Ahrensburg. Zwei Frauen vermieten seit Juni flexible Arbeitsplätze in Gemeinschaftsbüros. In Stormarn gibt es nur wenige solcher Angebote.
Vor zwei Wochen hat Jessica Rohrbach ihren Arbeitsplatz vom Homeoffice in ein Coworking-Büro im Ahrensburger Gewerbegebiet verlegt. „Zu Hause mit drei Kindern im Hintergrund zu arbeiten, ist nicht so leicht“, sagt die 39-Jährige, die als freiberufliche Office-Managerin tätig ist. Aber ein festes Büro anzumieten, „wo man die Tür hinter sich zumacht und dann niemanden mehr sieht“, erschien ihr wenig verlockend. Nun habe sie beides: einen ruhigen Ort zum Arbeiten, gleichzeitig aber auch Kontakt zu anderen Berufstätigen. „Den Austausch finde ich sehr gut“, sagt sie. „Ich bin nicht ganz so allein.“
Work Kontor: Ahrensburgs Coworking-Space bietet acht Büroräume
Rohrbach gehört zu den ersten Nutzern des ersten Coworking-Spaces in der Schlossstadt. So werden Bürogemeinschaftsräume bezeichnet, in denen sich Selbstständige und Angestellte einen Arbeitsplatz auf Zeit mieten können. Dorina Bausch hat das Work Kontor Ahrensburg mit ihrer Geschäftspartnerin Anja van Wahden gegründet. Auf rund 450 Quadratmetern bieten die beiden jungen Frauen, die sich aus der gemeinsamen Schulzeit an der Stormarnschule kennen, im Gewerbegebiet Nord acht Büroräume mit möblierten Arbeitsplätzen an. Dazu gibt es eine große Lounge, eine Gemeinschaftsküche sowie einen Konferenzraum.
In Stormarn gibt es bisher nur wenige solcher Angebote
„Wir waren beide unzufrieden mit unseren Jobs und wollten ein Treffen mit Gleichgesinnten organisieren, die sich auch für Karrierethemen interessieren“, sagt Dorina Bausch. Doch bei der Suche nach einem geeigneten Ort für eine solche Veranstaltung seien sie in Ahrensburg nicht fündig geworden. Zudem haderten beide mit ihrem Arbeitsplatz: Juristin Dorina Bausch fühlte sich im Homeoffice einsam, Bankbetriebswirtin Anja van Wahden war von der zeitfressenden Pendelei nach Hamburg genervt. Beide sehnten sich nach einem wohnortnahen Arbeitsplatz, an dem sie aber nicht allein sind. „Wir sind beide neugierige Menschen, die Lust auf Innovationen haben“, sagt Dorina Bausch. „Wir wollen ein neues Verständnis von Arbeit vermitteln.“
Lesen Sie auch:
- Countdown für Coworking-Space in Lauenburg
- Büros auf dem Dorf - wie kann das funktionieren?
- Arbeiten mit Concierge: Neue Coworking-Büros in der City
Während es in Hamburg schon 30 bis 40 Coworking-Spaces gibt, sind solche Büroräume im Kreis Stormarn noch nicht so weit verbreitet. Die Internetseite www.coworkingmap.de listet lediglich zwei weitere Angebote in Bad Oldesloe und Barsbüttel auf. Anfang 2020 begannen die Ahrensburgerinnen mit den Planungen. Doch dann kam die Corona-Pandemie und stoppte das Vorhaben zunächst. „Wir haben erst mal die Entwicklung beobachtet“, sagt Bausch. „Durch Corona ist Homeoffice noch stärker im Kommen.“ Die Unternehmen seien jetzt offener dafür, dass ihre Mitarbeiter nicht mehr jeden Tag ins Büro kommen müssen. Mit den neuen Erkenntnissen trieben die Frauen ihre Pläne voran.
Seit Juni ist der Ahrensburger Coworking-Space in Betrieb
Im Januar 2021 eröffneten sie das Work Kontor Ahrensburg. Wegen der damals sehr hohen Inzidenzwerte starteten sie in den ersten Monaten nur mit klassischen fest vermieteten Büros. Seit Juni ist auch der Coworking-Space in Betrieb. Die Nutzer zahlen, je nach Tarif, zwischen 199 und 249 Euro pro Monat.
