haben die Gemeinden Lütjensee und Großensee im Juli 2022 ein dichtes Spalier aus 170 schwarz-weißen Verkehrsleitpfosten aufstellen lassen. Zuvor hatten Badegäste dort immer wieder ihre Autos abgestellt.
Dadurch kam es immer wieder zu gefährlichen Situationen: Weil die Fahrzeuge zumeist den Radweg blockierten, mussten Radfahrer auf die Landesstraße 92 ausweichen, auf der das zulässige Tempo 100 gern ausgereizt wird. Behindert wurde zudem der Busverkehr, wie die Verkehrsbetriebe immer wieder monierten.
Eine Anwohnerinitiative hat inzwischen aufgegeben
Eine Anwohnerinitiative machte sich schließlich für eine Wiedereröffnung des Parkplatzes an der Großenseer Straße stark, blitzte damit aber bei der Bezirksförsterei ab. Auch zahlreiche Gespräche der damaligen Bürgermeisterin Stentzler mit der Flächeneigentümerin blieben ergebnislos.
Die Initiative hat inzwischen aufgegeben. „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen“, sagt Sprecherin Annegret Jaath. Politik und Behörden nähmen die Forderungen der Anwohner nicht ernst. Insbesondere die Erreichbarkeit durch Rettungsfahrzeuge müsse sichergestellt werden. „Wir haben so viele Gespräche geführt, aber geändert hat sich nichts“, beklagt Jaath. „Es muss erst etwas Schlimmes geschehen.“
Neuer Bürgermeister möchte Problem zeitnah angehen
Dass Handlungsbedarf besteht, ist für den neuen Bürgermeister Röttinger klar. „So ist das für alle Beteiligten kein haltbarer Zustand“, sagt er und verspricht, schon in naher Zukunft einen neuen Anlauf zur Lösung des Problems zu unternehmen.
„Wenn die neuen Ausschüsse ihre Arbeit aufgenommen haben, werden wir uns unmittelbar dem Thema widmen“, kündigt Röttinger an. Wie eine Lösung aussehen kann, ist vollkommen unklar. Und einige heiße Wochenenden mit entsprechendem Andrang an Badegästen dürften den Anwohnern am Nordstrand in diesem Sommer noch bevorstehen.