Flensburg/Kopenhagen. Seit Anfang April gilt hierzulande das neue Cannabisgesetz. Einigen Politikern im Nachbarland treibt dies Schweißperlen auf die Stirn.

Wird Deutschland nun zum dänischen Kiffer-Mekka? Dies scheinen zumindest einige Politiker in Dänemark zu befürchten. Während Cannabis hierzulande seit dem 1. April freigegeben ist, sind bei den nördlichen Nachbarn Besitz und Handel nach wie vor strafbar. In Danmarks Radio (DR) hat nun die rechtspolitische Sprecherin der konservativen Danmarks Demokraterne strengere Schritte gefordert, um einen möglichen Cannabis-Tourimus zu unterbinden.

Es könnte eine Beziehung werden, wie sie einst Deutschland und die Niederlande hatten: Vor allem junge Dänen könnten scharenweise in die Bundesrepublik pilgern, um hier Cannabis zu rauchen – und vor allem, um sich mit entsprechenden Produkten wie Joints einzudecken. Das ist zumindest die Sorge der Danmarks Demokraterne.

Dänemark befürchtet Cannabis-Tourismus nach Deutschland – was bedeutet das für die Grenze?

Betina Kastbjerg sitzt für die Partei als Sprecherin für Justizthemen im Kopenhagener Parlament. Vor wenigen Tagen verwies sie im dänischen Radio darauf, dass ohnehin schon viele ihrer Landsleute nach Schleswig-Holstein fahren, um dort beispielsweise Alkohol und Getränke günstig einzukaufen. Ähnliches sei auch zu erwarten, wenn in Deutschland bald legal Cannabis verkauft wird.

„Jetzt fahren wir über die Grenze und holen diese Dinge ab“, erklärte Kastbjerg. „Und dann können wir einfach etwas Haschisch mit nach Hause nehmen.“ Im Namen ihrer Partei fordert sie deshalb, die derzeit noch temporären Kontrollen an der deutsch-dänischen Grenze zum ständigen Zustand zu machen. Und sie müssten sogar noch verstärkt werden.

Cannabis-Freigabe könnte dazu führen, dass Dänen scharenweise nach Deutschland reisen

Im neuen Cannabis-Gesetz der Bundesregierung ist festgelegt, dass jeder Erwachsene fortan bis zu 25 Gramm der berauschenden Substanz besitzen darf. Zudem ist man berechtigt, bis zu drei Pflanzen für den Eigenkonsum anzubauen. Ab dem 1. Juli sollen dann die ersten Cannabis Social Clubs folgen, in denen man auch Produkte legal kaufen darf.

Erst in Deutschland einkaufen und dann noch einen Joint besorgen? Dänische Politiker fürchten, dass es bald Cannabis-Tourismus geben könnte.
Erst in Deutschland einkaufen und dann noch einen Joint besorgen? Dänische Politiker fürchten, dass es bald Cannabis-Tourismus geben könnte. © dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Doch dort soll das Gras nicht frei an jedermann verkauft werden. Man muss Mitglied im Cannabis-Club sein und bestimmte Auflagen erfüllen. Das beruhigt Kastbjerg nicht. Sie geht davon aus, dass viele junge Menschen die Freigabe nutzen würden, um sich in Deutschland mit Cannabis einzudecken – und das dann nach Dänemark bringen.

Danmarks Demokraterne: Bekiffte Deutsche könnten in Dänemark Unfälle verursachen

Und nicht nur das. Die rechtspolitische Sprecherin sieht auch im Verkehr aus dem Süden eine Gefahr. Konkret fürchtet sie, dass unter Cannabis-Einfluss stehende Deutsche auf dänischem Boden Unfälle verursachen könnten. Auch dies, so die Forderung, solle verstärkt kontrolliert werden.

Tatsächlich gibt es an der rund 76 Kilometer langen Grenze einen regen Pendler- und Einkaufsverkehr. Die zeitweisen Grenzkontrollen der Einwanderungskontrollabteilung der dänischen Polizei (Udlændingskontrolafdeling/UKA) haben vor allem den Zweck, die Migration zu regulieren und die Einreise von Gefährdern zu verhindern. Erst im Oktober waren sie erneut verlängert worden.

Bundespolizei in Flensburg stellt nach Cannabis-Freigabe keine Auffälligkeiten fest

Im dänischen Radio kam auch Bjørn Brandenborg zu Wort, der rechtspolitische Sprecher der Regierungspartei Socialdemokraterne von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Ihn beunruhigten die Lockerungen in Deutschland nicht. Die Polizei wisse Bescheid, sagte er. Nichtsdestotrotz befürworte seine Partei ebenfalls die Grenzkontrollen.

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Auf deutscher Seite gibt es derzeit keinerlei Grenzkontrollen. Nur stichprobenartig, in Form einer sogenannten Schleierfahndung, werden Grenzgänger von der Bundespolizei kontrolliert, bestätigte ein Sprecher der Inspektion Flensburg dem Abendblatt. Dass es in den vergangenen Tagen vermehrt Drogenfunde gab, habe man nicht festgestellt. Allerdings gibt es das Gras auch in Deutschland noch nicht legal zu kaufen – und die legalen Pflanzen dürften noch zu jung sein.