Sylt. Jedes Jahr verliert die Insel dringend benötigten Wohnraum durch touristische Nutzung. Damit könnte jetzt Schluss sein.

Der Tourismus auf Sylt boomt – für die Einheimischen hat das jedoch zum Teil gravierende Folgen. Bezahlbarer Wohnraum ist schon lange ein rares Gut. Ferienwohnungen und Zweitwohnsitze treiben die Preise nach oben. Jedes Jahr verliert die Insel Dauerwohnraum, da dieser für touristische Nutzung zweckentfremdet wird. Die Politik will gegensteuern, bislang ist das jedoch nicht gelungen. Die Insulaner-Fraktion hat nun einen neuen Vorschlag ins Rennen geworfen.

Der Vorstoß sieht vor, eine Registrierungspflicht für einzelne touristisch vermietete Objekte einzuführen. Die Insulaner wollen, dass jede Ferienwohnung eine eigene Nummer bekommt. Hotels, Pensionen, Jugendherbergen, Schullandheime und Campingplätze sollen jeweils eine Nummer pro Standort erhalten. Bislang ist nur eine Nummer pro Vermieter vorgesehen – wodurch die Anzahl der einzelnen Objekte unklar bleibt.

Sylt hat Problem mit Tourismus-Wohnungen

„Es existiert keine Datenbank mit allen touristisch vermieteten Objekten auf Sylt“, sagt Markus Gieppner, Vorsitzender der Insulaner-Fraktion innerhalb der Sylter Gemeindevertretung dem Abendblatt. „Wir haben nur Schätzungen, was die Zahl der Objekte auf Sylt betrifft. Das ist ein riesiges Problem.“

Problematisch sei auch, dass viele Dauerwohnungen als Hauptwohnsitz von Personen angemeldet sind, die gar nicht auf der Insel leben. „Die Umwandlung und die Zweckentfremdung von existierendem Dauerwohnraum stellen große Probleme auf der Insel dar, deren Dimensionen nur sehr schwierig abzuschätzen sind, da faktisch keine Kontrollen stattfinden“, so Gieppner.

Die in den vergangenen Jahren beobachteten Diskrepanzen der Einnahmen aus der Gästeabgabe wiesen „deutlich darauf hin, dass es gewaltige Unschärfen gibt“.

Zu viel zweckentfremdeter Wohnraum auf Sylt

Erst im Mai kam ein Beherbergungskonzept, das die Lübecker Cima Beratung + Management GmbH im Auftrag der Gemeinde erstellt hat, zu dem Schluss, dass es auf Sylt zu viel zweckentfremdeten Wohnraum gibt. Die Folge seien ungewollte städtebauliche Effekte, zu denen vor allem der zunehmende Mangel an bezahlbarem dauerhaft genutztem Wohnraum und Verkehrsbelastungen zählen.

Für die Registrierung, die die Insulaner-Fraktion anstrebt, sollen die jeweiligen Eigentümer der Objekte verantwortlich sein. „Da durch diese Registrierungsnummer die gemeldeten Gästevermietungen exakt einem spezifischen Objekt zugeordnet werden können, erschwert dies die Zweckentfremdung von Dauerwohnraum und verringert so auch den Anreiz von Investoren, Dauerwohnraum zu erwerben, um ihn dann touristisch zu verwerten“, sagt Gieppner.

Ohne Registrierungsnummer keine Gästekarte

Ohne eine entsprechende Registrierungsnummer sollen dann auch keine Gästekarten mehr ausgegeben werden können. Diese erhalten Touristen aktuell für die Dauer ihres Aufenthalts von ihrem Vermieter. Mit der neuen Regelung müssten Gäste, die in nicht registrierten Objekten beherbergt werden, auf teurere Tageskarten ausweichen und diese täglich neu erwerben. „Die Vermieter geraten so ihren Gästen gegenüber in Erklärungszwang.“

Gieppner macht auch noch auf ein weiteres Problem aufmerksam, dass er den „Großelterntrick“ nennt. So komme es immer wieder vor, dass einige Käufer von Dauerwohnungen pensionierte Familienmitglieder mit Erstwohnsitz auf Sylt anmelden, obwohl diese gar nicht auf der Insel leben. Stattdessen werde die Wohnung touristisch oder als Zweitwohnung benutzt.

Fehlende Kontrollmechanismen auf Sylt

"Da weder der Kreis noch die Gemeinde dies kontrollieren können, umgehen die Eigentümer so nicht nur eine möglicherweise fällige Zweitwohnungsteuer, sie zweckentfremden auch Wohnraum, der eigentlich für ganzjährig auf Sylt lebende Menschen vorgesehen ist.“

Die Erteilung einer Registrierungsnummer sei dabei keine implizierte Genehmigung, ein Objekt touristisch zu nutzen. „Die Eigentümer müssen weiterhin die geltenden Auflagen erfüllen“, betont der Fraktionsvorsitzende der Insulaner. Eventuelle Mehrkosten der Gemeinde sollen über eine geringe Bearbeitungsgebühr gedeckt werden.

Vorschlag für Wohnraum: Sylt prüft Machbarkeit

Den Vorschlag hat die Fraktion in die jüngste Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses eingebracht. „Es wurde beschlossen, dass die rechtliche Machbarkeit und Zulässigkeit geprüft werden soll“, sagte Bürgermeister Nikolas Häckel auf Abendblatt-Anfrage.

Einige juristische Fragen sowie Fragen zur Umsetzbarkeit und zum Datenschutz müssten noch geklärt werden, so der Ausschussvorsitzende Wolfgang Jensen (CDU). „Wir haben lange diskutiert.“ Aus seiner Sicht dürfe kein Nachteil gegenüber Kleinvermietern entstehe, aber: „Wir wollen alle eins: Den Tourismus von der Größenordnung nicht erweitern.“

Viele Einheimische seien in den vergangenen Jahren abgewandert. „In vielen Orten wohnen keine Sylter mehr. Das ist eine Katastrophe“, sagt Insulaner- Fraktionschef Gieppner.

Von der Freiwilligen Feuerwehr bis zum Dorffest – „es geht so viel verloren. Wir können nicht noch mehr Ferienwohnungen haben. Weder in Morsum, noch in Tinnum noch in Westerland. Es sind einfach zu viele."