Timmendorfer Strand/Hohwacht. Die bisherige Regelung ist nicht rechtens. Auch Hohwacht betroffen. Was das für Immobilienbesitzer an der Ostsee bedeutet.
Das ist eine Überraschung für die Bürgermeister von Timmendorfer Strand und der Gemeinde Hohwacht an der Ostsee: Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat die bisherige Regelung zur Zweitwohnungssteuer in den beiden Orten für unwirksam erklärt. Die Steuer für Zweitwohnungen an der Ostsee hat bereits in der Vergangenheit für Empörung gesorgt.
Demnach sei die Bemessungsgrundlage zur Zweitwohnungssteuer in den beiden Ostsee-Gemeinden rechtswidrig, genauer: Der Bodenrichtwert ist laut dem Gerichtsurteil nicht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Dieser Richtwert bezieht sich auf die Lage der Immobilien, und an der Ostsee bedeutet das: Je näher die Wohnung oder das Haus zum Wasser liegen, desto höher ist auch die Zweitwohnungssteuer. Hinzu kommen die Größe und das Alter der Immobilie.
Ostsee: Zweitwohnungssteuer in Timmendorfer Strand war schon einmal unwirksam
Timmendorfer Strand und Hohwacht hatten 2020 beziehungsweise 2021 einen neuen Steuermaßstab in ihren jeweiligen Satzungen aufgenommen, nachdem das Oberverwaltungsgericht mit Urteilen vom 30. Januar 2019 den bis dahin verwendeten Steuermaßstab für verfassungswidrig erklärt hatte.
Daneben ist die Zweitwohnsteuer in der jetzigen Form in der Gemeinde Timmendorfer Strand auch deshalb ungültig, weil es einen formellen Fehler gab: Die Gemeindevertreter waren zu der Sitzung, in der die Satzung im Juni 2020 beschlossen wurde, nicht ordnungsgemäß geladen worden.
Für Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke (FDP) kommt das Urteil überraschend, vorliegen hat er es noch gar nicht. „Wenn das Gericht der Meinung ist, dass die Zweitwohnsteuer in der jetzigen Form verfassungswidrig ist, werden wir uns darum bemühen, eine neue Satzung auf die Beine zu stellen“, sagt er dem Abendblatt. Genauso wird sein Amtskollege in Hohwacht, Karsten Kruse (Wählergemeinschaft Hohwacht), vorgehen. Dort gibt es rund 600 Zweitwohnungsbesitzer.
Timmendorfer Strand: Rund 3000 Immobilienbesitzer sind davon betroffen
Fest steht für beide Bürgermeister: „Die Zweitwohnungssteuer wird nicht abgeschafft“, so Partheil-Böhnke. Rund 3000 Immobilienbesitzer sind davon in Timmendorfer Strand betroffen. Die Gemeinde, so Partheil-Böhnke, werde sobald das Urteil schriftlich eingegangen ist, voraussichtlich dagegen Rechtsmittel einlegen.
In der Gemeinde zahlen Haus- und Wohnungsbesitzer eine Zweitwohnungssteuer, wenn ihr erster Wohnsitz woanders ist. So soll vermieden werden, dass den Einheimischen dringend erforderlicher Wohnraum fehlt. „Wir wollen hier keine Sylter Verhältnisse, und wir lassen keine weiteren Ferienwohnungen und Zweitwohnungen in reinen Wohngebieten mehr zu“, so Partheil-Böhnke. „Wohnraum ist knapp und wir müssen diesen für Einheimische schützen.“ In touristischen Lagen nah am Wasser sei das anders. Dort gibt es die Möglichkeit, Ferienwohnungen zu kaufen.
Grundeigentümerverband Schleswig-Holstein: Gerichtsentscheidung ist gute Nachricht
Für den Vorstandsvorsitzenden des Grundeigentümerverbands Haus & Grund Schleswig-Holstein, Alexander Blažek, ist das Urteil dagegen keine Überraschung. „Bodenrichtwerte sind für die Zweitwohnungssteuer ein genauso ungeeigneter Maßstab wie für die Grundsteuer. Dieser Maßstab führt zu unverhältnismäßigen Ergebnissen“, sagte er der „Deutschen Presse-Agentur“.
Nach Ansicht Blažeks ist die Gerichtsentscheidung eine gute Nachricht für Zweitwohnungseigentümer. „Mit einer unwirksamen Satzung dürfen die betroffenen Gemeinden keine Zweitwohnungssteuer mehr erheben. Eigentümer von Zweitwohnungen sollten – nicht nur in den betroffenen Gemeinden – Widerspruch gegen aktuelle Bescheide innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat erheben.“
Ostsee: Auch andere Kommunen in Schleswig-Holstein vom Urteil betroffen
Die entsprechenden Satzungen in Schleswig-Holstein seien vergleichbar und voraussichtlich allesamt anfechtbar, sagte der Verbandschef. Laut Blažek sollten Kommunen von der Zweitwohnungssteuer absehen. „Für eine angebliche Gerechtigkeit wird hoher bürokratischer Aufwand betrieben, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.“
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Eigentümer von Zweitwohnungen zahlten bereits Grundsteuer und trügen durch Konsum und zum Beispiel durch Instandsetzung der Immobilien zur Wertschöpfung vor Ort bei.