Buchholz/Nordheide. Kiffer-Pärchen will mit neuem Verein Marihuana in Buchholz anbauen. Woher die beiden ihr reichhaltiges Wissen haben und was sie planen.
- Seit dem 1. April ist der Besitz von Cannabis in Deutschland im Rahmen gewisser Regeln legal
- Außerdem erlaubt ist per Gesetz der „nicht-gewerbliche Eigenanbau von Cannabis in Anbauvereinigungen“
- Doch dafür braucht es Wissen und Erfahrung – wir haben zwei Hanf-Experten in der Nordheide besucht
Am 1. April ist das besonders unter Kiffern sehnlichst erwartete Cannabis Legalisierungsgesetz in Deutschland in Kraft getreten – lange wurde auf politischer Ebene darum gerungen. Doch wie gehen Cannabis-Fans im Norden mit der neuen Freiheit um? Wir haben uns beim Verein Cannabis Social Club Nordheide umgehört, was das Gesetz für die Community bedeutet und welche Pläne der Verein verfolgt.
Hanf-Experten aus der Nordheide: „Master of Cannabis“ haben große Pläne
Bereits im März 2023, also kurz nach Vorlage des ersten Eckpunktepapiers zum neuen Gesetz, wurde in Buchholz der Verein Cannabis Social Club Nordheide gegründet. Seither arbeiten die Mitglieder fleißig an Möglichkeiten, den nicht-kommerziellen Anbau von Marihuana und die Ausgabe im Landkreis Harburg zu organisieren. Dabei steht für den Verein, der sich regelmäßig im Buchholzer BahnhofsCaFeé trifft, stets der soziale Aspekt im Fokus seiner Arbeit.
Über 30 Vereinsmitglieder und 250 Personen auf der Warteliste, zeugen davon, dass es ein großes Interesse an der Legalisierung und privaten Nutzung von Cannabis gibt. Gemeinsam mit zwölf weiteren CSC‘s aus ganz Deutschland habe man sich in einem unkommerziellen und sozial engagierten Dachverband als Interessenvertretung den Cannabis Anbauvereinigungen Deutschlands organisiert.
Viele Menschen aus der Kiffer-Community fühlten sich verfolgt
Viele Kiffer hätten sich in der Vergangenheit wegen des Rauschmittels verstecken müssen. Wagten sie sich aus der Deckung der heimischen Räume oder wurden sie gar beim Kiffen erwischt, seien sie mit den Repressionen des Rechtsstaates überzogen worden. Dieses Vorgehen blieb nicht folgenlos – viele Menschen aus der Community fühlten sich verfolgt und wurden mit teilweise erheblichen Strafen belegt.
„Ich musste am eigenen Leib erfahren, wie krass ausgesiebt und verfolgt wurde. Beim letzten Hurricane-Festival musste ich mich nackt ausziehen und wurde durchsucht, nur weil ich vorher gekifft und ein Drogenspürhund offenbar den Geruch an meiner Hand wahrgenommen hatte. Dabei hatte ich gar nichts mehr dabei“, schildert Johanna Rolf (34) aus dem Anbauteam des CSC Nordheide ihren Erfahrungen. „Damit ist jetzt hoffentlich Schluss und der erste positive Effekt des Gesetzes erreicht.“
Wer nur gelegentlich kifft, erkennt Qualitätsmängel nicht, warnen die Hanf-Experten
„Im einem zweiten Schritt, ist es meiner Meinung nach wichtig, dass gerade die Gelegenheitskonsumenten vom Schwarzmarkt wegkommen. Diese haben meist wenig Erfahrung und kaum Produktkenntnisse und übersehen so eventuell sogar offensichtliche Qualitätsmängel“, ergänzt der Vereinsvorsitzende Joel Grospitz (31). Daher sei der Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen in den eigenen vier Wänden eine gute und schnelle Hilfe. Denn bis die ersten Anbauvereine ihre Pläne umsetzen können, werden voraussichtlich noch Monate vergehen.
Um das Gesetz wurde bis zum Ende gerungen. „Viele Aspekte, die für uns wichtig sind, wurden noch aus dem Gesetz gestrichen. Zum Beispiel die Aufklärungsarbeit und die soziale Komponente der Vereine. Es war uns wichtig, allen Menschen einen Zugang zu gutem Cannabis zu organisieren“, doch das sei zuletzt noch eingedampft worden, kritisiert Grospitz. Die Argumente seien dabei immer die Gleichen.
