Kiel. Kandidatenvorschlag sieht den ehemaligen Parteichef in Schleswig-Holstein überraschend weit hinten. Comeback-Versuch gescheitert?

Das politische Comeback Christian von Boettichers könnte beendet sein, bevor es überhaupt losgegangen ist – jedenfalls wenn es nach dem Willen des schleswig-holsteinischen CDU-Landesvorstands geht.

Von Boetticher, ehemaliger Parteichef und Spitzenkandidat der Landes-CDU, will im kommenden Jahr zum zweiten Mal nach 1999 wieder für die Union ins Europaparlament einziehen. Nur fehlt ihm bei seinem via Zeitungsinterview angekündigten Comeback-Versuch die Unterstützung des Landesvorstands um den Vorsitzenden Daniel Günther. Entscheiden wird endgültig eine Landesdelegiertenversammlung in der kommenden Woche.

CDU Schleswig-Holstein macht Kandidatenvorschlag – von Boetticher überraschend weit hinten

Dieser Landesvorstand hat am Montagabend einen Kandidatenvorschlag für das Treffen der Delegierten gemacht. Demnach soll nicht Christian von Boetticher, sondern Amtsinhaber Niclas Herbst wieder auf Platz 1 der CDU-Liste kandidieren. Herbst, nominiert von gleich mehreren Kreisverbänden, der Nachwuchsorganisation JU und der Mittelstandsvereinigung, gilt anders als von Boetticher als Vertrauter Günthers. Ministerpräsident Daniel Günther äußert sich auf Anfrage zum Kandidatenvorschlag so: „Wir nominieren mit Niclas Herbst einen leidenschaftlichen Europäer, der sich für unser Schleswig-Holstein in Brüssel einsetzt.“

Für von Boetticher, den langjährigen und 2022 ausgeschiedenen Geschäftsführer des Lebensmittelherstellers Peter Kölln („Köllnflocken“), hatte der CDU-Vorstand schließlich nur Platz 3 übrig. Dazu muss man wissen: In der Regel schickt die schleswig-holsteinische CDU einen Abgeordneten ins EU-Parlament. Nur ein einziges Mal bislang war das Ergebnis der Union so herausragend, dass es für einen zweiten Abgeordneten reichte – das war 1999, und der Kandidat hieß Christian von Boetticher.

Christian von Boetticher gibt sich selbstbewusst: „Leidenschaft und Siegeswillen nötig“

Der wird sich jetzt nicht mit dem aussichtslosen Platz 3 der Landesliste zufriedengeben. Und so kommt es beim Landesdelegiertentag in Neumünster zur Kampfabstimmung zwischen Herbst und von Boetticher. Wird das Votum auch zu einem Denkzettel für den im Land beliebten Ministerpräsidenten Daniel Günther? Hier der Günther-Vertraute Niclas Herbst, da der eher konservative Christian von Boetticher. In der mit den Grünen koalierenden CDU rumorte es zuletzt hörbar. Nicht zuletzt als Eingeständnis an seine Partei räumte Günther erst vor einigen Tagen den von größeren Teilen der CDU abgelehnten grünen Traum von einem Nationalpark Ostsee ab – mitten im noch laufenden Konsultationsverfahren.

Christian von Boetticher gibt sich trotz des Votums kämpferisch. „Ich hatte nicht erwartet, vom Landesvorstand für Platz 1 nominiert zu werden, wenn Daniel Günther einen anderen Vorschlag macht“, sagte er im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Er tritt selbstbewusst gegen Herbst an. „Für den Wahlkampf sind Erfahrung, Leidenschaft und Siegeswillen nötig. Das bringe ich mit“, sagte der 52-Jährige. „Selbst wenn ich verlieren sollte, werde ich mich im Europawahlkampf engagieren – wie in den letzten 35 Jahren auch.“

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Während von Boetticher hofft, die 245 Delegierten von sich als Spitzenkandidaten überzeugen zu können, erzählt man sich in CDU-Kreisen, sein Ziel sei ein „achtbares Abstimmungsergebnis“ – um sich so als möglicher neuer Bundestagskandidat der CDU ins Gespräch zu bringen.

Auf Platz 2 der Kandidatenliste setzte der Landesvorstand übrigens mit Hannah Wadephul eine 28 Jahre junge, unbekannte Juristin. Die JU-Frau ist die Tochter des einflussreichen Außenpolitikers und Bundestagsabgeordneten Johann Wadephul.