Ahrensburg. Am Sonntag, 18. September, stimmt Ahrensburg über die Parkplätze im Stadtzentrum ab. Das Abendblatt beantwortet wichtige Fragen.
An diesem Sonntag, 18. September, ist es soweit: Bei einem Bürgerentscheid stimmen die Ahrensburger über die Parkplätze in der Innenstadt ab und treffen damit eine Entscheidung, die die städtebauliche Entwicklung des Zentrums für die kommenden Jahre bestimmen wird. Um noch Unentschlossenen eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen, gibt das Abendblatt einen Überblick über die Argumente beider Seiten und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Worum geht es bei dem Bürgerentscheid?
Kern der Debatte ist die Frage, wie viel Autoverkehr und damit wie viele Parkplätze es im Ahrensburger Zentrum braucht. Die Abstimmungsfrage für den Bürgerentscheid lautet, etwas umständlich formuliert: „Sind Sie dafür, dass in der Ahrensburger Innenstadt (begrenzt durch Woldenhorn, Bei der Doppeleiche, Reeshoop, Klaus-Groth-Straße, Stormarnstraße, An der Reitbahn und der Landesstraße 82) öffentliche Kfz-Parkplätze – in mindestens gleicher Zahl – hergestellt werden müssen, bevor die Anzahl der vorhandenen öffentlichen Kfz-Parkplätze, die sich im Eigentum der Stadt befinden, im oben definierten Gebiet reduziert werden darf?“ Im Wesentlichen sollen die Ahrensburger also entscheiden, ob die Zahl der Parkplätze im Zentrum künftig reduziert werden darf oder nicht.
Warum gibt es einen Bürgerentscheid?
Ausgelöst hat den Bürgerentscheid ein Bündnis aus Ahrensburger Kaufleuten. Die Initiative mit Stefan Skowronnek, Geschäftsführer des Kaufhauses Nessler, an der Spitze, hatte im Januar und Februar Unterschriften für ein sogenanntes Bürgerbegehren gesammelt.
Ein solches ist in der Schleswig-Holstenischen Gemeindeordnung als Instrument zur Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungen vorgesehen. Damit ein Bürgerbegehren erfolgreich ist, müssen die Initiatoren eine bestimmte Anzahl Unterschriften von Unterstützern vorweisen. Das Quorum hängt von der Einwohnerzahl der Stadt oder Gemeinde ab. In Ahrensburg mit seinen 35.147 Einwohnern liegt es bei 1904. Diese Hürde konnten Skowronnek und seine Mitstreiter mit 2022 Signaturen überspringen.
Wie argumentieren die Konfliktparteien?
Die Kaufleute, die den Entscheid initiiert haben, befürchten bei einer Reduzierung der Stellplätze ein Abwandern ihrer Kunden. Sie verweisen auf die Parkplätze Lindenhof und Alte Reitbahn, die in den vergangenen Jahren bereits weggefallen seien und auf die Konkurrenz durch andere Standorte mit ausreichend Parkmöglichkeiten vor der Tür, etwa das Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg-Poppenbüttel, sowie durch den Online-Handel. Viele ihrer Kunden kämen von außerhalb Ahrensburgs und könnten nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß zum Einkaufen kommen. Bei Nessler sind es laut Skowronnek rund 60 Prozent. Ohne diese Kunden müssten die Händler um ihre wirtschaftliche Existenz bangen.
Die Gegenseite wiederum, darunter die Mehrheit der Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung, sieht in einer Reduzierung des Verkehrs und der Parkplätze im Zentrum eine Perspektive, um die Aufenthaltsqualität zu steigern und die Einkaufsstraßen sicherer für Radfahrer und Fußgänger zu gestalten. Sie verweist zudem auf das Gutachten eines Hamburger Verkehrsbüros, das die Auslastung der Parkplätze im Ahrensburger Zentrum an vier Tagen im September 2020 und Oktober 2021 geprüft hatte.
