Ahrensburg. Ahrensburger Geschäfte werben mit Plakaten und Flyern für Erhalt von Parkplätzen. Parteien planen Diskussionen.

In weniger als einem Monat können die Ahrensburger in einem Bürgerentscheid die Weichen für die künftige Gestaltung des Stadtzentrums stellen. Am Sonntag, 18. September, lautet die etwas umständlich formulierte Abstimmungsfrage „Sind Sie dafür, dass in der Ahrensburger Innenstadt (begrenzt durch Woldenhorn, Bei der Doppeleiche, Reeshoop, Klaus-Groth-Straße, Stormarnstraße, An der Reitbahn und der Landesstraße 82) öffentliche Kfz-Parkplätze – in mindestens gleicher Zahl – hergestellt werden müssen, bevor die Anzahl der vorhandenen öffentlichen Kfz-Parkplätze, die sich im Eigentum der Stadt befinden, im oben definierten Bereich reduziert werden darf?“.

Wenn es nach den Kaufleuten, Gastronomen und Geschäftsinhabern geht, die den Entscheid per Bürgerbegehren initiiert haben, sollten die Ahrensburger mit Ja stimmen. Die Lokalpolitik ist gespalten.

Sowohl die Kaufleute als auch die meisten Fraktionen wollen in den nächsten Wochen mit Kampagnen die Bürger – alle Einwohner ab 16 Jahren dürfen abstimmen – von ihrer Sicht der Dinge überzeugen. Die Initiatoren, die mehr als 2000 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt haben, haben ihre Werbeoffensive bereits gestartet: Seit einigen Tagen sind überall im Stadtgebiet an Werbetafeln großflächige Plakate zu finden, mit weißem Slogan auf rotem Grund und eigens entworfenem Logo, welches das Ahrensburger Schloss und mehrere Personen zeigt, die den Arm heben, als wollten sie sich zu Wort melden.

„Nein zu: Weniger Stellplätzen. Weniger Besuchern. Weniger Attraktivität.“ heißt es auf den Plakaten, verbunden mit der Aufforderung „Für eine lebendige Innenstadt, stimmen Sie mit Ja“. In den kommenden Wochen sei zusätzlich geplant, mit Flyern per Einwurfsendung bei den Ahrensburger Haushalten für die Position der Kaufleute zu werben, sagt Stefan Skowronnek, Geschäftsführer des Kaufhauses Nessler. „Wir erhoffen uns, auf diesem Weg möglichst viele Menschen zu erreichen und für eine Beteiligung am Bürgerentscheid zu aktivieren“, sagt er.

Grünen wollen bei Rundgang zeigen, dass es immer freie Stellplätze gibt

Wie viel Geld die Händler für die Kampagne in die Hand genommen haben, dazu macht Skowronnek keine Angabe. Der Nessler-Chef ist einer von drei Initiatoren des Bürgerbegehrens. „Unabhängig davon, wie das Ergebnis am Ende lautet, wichtig ist, dass es auf einer breiten Basis steht“, sagt Skowronnek. Die Einzelhändler und Gastronomen befürchten bei einem Abbau von Parkplätzen im Stadtzentrum eine Abwanderung ihrer Kundschaft. Viele Stellplätze seien in den vergangenen Jahren bereits verschwunden, argumentieren sie und führen den ehemaligen Lindenhof-Parkplatz an, auf dem jetzt ein Wohn- und Geschäftshaus steht, sowie die Alte Reitbahn, auf der mit dem bau von einem Edeka-Supermarkt und 52 Wohnungen begonnen wurde.

