Ahrensburg. Verwaltung rät davon ab, wegen der neuen MVA Stapelfeld vor Gericht zu ziehen. Warum die Kommunalpolitiker das trotzdem wollen.
Die Ahrensburger Kommunalpolitiker gehen in ihrem Kampf gegen den Neubau der Müllverbrennungsanlage (MVA) im Nachbarort Stapelfeld in die nächste Runde. Diese wird vor Gericht ausgetragen. Der Umweltausschuss hat sich einstimmig für eine Klage beim Oberverwaltungsgericht in Schleswig ausgesprochen, weil das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) einen Widerspruch der Stadt Ahrensburg gegen die Bau- und Betriebsgenehmigung zurückgewiesen hat.
CDU, Grüne, SPD, Wählergemeinschaft WAB, FDP und Linke sind geschlossen der Meinung, dass die Entscheidung des LLUR nicht zu akzeptieren ist. Die Behörde ist dem Umweltministerium nachgeordnet. Die Ahrensburger Verwaltung hatte den Mitgliedern des Umweltausschusses für die extra einberufene Sondersitzung vorgeschlagen, auf weitere Rechtsmittel zu verzichten.
MVA Stapelfeld: Es geht um „Beste verfügbare Technik“
Das sahen die Vertreter der Parteien allerdings vollkommen anders. „Es besteht kein Automatismus, dass die Begründung des LLUR auch vor Gericht Bestand haben muss“, sagte Jasper Lauert (Grüne). Die Kritik aus Ahrensburg an der Genehmigung des neuen Müllheizkraftwerks (MHKW), das jährlich bis zu 350.000 Tonnen Restmüll verbrennen kann, bezieht sich vor allem auf den Einsatz der sogenannten „Besten verfügbaren Technik“. Und zu den neuen BVT-Schlussfolgerungen gebe es überhaupt noch kein Urteil, so Lauert.
Ein Widerspruch hätte bessere Erfolgsaussichten gehabt, wenn ihn ein Naturschutzverband statt die Stadt eingereicht hätte, stellte der Grünen-Sprecher fest. „Trotzdem müssen wir das Bestmögliche für die Bürger herausholen“, so Lauert. Sein Vorschlag: Die Stadt reicht sofort Klage ein und beauftragt einen Fachanwalt mit einem Gutachten. Sollte der Experte „null Chancen“ sehen, könne man die Klage innerhalb der sechs Wochen, die zur Begründung blieben, zurückziehen.
Stadt wird einen Fachanwalt mit einem weiteren Gutachten beauftragen
Jochen Proske (SPD) konnte sich dem Antrag „eins zu eins“ anschließen. „Ich wundere mich nur darüber, wie ein lange von den Grünen geführtes Umweltministerium so entscheiden kann“, sagte er. Seit einem Jahrzehnt stehen dort Grünen-Politiker an der Spitze, von Robert Habeck über Jan Philipp Albrecht bis zu Tobias Goldschmidt.
„Wir sollten einen Verwaltungs- und Umweltrechtler befragen“, sagte Thomas Bellizzi (FDP). Und CDU-Fraktionschef Detlef Levenhagen erläuterte, dass sich seine Partei zuvor mit den Grünen abgesprochen habe. „Ich kann jeden Einwohner verstehen, der keine Wolke mit Dreck rübergeschoben haben möchte“, sagte der Christdemokrat.
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Und so verhallte der Appell von Bauamtsleiter Peter Kania ungehört, den neunseitigen Widerspruchsbescheid doch zu akzeptieren. „Der ist für Nicht-Juristen ohne Frage sehr schwierig zu lesen, aber sehr ausführlich begründet“, sagte Kania. Laut LLUR hätte die Stadt nur dann Erfolg, wenn sie durch die Genehmigungen in eigenen Rechten verletzt würde. Das sei aber nicht der Fall. „Auch bei der Luftbelastung werden sämtliche Grenzwerte eingehalten“, so Kania.
Umweltausschuss will am 9. November über das weitere Vorgehen entscheiden
Tatsächlich gab es laut Landesamt nur eine Eingabe zum Genehmigungsbescheid-- aus Ahrensburg. „Mich wundert, dass wir die Einzigen waren, die Widerspruch eingelegt haben. Kein Bürger und kein Umweltverband hat das getan“, sagte Kania. Vom Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) habe er gehört, dass dort keine Aussicht auf Erfolg gesehen wurde.
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In einer Sitzungspause formulierten alle Fraktionen schließlich einen gemeinsamen Vier-Punkte-Antrag. Zunächst reicht das Rathaus fristgerecht Klage ein, dann wird juristische Expertise eingeholt. Das Ergebnis soll im Umweltausschuss am 9. November präsentiert werden. Der stimmt dann ab, ob die Klage weiter verfolgt oder zurückgezogen wird.
Die Zeit drängt – nur ein Monat Zeit
Die Zeit drängt. Der Widerspruchsbescheid des LLUR trägt den Ahrensburger Eingangsstempel vom 14. September, die Klagefrist beträgt einen Monat. Unterdessen hat sich Bauamtsleiter Kania schon auf die Suche nach Kanzleien gemacht. „Weil es nur wenige mit dem Spezialgebiet EU-Emissionsrecht gibt, ist das gar nicht so einfach“, sagt er. Erste Absagen habe er ebenfalls bekommen: Wenn die gefragten Spezialisten das Land beraten, dürfen sie nicht für die Gegenseite tätig werden.
Fest steht, dass auf die Stadt zu den Ausgaben für Gutachten des Ingenieurbüros für Umweltschutztechnik (IfU) aus Lollar-Salzböden weitere Kosten zukommen. Da fallen die gut 940 Euro für den Widerspruchsbescheid (acht Stunden Prüfung im gehobenen Dienst und fünf Stunden im höheren Dienst) vermutlich kaum ins Gewicht. Auf den Weiterbau des Müllheizkraftwerks von EEW Energy from Waste in Stapelfeld hat die Klage keinen Einfluss. Ende 2024 soll es stehen.