Kellenhusen. In Kellenhusen müssen Eigentümer nun deutlich mehr bezahlen. Das sorgt für Empörung. Kämmerer verteidigt die Bescheide.
Hannelore Nilsson ist empört. Sie besitzt in Kellenhusen an der Ostsee eine Zwei-Zimmer-Wohnung, für die sie jetzt kräftig Zweitwohnungssteuer bezahlen muss. Der Betrag ist seit 2018 um mehr als das Vierfache gestiegen. „Wie soll ich monatlich fast 300 Euro allein an Zweitwohnungssteuer bezahlen“, fragt die Abendblatt-Leserin aus Oststeinbek.
Die Steuer für Zweitwohnungen hat sich in vielen Orten an der Küste erheblich erhöht. Im Fall der 73-Jährigen fällt diese Erhöhung drastisch aus. Nilsson vermietet ihre 60 Quadratmeter große Wohnung in dem Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen (Baujahr 1996) nicht, sondern nutzt sie nach eigenen Angaben zusammen mit ihren drei Kindern und den sechs Enkelkindern. Sie hat die Wohnung von ihrer Mutter geerbt.
Ostsee: Steuer für Zweitwohnung in Kellenhusen massiv gestiegen
„Bis 2018 waren es 770,31 Euro im Jahr, ab dem Jahr 2019 1139,35 Euro und 2022 1519,10 Euro. Im neuen Bescheid vom 28. April 2023 wurde die Festsetzung der Steuer auf 3418,05 Euro ankündigt“, klagt die Eigentümerin. „Die können mich doch nicht so abzocken! Ist das nicht Wucher?“ Sie sei gern und regelmäßig in Kellenhusen, sagt die Rentnerin. Und sie zahle ja auch noch Grundsteuern, Kurabgabe und Steuern für alles, was sie dort einkaufe und konsumiere.
Olaf Giese, Kämmerer der Verwaltungsgemeinschaft Grömitz, Dahme, Grube und Kellenhusen, kann den Unmut verstehen, sagt aber: „Wir haben nicht die Steuern erhöht.“ Ein Bestandteil der Berechnung sei Grund für die höheren Kosten. „Der Bodenrichtwert hat sich erhöht“, so Giese. „Und der liegt nicht in unserer Hand. Bodenrichtwerte gehen derzeit leider nur in eine Richtung.“
Ostsee: Küstenorte legen Bodenrichtwert nicht selbst fest
Den Bodenrichtwert legt der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Ostholstein fest. Er ist ein wichtiger Anhaltspunkt bei der Wertermittlung von Grundstücken und Immobilienpreisen in einem bestimmten Gebiet. Grömitz sei für mehrere Gemeinden zuständig, sagt Giese. Und es gebe Bereiche, da seien diese Werte gesunken.
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Anders als etwa in Grömitz, wo in weiter hinten liegenden Ortschaften die Bodenrichtwerte deutlich niedriger seien als vorn am Wasser, sei das in Kellenhusen nicht der Fall, sagt Kämmerer Giese: „Dort gibt es kein Vorder- und Hinterland.“ Hannelore Nilssons knapp 30 Jahre alte Wohnung liegt nicht einmal in erster Reihe am Wasser. „Es sind etwa 300 Meter zum Strand“, sagt sie. Aber die Immobilie liegt eben in Kellenhusen mit den hohen Bodenrichtwerten.
Steuer für Zweitwohnung: Einkommen spielt bei Berechnung keine Rolle
Dass das zu Härten führen kann, weiß auch Giese. Er gibt zu bedenken: „Da wird nicht besteuert, welches Einkommen jemand hat, sondern der Wert der Wohnung, wie groß sie ist, wo sie liegt und wie alt sie ist.“ Es gebe Menschen, die ihre Wohnung vor 50 Jahren für wahrscheinlich 40.000 Mark gekauft haben – und jemand daneben habe eine Wohnung vor einem halben Jahr für eine halbe Million Euro gekauft. „Die Steuer ist die gleiche.“ Derzeit gibt es in Kellenhusen mit seinen 1200 Einwohnern seinen Angaben zufolge 870 Zweitwohnungen.
Hannelore Nilsson hat Widerspruch gegen ihren Steuerbescheid eingelegt. Und damit ist sie nicht allein. Laut Giese sind in diesem Jahr „eine ganze Menge Widersprüche eingegangen“.