Westerland. Tourismuschefin spricht über hohen Stellenwert der Insel und für welche Regionen im nördlichsten Bundesland sie begeistern möchte.
Seit sechs Jahren lenkt Bettina Bunge als Geschäftsführerin die Geschicke der landeseigenen Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH) mit Sitz in Kiel. Die gebürtige Lüneburgerin ist für die Vermarktung des nördlichsten Bundeslandes in Deutschland verantwortlich – und damit auch für Sylt.
Die Insel sei eine sehr wichtige Reisedestination und national wie international eine eigene Marke. Sylt zeichne sich für mehr als zehn Prozent der gesamten Übernachtungen in Schleswig-Holstein verantwortlich, verrät Bunge im exklusiven Abendblatt-Gespräch.
Sylt: Die Insel ist das beliebteste Reiseziel in Schleswig-Holstein
Die promovierte Diplom-Kauffrau lässt Zahlen sprechen: Von Januar bis Ende August 2023 – diese Zahlen sind bislang ausgewertet – wurden für Sylt rund 3,38 Millionen Übernachtungen gemeldet. Damit ist Sylt die Reisedestination Nummer eins im hohen Norden. In Schleswig-Holstein waren es insgesamt rund 23,16 Millionen Übernachtungen in diesem Zeitraum. Das ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von etwa 1,5 Prozent
„Das aktuelle Ergebnis ist zufriedenstellend, aber das Wetter im Sommer war nicht ganz so gut“, so Bunge. „Und jetzt hatten wir auch noch vor wenigen Wochen die verheerende Sturmflut an der Ostsee, wegen der einige Gäste früher wieder abgereist sind oder vor Ort nicht übernachten konnten. Wir freuen uns auf weitere Gäste – gerade jetzt in der gemütlichen Herbst- und Winterzeit.“
Bunge betont: „Sylt ist für uns ein Leuchtturm in der Vermarktung und hat sich längst zu einem Ganzjahresziel entwickelt. Wir sind dankbar, dass es diese Insel mit all diesen wunderbaren Gastgebern vor Ort gibt.“
Sylt – Schleswig-Holsteins Tourismuschefin lobt die Vielfalt der Insel
Schon in ihrer Kindheit hatte die Niedersächsin einen Bezug zur Nordsee. „Mit meinen Eltern und meiner Schwester sind wir regelmäßig auf die Insel Amrum gefahren.“ Die Liebe zu Sylt hat sie in ihrer Zeit als Marketing- und Vertriebsleiterin der Hamburg Tourismus GmbH (HHT) – dort hat Bunge von 2004 bis 2009 gearbeitet – entdeckt. „Für die Hamburger ist Sylt ihre Insel. Und als ich dort gelebt habe, bin ich dann auch häufiger nach Sylt gereist.“
Die Nordsee, das Wattenmeer und der endlose Strand faszinieren die Tourismusexpertin immer wieder aufs Neue. „Wenn nicht gerade Winterzeit ist, dann ist ein Sprung ins Meer für mich ein Muss.“ Und danach steht eine Einkehr in einer der vielen Lokale auf dem Programm. Überhaupt lobt Bunge die „Vielfalt“ der Insel.
Der Tourismus ist für Schleswig-Holstein eine der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Allein im vergangenen Jahr wurden in dieser Branche etwa zehn Milliarden Euro umgesetzt. Rund 170.000 Menschen arbeiten in diesem Bereich. Dafür, dass die touristische Marke Schleswig-Holstein und die vielfältigen Angebote weltweit noch bekannter werden, sind Bunge und ihr 25-köpfiges Team gemeinsam mit vielen regionalen und lokalen Tourismusorganisationen verantwortlich. Der Sitz ist am Wall in Kiel mit Blick auf die Förde.
Schleswig-Holstein möchte mehr ausländische Gäste gewinnen
„Wir stehen vor vielen Herausforderungen. Ein wichtiges Thema ist die Verkehrsinfrastruktur“, sagt die Tourismuschefin. „Denn noch immer reisen rund 80 Prozent unserer Gäste mit dem eigenen Auto an. Aber das ist ja nicht im Sinn der Nachhaltigkeit. Deshalb muss der ÖPNV ausgebaut werden, damit die Gäste verlässlich auf den Zug umsteigen können.“
Und Bunge möchte den potenziellen Urlaubern zudem vermitteln, dass Schleswig-Holstein nicht nur Küste ist: „Auch die Binnenregion ist ein attraktives Reiseziel – das wollen wir noch mehr in den Vordergrund stellen. Dazu gehören zum Beispiel die Holsteinische Schweiz und das Herzogtum Lauenburg.“
Außerdem möchte die TA.SH-Geschäftsführerin, die vor ihrem Wechsel nach Kiel mehr als acht Jahre lang Chefin der Dresden Marketing GmbH war, mehr Menschen aus dem Ausland für den hohen Norden begeistern. Denn im vergangenen Jahr wurden gerade mal 4,7 Prozent der Übernachtungen – das entspricht rund 1,5 Millionen – von Gästen aus dem Ausland verzeichnet. Die Dänen stehen auf dem ersten Platz, gefolgt von der Schweiz und von Schweden. Bunge sieht etwa Potenzial für mehr Gäste aus Österreich, „weil es dort kein Meer gibt und die Gäste auch eine lange Anreise mit dem Zug nicht scheuen.“
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Sylt: Tourismuschefin freut sich auf den nächsten Kurzurlaub
Schleswig-Holstein ist als Ferienziel in aller Munde, aber Bunge möchte auch Tagungsplaner für die Destination begeistern. „Wir haben mehr als 400 Standorte für Tagungen. Das sind Hotels, Kongresszentren, aber auch Schlösser oder Industriedenkmäler. In diesem Segment sehe ich noch Potenzial. Da können Teilnehmer tagsüber arbeiten und abends gemeinsam am Strand, am See, am Meer entspannen.“ Der Anteil der Geschäftsreisen in Schleswig-Holstein liegt bei etwa fünf bis zehn Prozent des Gesamtvolumens.
Geschäftlich ist Bunge viel in ihrem Schleswig-Holstein unterwegs. Auch privat erkundet sie gerne Museen, Naturlandschaften, Badeorte und neue Sehenswürdigkeiten. Aber einmal im Jahr zieht es die 55-Jährige zu einer Ayurveda-Kur nach Indien. „Dabei schalte ich ab und lade meine Batterien wieder auf.“ Doch bevor es wieder in die Ferne geht, steht in Kürze noch ein kurzer Sylt-Aufenthalt auf dem Programm.