Man müsse Menschen, die bisher noch keinen Kontakt zu Marihuana hatten, etwa Jungerwachsene und Neugierige, vor dem Rauschmittel schützen. „Das ist Nonsens“, so der Vereinsvorsitzende, „gekifft wurde schon immer“. Aber wenn man erreichen möchte, „dass die Menschen sich nicht mehr auf dem Schwarzmarkt versorgen, dann muss man Zugänge zum legalen Markt schaffen. Wir haben also noch viel Arbeit vor uns“, erklärt er.
Geplant ist, mit 250 Mitgliedern zu starten
Die Mitglieder des CSC Nordheide wollen gemeinsam mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern diese Arbeit auf sich nehmen. Die Zusammensetzung der Mitgliedsliste erstreckt sich dabei über die gesamte Gesellschaft. „Es ist schon interessant zu beobachten, wer sich jetzt aus der Deckung wagt. Wir haben Lehrerinnen, Steuerprüfer und Rechtsanwälte, die bereits Mitglieder sind oder auf der Warteliste stehen, lediglich ein Polizist oder eine Polizistin fehlt uns noch, andere Clubs haben aber schon welche aufgenommen“, erklärt Grospitz.
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„Unser Plan ist es, mit 250 Mitgliedern zu starten – wenn wir wollten, könnten wir zum Anbaustart auch die maximalen 500 Mitglieder erreichen“, erzählt Johanna Rolf. Der Verein wolle zunächst langsam wachsen und sich zusätzlich zur Kernaufgabe – dem Anbau von Cannabis – nicht übermäßig mit der Mitgliederverwaltung beschäftigen.
Wann der Anbau starten kann, sei noch ungewiss. Zudem seien eine Menge Auflagen zu erfüllen. Man müsse die Verlässlichkeit des Vereinsvorstandes sowie Sachkunde nachweisen. „Im Juli sollen aller Voraussicht nach die Anträge für die Anbau- und Ausgabelizenzen gestellt werden können, dann wird es noch zwei oder drei Monate dauern, bis wir starten können“, sagt Grospitz und klingt zuversichtlich.
Im Umkreis von 200 Metern darf sich keine Jugend- oder Sporteinrichtung befinden
Die passende Anbauimmobilie wurde in den vergangenen Tagen bereits gefunden und zugesagt. Wo demnächst Cannabis angebaut werden wird, möchte man nicht genau verraten, aber es sei eine Immobilie südlich von Harburg in Seevetal.
Die Halle eigne sich perfekt, sie sei bereits vorher für die landwirtschaftliche Produktion genutzt worden. Eine geeignete Ausgabestelle, suche man hingegen noch. „Schön wäre es, wenn sie möglichst zentral in Buchholz gelegen sei, besonders groß müsse sie nicht sein, aber die gesetzlichen Auflagen erfüllen“, erklärt Johanna Rolf.
Damit Cannabis ausgegeben und konsumiert werden darf, muss die Räumlichkeit für Jugendliche unzugänglich sein, es muss einen abschließbaren Lagerraum geben und es darf sich im Umkreis von 200 Metern keine Jugend- oder Sporteinrichtung befinden. „In der Großstadt ein Problem, wir sind aber sicher, hier etwas Passendes zu finden. Über Angebote sind wir aber trotzdem dankbar“, so Rolf.
Anbauexperten für Marihuana: Abschlüsse von der Cannabis Training University in Denver
Kurze Wege, sowie ökologischer und natürlicher Anbau seien den Buchholzer Cannabis-Bauern in spe besonders wichtig. „Wir wollen ein naturbelassenes Produkt anbieten“, erklärt die Anbauexpertin Johanna Rolf. „Im Unterschied zum Marihuana vom Schwarzmarkt wollen wir
keine chemischen Dünger einsetzen
, echte Erde für den Anbau nutzen und eine rein organische Schädlingsprävention betreiben. Dafür wird es einer besonderen Sortenauswahl bedürfen“, sagt die Expertin mit dem grünen Daumen.
Durch die Naturbelassenheit würden die Pflanzen nach dem Ernten und Trocknen viel aromatischer schmecken. Um ihr Ziel zu erreichen, haben sich die Mitglieder im Selbststudium weitergebildet, viele Bücher gewälzt und sogar Online-Studiengänge auf der „Cannabis Training University“ in Denver absolviert und Abschlüsse zum „Master of Cannabis“ gemacht.
Interessierte seien herzlich eingeladen jeden ersten und dritten Freitag zum Stammtisch des CSC Nordheide zu kommen und sich einzubringen. Die Treffen finden ab 19 Uhr im BahnhofsCaFeé am Buchholzer Bahnhof statt, um sich über Neuigkeiten und Wissenswertes rund um das Thema Cannabis auszutauschen.