Ahrensburg. Schlossstadt reagiert mit Skepsis und vorsichtigem Optimismus auf neuartiges Konzept der Bahn. Warum es noch Bedenken gibt.

Das Lärmschutzkonzept der Deutschen Bahn mit neuartigen, transparenten Wänden stößt in der Ahrensburger Politik auf geteilte Meinungen. „Die transparenten Wände sind optisch die beste Lösung, die bislang von der Bahn präsentiert wurde“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Detlef Levenhagen. „Lärm macht erwiesenermaßen krank, insofern müssen wir alles dafür tun, die Belastung auf ein Minimum zu reduzieren“, sagt Levenhagen. Ganz ohne Lärmschutz gehe es deshalb nicht.

Die Deutsche Bahn hat am vergangenen Donnerstag bei einem Infoabend im Schulzentrum Am Heimgarten in Ahrensburg ihre Pläne für einen Schallschutz in der Schlossstadt vorgestellt. Hintergrund sind Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des Ausbaus der Bahnstrecke Hamburg – Lübeck für die S 4 und die Anbindung des Fehmarnbelt-Tunnels. Schätzungen zufolge sollen ab 2030 täglich 88 mehr als 800 Meter lange Güterzüge durch Ahrensburg rollen. Um den gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutz für die Anwohner an der Trasse sicherzustellen, möchte die Bahn Schallschutzwände errichten.

Ahrensburgs Politiker sehen gläserne Lärmschutzwände skeptisch

Bislang waren bis zu sechs Meter hohe, grüne Elemente vorgesehen. In Ahrensburg stößt das aber auf Ablehnung, Politik und Verwaltung kritisieren, dass dadurch das Stadtbild massiv beeinträchtigt werde. „Wir wissen, dass es in Ahrensburg große Bedenken gibt, was den Lärmschutz anbelangt und arbeiten seit geraumer Zeit an einer Lösung“, sagte Amina Karam, Technische Leiterin des Gesamtprojektes S 4 bei der Bahn, bei dem Infoabend.

Laut Karam wurden die Elemente seit 2021 in Zusammenarbeit mit dem italienischen Start-up Phononic Vibes entwickelt. Sie bestehen aus Plexiglas, in regelmäßigen Abständen durch pulverbeschichtete Aluminiumprofile getrennt. 72 Prozent der Fläche seien durchsichtig. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Glaswänden wurde die Lärmschutzwirkung erheblich verbessert“, sagte Karam. Noch läuft das Zulassungsverfahren.

SPD warnt: Lärmschutz dürfe nicht unter besserer Optik leiden

Sowohl Politik als auch Verwaltung zeigten sich überrascht von dem Vorstoß. „Ich kann nicht beurteilen, was die Bahn damit bezweckt, diese neue Variante jetzt plötzlich aus dem Hut zu ziehen“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft WAB, Peter Egan. Er verweist darauf, dass sich das Unternehmen in der Vergangenheit gegen innovative Ideen beim Lärmschutz gesperrt habe. Eine „Ideallösung“ seien die transparenten Wände zwar nicht, aber aus Sicht der WAB „zumindest ein Fortschritt“, so Egan.

Ähnlich äußert sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Proske. Wichtig sei seiner Partei aber, dass der Lärmschutz nicht unter der besseren Optik leide. „Was nützt es uns, wenn die Sichtachsen erhalten bleiben, dafür aber 5000 Bürger, die in der Nähe der Gleise wohnen, nachts nicht mehr ruhig schlafen können?“, fragt Proske. Die Gesundheitsgefahr durch den Lärm der Züge dürfe nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Immerhin, so der SPD-Fraktionschef, zeige sich die Bahn nun gesprächsbereit.

Grüne sehen in Entgegenkommen der Bahn ein positives Signal

Diese Entwicklung sieht auch Nadine Levenhagen, Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Die Bahn bewegt sich und nimmt unsere Forderungen ernst, das ist erst einmal positiv“, sagt sie. Ihr Parteikollege Christian Schmidt, Vorsitzender des Umweltausschusses und Bahn-Experte der Grünen, äußert sich noch skeptischer. „Die neuen Elemente sind optisch ansprechender als die grünen Wände, aber deshalb noch lange keine gute Lösung“, sagt er. Auch transparente Wände seien immer noch Wände, die eine optische Barriere im Stadtbild darstellten.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Bellizzi bezweifelt ebenfalls, „ob die neuen Wände die Lösung sind, die wir brauchen.“ Es sei noch zu früh, den Vorschlag der Bahn abschließend zu bewerten. „Fakt ist, dass die Sichtachsen weiterhin massiv gestört werden, da hilft auch keine teilweise Durchsichtigkeit“, sagt Bellizzi und spricht von einer „städtebaulichen Katastrophe“. Der FDP-Politiker sagt: „Für die Infoveranstaltung wurde hier etwas aus dem Hut gezaubert, möglicherweise, um zu beschwichtigen.“ Er erwarte von der Bahn mehr Kreativität, so Bellizzi.

Naturschutz und Alternativtrassen kamen den Politikern zu kurz

Enttäuscht zeigen sich Vertreter aller Fraktionen davon, dass andere Aspekte von S 4 und Fehmarnbelt-Querung, etwa die Auswirkungen der Bauarbeiten auf das Naturschutzgebiet Tunneltal, durch das die Bahntrasse verläuft, und die Prüfung möglicher Alternativtrassen für den Güterverkehr, nur am Rande behandelt worden seien. Die Bahn, so die Kritik, habe den Lärmschutz in den Fokus gerückt, während andere ebenso wichtige Themen zu kurz gekommen seien.