Bargteheide. Warum CDU, FDP und WfB den Erwerb kleiner PV-Anlagen nicht mit Zuschüssen der Stadt unterstützen wollen.

Als das Bürgerbegehren „Bargteheide wird bis 2035 klimaneutral“ der Initiative Bargteheide Zero im April dieses Jahres in der Stadtvertretung ohne Gegenstimme blieb, schien Konsens über Fraktionsgrenzen hinaus zu sein, dass sich die Stadt mit konkreten Maßnahmen zeitnah auf den Weg macht, um das ehrgeizige Ziel auch erreichen zu können. Von dieser Einmütigkeit ist nicht viel geblieben. So überraschte die CDU-Fraktion in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses mit dem Antrag, Tagesordnungspunkte wie die Förderung privater Fotovoltaikanlagen, private Baumpflanzungen und Beetpatenschaften gar nicht erst zu beraten, sondern samt und sonders von der Agenda zu nehmen. Noch erstaunlicher war indes, dass sich dafür sogar eine Mehrheit fand.

Aus Sicht der Christdemokraten sei es sinnvoll, die Verwaltung von „nicht unbedingt erforderlichen Anträgen“ freizuhalten. „Wegen der angespannten Personallage im Rathaus sollten dort lieber vordringliche Aufgaben und bereits verabschiedete Beschlüsse abgearbeitet werden“, argumentierte Sven Meding in der Begründung seines Antrags.

PV-Anlagen sollen mit 150.000 Euro gefördert werden

Als Beispiele nannte er etwa die Ausschreibung für die Überarbeitung des Klimaschutzkonzepts durch ein Planungsbüro, die Suche und Einstellung einer Honorarkraft zum Aufbau eines Ausgleichsflächenkatasters, den Bericht zum Baumkataster, die Erstellung eines Konzepts zum Ausbau von E-Ladestationen, Maßnahmenvorschläge und einen Zwischenbericht zur Moorvernässung, sowie die Überarbeitung des Antragsverfahrens zum Klimaschutzfonds.

Montage einer PV-Moduls an einem Balkongitter in Norderstedt.
Montage einer PV-Moduls an einem Balkongitter in Norderstedt. © HA | Andreas Burgmayer

Wie uneins sich die Bargteheider Kommunalpolitiker über den Wert konkreter Klimaschutzmaßnahmen und deren Finanzierung sind, wurde hernach vor allem in der Diskussion über die Förderung privater PV-Anlagen und die finanzielle Ausstattung des Klimaschutzfonds deutlich. Während die Grünen bereits Mitte Mai beantragt hatten, den Erwerb von Mini-PV-Anlagen, auch Balkonkraftwerke genannt, seitens der Stadt mit einem Zuschuss von 100 Euro pro 600-Watt-Modul und 50 Euro pro 300-Watt-Modul zu unterstützen und dafür 150.000 Euro in den Haushalt einzustellen, lehnt das die Wählergemeinschaft WfB ab.

Bund hat deutliche Steuererleichterungen beschlossen

Weil das Bundeskabinett Mitte September bereits erhebliche Steuererleichterungen für die Anschaffung und Installation kleiner PV-Anlagen sowie eine Ertragssteuerbefreiung für Einnahmen aus deren Betrieb beschlossen habe, sei eine zusätzliche Förderung seitens der Kommune unnötig, erklärte der WfB-Vorsitzende Gerhard Artinger.

„Da der Markt ohnehin boomt, würden zusätzliche Zuschüsse durch die Stadt Bargteheide den Preis solcher Anlagen nur verteuern, zumal die Handwerksbetriebe sowieso völlig ausgelastet sind“, so Artinger. Zudem sei der bürokratische Aufwand eine Förderrichtlinie zu erstellen, zu beraten und anzupassen sowie die zahlreichen Details von Förderanträgen für einen Bescheid zu prüfen, zu hoch. Ganz abgesehen davon, würden PV-Anlagen nur rechnerisch CO2 einsparen. Die tatsächliche Einsparung sei wegen des nur verlagerten Zertifikate-Handels hingegen Null. Eine hinlänglich bekannte WfB-Argumentation.

SPD kritisiert destruktive Blockadehaltung

Die erneut nicht unwidersprochen blieb. „Der Einsatz von PV-Anlagen jeglicher Größe ist sinnvoll und hat nachweislich sehr wohl positive Effekte“, konterte Tom Mac Arthur, Sprecher der Initiative Bargteheide Zero. „Wir sind bisher davon ausgegangen, dass diese Anlagen ein guter Einstieg in konkrete Klimaschutzmaßnahmen der Stadt wären“, bekräftigte Grünen-Fraktionschefin Ruth Kastner.

Fassungslos zeigte sich auch ihr SPD-Pendant Mehmet Dalkilinc. „Dass eine Diskussion um eine Förderung von PV-Anlagen im Umweltausschuss abgewürgt wurde, ist ein fatales Signal“, so der Sozialdemokrat. Die Klimaneutralität Bargteheides bis 2035 sei Beschlusslage, doch CDU, FDP und WfB übten sich lieber in einer destruktiven Blockadehaltung. „Jede Maßnahme ist wichtig, auch wenn sie vielleicht nur einen kleinen Effekt erzielt. Doch zehn kleine Maßnahmen wirken letztlich wie eine große“, sagt Dalkilinc.

CDU: Balkonkraftwerke sind nur „Kleinkram“

Das sieht die CDU ganz anders. Balkonkraftwerke seien doch „nur Kleinkram“, um klimaneutral zu werden bedürfe es ganz anderer Maßnahmen, erklärt Norbert Siemer: „Wir müssen da viel größer denken und ganz andere Wege in den Blick nehmen, zum Beispiel das Thema Geothermie.“

Für die Freien Demokraten wäre es hingegen viel wichtiger und zielführender, Kitas und Schulen weiter zu sanieren. „Dadurch können unserer Auffassung nach deutlich höhere und bessere Klimaeffekte erzielt werden, die Energie und damit Emissionen sparen“, sagt Oscar Radunski.

Auch das Vorhaben, private Baumpflanzungen zu fördern, sollte laut CDU mit Blick auf die Haushaltsberatungen zunächst zurückgestellt werden. Hintergrund ist offenbar eine Stellungnahme des Stadtkämmerers Joachim Teschke zu einer erweiterten Förderrichtlinie für den Klimaschutzfonds, den Grüne und SPD gern auf 80.000 Euro verdoppeln würden.

„Im Zuge der Erstellung des Haushalts 2023 mit entsprechender Finanzplanung bis 2026 zeichnet sich unter Einbeziehung der bisherigen Beschlusslagen aus den Fachausschüssen ein strukturelles Defizit in Höhe von derzeit 122 Millionen Euro ab“, teilte Teschke mit. Das lasse „keinerlei Handlungsspielraum“ für jegliche freiwillige Leistungen mehr zu. „Die Kämmerei empfiehlt daher dringend, außerhalb der Haushaltsberatungen keine Beschlüsse zu fassen, die die Bereitstellung von weiteren Haushaltsmitteln zwingend nach sich ziehen“, heißt es in der Vorlage wörtlich.