„Es herrscht freie Platzwahl“, sagt die 28-Jährige. „Man schaut morgens rein und sucht sich seinen Schreibtisch aus.“ Die Mieter dürfen die Küche nutzen – Wasser, Kaffee und Tee sind inklusive. „Man kennt sich hier schon, schnackt mal fünf Minuten am Kaffeeautomaten, tauscht sich aus“, sagt die Juristin. Aber der Kontakt sei nicht so eng wie zu klassischen Kollegen.
Demnächst soll es einen Tag der Offenen Tür geben
Pro Büro gibt es maximal vier Schreibtische, die jeweils mit einem kleinen Sichtschutz ausgestattet sind. Derzeit sind die Gründerinnen dabei, einen Multifunktionsraum einzurichten, in dem ab September zum Beispiel auch Podcasts aufgenommen werden können.
Bislang zählt das Work Kontor „eine Handvoll Coworker“. Bausch sagt: „Wir sind die Ersten, die so etwas in der Region anbieten, müssen daher erst mal bekannt werden.“ Die Corona-Pandemie habe sie bisher daran gehindert, Veranstaltungen wie einen Tag der Offenen Tür anzubieten. Doch das soll sich demnächst ändern.
Weitere Standorte im Hamburger Umland denkbar
Auch Hans Pohle nutzt einen Arbeitsplatz im Coworking-Büro. Der 29-Jährige ist Rechtsreferendar am Landgericht Lübeck, arbeitet zudem bei einer Kanzlei in Hamburg. „Durch Corona hat sich alles nach Hause verlegt“, sagt er. Seit März 2020 sei er kaum noch im Büro gewesen, doch beim Arbeiten im Homeoffice falle ihm die Decke auf den Kopf. Dank eigenem Schlüssel kann er das Work Kontor rund um die Uhr nutzen, auch am Wochenende. „Das ist super, denn ich arbeite gern mal früh oder sehr spät und nicht zu den üblichen Bürozeiten“, sagt der Ahrensburger. Es sei toll, so viele Leute aus unterschiedlichen Branchen zu treffen.
Für den Aufbau des Work Kontors nutzt Dorina Bausch ein Sabbatical von ihrem Beruf als Juristin, ihre Geschäftspartnerin macht es nebenberuflich. Beide können sich vorstellen, weitere Standorte im Hamburger Umland zu eröffnen, sollte das Konzept in Ahrensburg angenommen werden. „Wir wollen wohnortnahes und hybrides Arbeiten etablieren“, sagt die 28-Jährige. „Und auch ein Zuhause für Netzwerktreffen bieten. Das ist ein Herzensthema von uns.“ Demnächst soll es zum Beispiel eine „lange Nacht der Steuererklärung“ geben. „Die müssen wir eh alle machen“, sagt sie. „Dann können wir das abends auch gemeinsam angehen, dazu noch mit Unterstützung durch eine Expertin.“
Netzwerktreffen für Gründer und Jungunternehmer
Wer das Work Kontor Ahrensburg (An der Strusbek 10) kennenlernen möchte, hat dazu vom 9. bis 13. August die Gelegenheit. Die Initiatorinnen planen eine „Back2Office-Woche“, in der Interessierte täglich von 9 bis 18 Uhr kostenlos das Coworking-Angebot testen können. Zudem gibt es verschiedene Veranstaltungen, zum Beispiel zum Thema Instagram (Dienstag, 10. August, 10 bis 11.30 Uhr). Unter dem Slogan „Be Bossin“ ist am Mittwoch, 11. August, um 19 Uhr zudem ein Treffen von Frauen geplant, die sich zu beruflichen Themen austauschen und unterstützen wollen. Anmeldungen sind unter www.workkontor.de/veranstaltungen/ möglich.
Dorina Bausch und Anja van Wahden organisieren zudem regelmäßig Netzwerktreffen für Gründer, Jungunternehmer und Start-ups. „Unser Wunsch ist es, dass wir uns gegenseitig unterstützen und die Akteure für eine starke junge Wirtschaft in der Region zusammenbringen“, sagt van Wahden. Ziel sei, durch Wissens- und Erfahrungsaustausch voneinander zu lernen. Bei den ersten beiden Treffen seien bereits einige Themenschwerpunkte entwickelt worden, die nun mit Experten näher beleuchtet werden sollen. Nächster Termin ist am Mittwoch, 25. August, um 19 Uhr. Um Anmeldung unter startup@workkontor.de wird gebeten.