Westerland. Mehrere Wochen lang wollen Aktivisten gegen Ungerechtigkeit in der Gesellschaft demonstrieren. Bis zu 1000 Teilnehmer.
„Achtung, der Pöbel kommt! Bald geht es los, haltet Euch bereit“, heißt es in einem Aufruf auf Twitter. Ein Kollektiv linker Aktivistinnen und Aktivisten plant in den den ersten beiden Augustwochen, genauer vom 1. bis 14. August 2022, ein Protestcamp unter dem Namen „Aktion Sylt“ mit bis zu 1000 Teilnehmenden in Westerland.
Ziel der Aktion sei es, gegen die steigende ökonomische und soziale Ungleichheit zu protestieren und über daraus resultierende Ungerechtigkeiten und Gefahren aufzuklären, so die Veranstalter. Ihren Angaben zufolge werden zahlreiche Kundgebungen, Demonstrationen auf der Insel und andere politische Aktionen im und um das Camp stattfinden. Livemusik, Workshops und Diskussionsrunden stehen ebenfalls auf dem Programm.
Sylt: Oberschicht habe sich abgeschottet, so die Aktivisten
Zukunft und Zufriedenheit der kommenden Generationen seien durch soziale, ökonomische und ökologische Ungleichheit stark gefährdet, heißt es im Aufruf zur Teilnahme. Am Beispiel Sylt solle die Dringlichkeit dieser Krisen erneut ins Bewusstsein gerufen werden. „Sylt zählte 2021 13.741 Einwohner*innen, wohingegen es 2011 noch 20.851 waren“, schreiben sie auf ihrer Homepage. Das sei den immer teurer werdenden Mieten und Grundstückspreisen geschuldet.
„Sylt ist die teuerste Region in Deutschland. Die Grundstückspreise steigen hier ins Unermessliche, in Kampen kann der Quadratmeter locker 25.000 bis 35.000 Euro kosten. Das ist auch im Vergleich zu anderen teuren Regionen in Deutschland extrem, dort werden ‚nur‘ Preise bis zu 27.000 Euro erreicht“, so Antonia Schulte (27), Mitorganisatorin und Helferin der geplanten Küche für Alle der „Aktion Sylt“.
Auf Sylt habe sich die Oberschicht von den weniger gut verdienenden Menschen abgeschottet. „Durch immer weiter steigende Mieten auf der Insel ist es für viele Menschen nicht mehr möglich, dort zu wohnen, dabei werden auch Einheimische verdrängt“, heißt es. Gegen diese Zustände wolle man demonstrieren.
Sylt: Protestcamp plant kostenloses Essen in der "Küche für alle"
„Wir wollen anhand des Extrembeispiels Sylt informieren und Wege aufzeigen, Zusammenhalt und Vielfalt in der Gesellschaft wertzuschätzen und zu erhalten“, erklärt Mitorganisatorin Hannah Schak (23). Immer mehr Menschen, die auf Sylt arbeiten, könnten es sich nicht leisten, dort zu leben. So ergehe es vielen Polizistinnen und Polizisten, aber auch Lehrerinnen, Handwerkerinnen und Handwerkern und Gastronomiemitarbeiterinnen und -mitarbeitern. „Wir wollen diese Ungerechtigkeit nicht weiter hinnehmen“, sagt Versammlungsleiter Marvin Bederke (22).
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Die Aktivistinnen und Aktivisten wollen ihr Protestcamp nach eigenen Angaben solidarisch finanzieren. Allen Menschen solle unabhängig vom Einkommen die Teilnahme ermöglicht werden. Im Internet ruft die Gruppe zu Spenden auf. Die kostenlose Verpflegung werde über die geplante „Küche für Alle“ sichergestellt, auch veganes Essen soll es geben. Dafür werden Sympathisanten gebeten, das Camp finanziell zu unterstützen oder mit Aktionen Geld zu sammeln, beispielsweise Solidaritätspartys. Eine Altersbegrenzung für die kostenlose Teilnahme gibt es nicht. Gruppen würden aber dringend gebeten, sich vor der Anreise anzumelden, um besser planen zu können.
Sylt: 9-Euro-Ticket als Auslöser für die Idee des Protestcamps
Auslöser für die Idee des Protestcamps sei das 9-Euro-Ticket, das noch bis Ende August angeboten wird, schreiben die Initiatoren und empfehlen trotz der teilweise sehr langen Fahrzeit aus dem Süden die Nutzung des Nahverkehrs. Man sei aber auch niemandem böse, der ein Fernverkehrsangebot nutzt. Wo sich der Zeltplatz mit dem Camp befinden wird, ist noch unklar, Zelte müssten dafür mitgebracht werden, es soll aber auch eine Zeltvermittlungsbörse. Duschen und Toiletten werde man bereitstellen.
Beim Kreis ist man noch etwas verhalten: „Die Anmeldung liegt bereits vor“, bestätigt Laura Berndt, Sprecherin des Kreises Nordfriesland, der zuständigen Versammlungsbehörde. Im Moment liefen aber noch die Abstimmungsgespräche.