Die Ahrensburger Verwaltung und die Fraktionen von Grünen, Wählergemeinschaft WAB und Linken beurteilen die Situation dagegen vollkommen anders. Sie berufen sich auf ein von einem Hamburger Planungsbüro erstelltes Gutachten, demzufolge auch in Spitzenzeiten nur rund 70 Prozent der Parkplätze im Zentrum belegt sind. Sie wollen mittelfristig weniger Autoverkehr in der Innenstadt, um so die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Wichtige Projekte wie die Umgestaltung der Hamburger Straße zur Flaniermeile würden durch ein positives Votum bei dem Bürgerentscheid blockiert, warnen sie. Das Ergebnis der Abstimmung ist für zwei Jahre bindend. Danach könnten die Stadtverordneten den Beschluss mit entsprechender Mehrheit wieder aufheben.

Die Grünen planen eine Gegenkampagne. Den Auftakt soll eine Diskussionsveranstaltung zu dem Thema in der Reihe „Grünschnack“ bilden. „Voraussichtlich am ersten Septemberwochenende wird es sonnabends einen Rundgang mit interessierten Bürgern durch das Zentrum geben, bei dem wir uns ein Bild von der Situation vor Ort machen wollen und zeigen, dass selbst in dieser Hauptgeschäftszeit während des Wochenmarktes viele Parkplätze frei sind“, sagt Fraktionschefin Nadine Levenhagen. In den Wochen vor der Abstimmung plant die Partei zudem sonnabends einen Informationsstand auf dem Rondeel und eine Kampagne mit Plakaten und Flyern.

CDU und SPD wollen Veranstaltungen mit Vertretern beider Seiten anbieten

Auch die WAB möchte die Zeit bis zum 18. September nutzen, um für ein Nein zu werben. Geplant sind laut dem Fraktionsvorsitzenden Peter Egan unter anderem Zeitungsanzeigen und ebenfalls ein Informationsstand auf dem Rondeel. Egan beklagt dabei eine „ungleiche Verteilung der Waffen“. Er sagt: „Die Kaufleute verfügen über eine erhebliche Organisationsstruktur und Finanzkraft, um eine solche Kampagne auf die Beine zu stellen, die den Parteien nicht zur Verfügung stehen.“ Für die WAB und die meisten anderen Parteien sei es nicht möglich, „fünfstellige Summen“ für Plakate einzusetzen. „Uns steht nur das Wahlkampfbudget zur Verfügung, das aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden generiert wird“, sagt er.

Harte Töne schlägt Ali Haydar Mercan, scheidender Fraktionschef der Linken, an. „Die Kampagne der Kaufleute arbeitet mit populistischen Mitteln, hier werden bewusst Ängste geschürt, dass durch weniger Autos etwas abstirbt oder verloren geht, obwohl wissenschaftliche Fakten das Gegenteil belegen“, sagt Mercan, der wegen eines Umzugs nach Frankfurt/Main sein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung abgibt.

Die Kaufleute nutzten ihre finanzielle Macht, um die Meinungsbildung zu beeinflussen. Die Linke selbst plane derzeit keine Aktionen. „Wir suchen aber das Gespräch mit Vereinen und Verbänden, um gegebenenfalls gemeinsam Angebote umzusetzen.“

CDU und SPD planen jeweils Diskussionsformate, bei denen Vertreter beider Seiten zu Wort kommen sollen. „Wir halten es für sinnvoll, wenn die Bürger sich ein eigenes Bild machen können“, sagt SPD-Fraktionsvize Markus Kubczigk. Die Sozialdemokraten werben selbst für ein Nein beim Bürgerentscheid. Der CDU-Ortsvorsitzende Maik Neubacher sagt: „Wir wollen den Bürgern ermöglichen, eine fundierte Entscheidung zu treffen.“ Eine Abstimmungsempfehlung will seine Partei nicht geben.

Die FDP wird laut Fraktionschef Thomas Bellizzi auf eigene Formate verzichten. „Es ist bekannt, dass wir die Position der Kaufleute teilen“, sagt er. Eine eigene Kampagne mache da wenig Sinn. „Wir haben uns bewusst gegen eine Beteiligung entschieden, um dem Wunsch der Kaufleute zu entsprechen, den Bürgerentscheid nicht zu politisieren.“