Ob Schienenausbau oder Straßenerhalt: Die Verkehrspolitik im Norden kommt nicht voran, kritisiert Ex-Minister Bernd Buchholz.
Gut ausgebaute Radwege, ein modernes Schienennetz, Autobahnen und Straßen ohne Schlaglöcher – eine moderne Infrastruktur ist der Garant für die Mobilität der Menschen und die wirtschaftliche Prosperität eines Landes. Gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein hat dabei jeder Verkehrsträger seine besondere Bedeutung.
In den vergangenen Jahren haben wir die Sanierung der Landesstraßen auf neue Füße gestellt und die Investitionen fast verdreifacht. Radwege wurden saniert und ausgebaut, Schienenprojekte geplant und vorangetrieben. Aber es gibt weiterhin viel zu tun – etwa mit dem Weiterbau der A 20, der festen Fehmarnbeltquerung oder dem Erhalt des Straßennetzes. Auch der Ausbau der Schiene wäre wichtig.
Schleswig-Holstein: Bernd Buchholz kritisiert Landesregierung für Mutlosigkeit
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie mitunter mühselig dieses Thema sein kann – gerade, wenn es um den Austausch mit der Deutschen Bahn geht. Doch Politik muss bereit sein, diese Mühe auf sich zu nehmen. Nur so lässt sich im Land etwas bewegen. Seit gut einem Jahr bewegt sich in Schleswig-Holsteins Verkehrspolitik aber leider nur noch sehr wenig.
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Die neue Landesregierung hat in vielen Bereichen die Luft rausgelassen – es fehlt der Druck hinter wichtigen Projekten. Das gilt besonders da, wo die DB AG die Planungen vorantreiben müsste. Die Hinterlandanbindung der Fehmarnbeltquerung mit dem Tunnel unter dem Fehmarnsund droht ein Desaster zu werden. Bis heute gibt es keine fertige Planungsunterlage zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens. Das Verfahren selbst dürfte mindestens drei Jahre dauern. Nehmen wir für den Tunnel eine Bauzeit von sechs bis acht Jahren an, dann führte Jahre nach Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung das Nadelöhr der alten Sundbrücke noch immer zum Dauerstau. Doch statt alle drei Wochen im DB-Tower nachzuhaken, heißt es aus dem Verkehrsministerium nur, man verlasse sich auf die Zusagen der DB. Das war schon beim Desaster um die Schleibrücke in Lindaunis falsch.
Schleswig-Holstein: Land stehe vor enormen Herausforderungen
Zweifelsohne steht das Land vor enormen Herausforderungen: Die Energie- und Baukosten sind gestiegen. Die Haushaltslage ist nicht rosig. Aber die Antwort darf nicht Untätigkeit sein. Im Gegenteil: Gerade jetzt bräuchte es Dynamik und klare Schwerpunktsetzung in der Verkehrspolitik. Stattdessen hat die Landesregierung beispielsweise bei der Sanierung der Landstraßen sogar einen Gang runtergeschaltet. Doch wenn Baukosten steigen und sich Straßen in einem schlechteren Zustand befinden als ursprünglich angenommen, muss das Land mehr Geld in die Hand nehmen, um einen Sanierungsstau zu verhindern.
Das ist die logische Konsequenz. Schließlich lässt sich heute mit 90 Millionen Euro weniger erreichen als vor fünf Jahren. Doch was macht die Landesregierung? Sie belässt alles beim Alten und träumt von sinkenden Kosten. Teile der Koalition schlagen sogar eine Kürzung des Budgets vor.
Bernd Buchholz: „Es lässt sich nicht alles versprechen und am Ende nichts umsetzen“
Mit dem Nahverkehrsplan verfügt das Land seit Ende 2021 über eine Auflistung und Priorisierung wichtiger Bahnprojekte. Schon damals war klar, dass nicht alle Vorhaben ausfinanziert sind. Auch hier schlagen die Kosten durch. Umso wichtiger wäre es, dass die Regierung Kassensturz macht und sagt, welche Vorhaben sie angeht. Es lässt sich nicht alles versprechen und am Ende nichts umsetzen, weil sich die Prioritäten ständig verändern. Es reicht auch nicht, immer nur nach Berlin zu zeigen.
Wo ist das Engagement der Landesregierung für einen beschleunigten Bau der S 4 West, um das Nadelöhr zwischen Pinneberg und Elmshorn zu beseitigen? Wieso geht die Regierung bei der Elektrifizierung der Marschbahn keine neuen Wege und verzichtet – wo möglich – auf komplexe Planfeststellungsverfahren? Stattdessen regiert die Mutlosigkeit. CDU und Grüne bezeichnen sich gerne als Infrastrukturkoalition. Als Beleg werden zusätzliche Mittel für Radwege angeführt. Der Ausbau des Radverkehrs ist zweifelsohne wichtig in einem touristisch geprägten Land. Aber das allein ist zu wenig. Schleswig-Holstein kann mehr, braucht mehr und hat mehr verdient.