Das Ergebnis: Selbst zu Spitzenzeiten, etwa am Sonnabendvormittag, sind nur 70 Prozent der Plätze belegt. Vorgeschlagen wird die Einrichtung eines elektronischen Parkleitsystems, um die Verkehrsströme besser zu lenken. Die Kaufleute wiederum kritisieren das Gutachten als nicht stichhaltig. Ein niedrigeres Kundenaufkommen durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie zum Zeitpunkt der Erhebung habe die Ergebnisse verfälscht.
Welche Position vertreten Parteien, Vereine und Verbände?
Grüne, SPD, Linke und Wählergemeinschaft WAB werben für ein Nein beim Bürgerentscheid. Die FDP hingegen hat sich hinter das Anliegen der Kaufleute gestellt und spricht sich für ein Ja aus. Die CDU verzichtet auf eine Wahlempfehlung. Viele Vereine haben hingegen Position bezogen: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) und der Stadtjugendring werben für ein Nein. Die Kaufleutevereinigung Stadtforum sowie die Interessengemeinschaft Hagener Allee wollen die Bürger von einem Ja überzeugen.
Wie hat sich die Verwaltung positioniert?
Bürgermeister Eckart Boege hat keine Wahlempfehlung abgegeben. Im Bürgermeisterwahlkampf im vergangenen Jahr hatte er sich allerdings mittelfristig für eine Reduzierung des Verkehrs im Zentrum ausgesprochen. Die Verwaltung hat zudem immer wieder darauf hingewiesen, dass bei einem positiven Votum bei dem Bürgerentscheid bereits beschlossene Projekte wie die Umgestaltung der Hamburger Straße zur Flaniermeile nicht umsetzbar wären. Dadurch wiederum seien zugesagte Zuschüsse in Höhe von rund 50 Millionen Euro aus dem Städtebauförderprogramm, dem Ahrensburg seit 2018 angehört, gefährdet.
Wie läuft der Bürgerentscheid ab?
Der Ablauf gleicht dem einer gewöhnlichen Wahl. Es gibt 20 Wahlbezirke, die denen der Landtagswahl im Mai gleichen. Auch die Wahllokale sind dieselben. Sie sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet und werden von rund 160 Wahlhelfern betreut. Der einzige Unterschied: Auf dem Stimmzettel stehen keine Parteien und Kandidaten, sondern die Abstimmungsfrage mit den Antwortmöglichkeiten Ja und Nein.
Wer darf mit abstimmen?
Alle Ahrensburger, die mindestens 16 Jahre alt sind und seit sechs Wochen in der Schlossstadt wohnen, sind abstimmungsberechtigt, insgesamt 27.439 Menschen.
Ist eine Briefwahl möglich?
Wie bei anderen Wahlen auch kann per Brief abgestimmt werden. Bis Dienstag hatten bereits 4130 Ahrensburger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Für alle, die bislang noch keine Briefwahl beantragt haben, aber nicht persönlich im Wahllokal abstimmen können, besteht noch bis Freitag um 12 Uhr die Möglichkeit, die Unterlagen im Briefabstimmungsbüro in Zimmer 4 des Containerprovisoriums auf dem Rathausvorplatz zu beantragen.
Wann rechnet die Verwaltung mit einem Ergebnis?
Unmittelbar nach der Schließung der Wahllokale beginnt die Auszählung der Stimmen. Ein Ergebnis erwartet die Verwaltung spätestens gegen 20 Uhr.
Was sind die Voraussetzungen, damit der Bürgerentscheid erfolgreich ist?
Damit das Bürgerbegehren als angenommen gilt, genügt es nicht, dass es mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt. Zusätzlich muss die Zahl der Ja-Stimmen mindestens 14 Prozent aller Wahlberechtigten (das sind rund 3850 Bürger) entsprechen.
Welche Konsequenzen hat das Ergebnis?
Gibt es ein positives Votum, ist dieses für zwei Jahre bindend und kann nicht durch die Stadtverordnetenversammlung aufgehoben werden. Die Politiker können dann keine Maßnahmen beschließen, die dem Ergebnis des Bürgerentscheids zuwider laufen, und bereits beschlossene Projekte können nicht umgesetzt werden.