Lauenburg. Julie von Bismarck kämpft für das Wohl der Tiere – denn bei der Reiterei laufe viel schief. Was sie außerdem schützen möchte.
Tee aus Huflattich bei Pferdehusten, das empfiehlt Julie von Bismarck der Reiterin, die hier im Stall im Lauenburgischen mit ihrem Schimmel auf sie zukommt und mal kurz um Rat fragt. Julie von Bismarck gibt nicht nur nebenbei Tipps in der Stallgasse, sie ist eine weltweit anerkannte Pferdeexpertin, hat Bücher über diese sensiblen Tiere, den passenden Umgang mit ihnen und übers Reiten geschrieben.
Jetzt ist die Frau mit dem berühmten Nachnamen, die aus Hamburg stammt, nach vier Jahren in Südafrika zurückgekommen nach Norddeutschland.
Julie von Bismarck aus Schleswig-Holstein gibt Tipps fürs Reiten
Als Pferdeexpertin, Dozentin und Autorin ist sie gefragt. Zuletzt erschien der zweite Teil von „Mit dem Pferd statt auf dem Pferd“. 19.000 Menschen folgen ihr auf Instagram, 37.000 auf Facebook – Julie von Bismarck ist für viele Reiterinnen und Reiter eine wichtige Stimme und Ratgeberin. Weltweit. Sie ist eine, der das Wohl der Tiere am wichtigsten ist.
Die Urururgroßnichte von Otto von Bismarck, dem „Eisernen Kanzler“, setzt sich für ein Umdenken in der Reiterei ein – gibt Tipps in Lehrgängen, sieben Bücher über Pferde hat sie verfasst, eines über ihren Kinderwunsch.
Immer geht es der ausgebildeten Pferdeosteopathin mit weiterem Schwerpunkt Akupunktur um das Ganzheitliche. Denn bei ihrer Arbeit am Pferd hat sie so immer wieder gesehen, was schiefläuft in der Reiterei. „Ich musste häufig reparieren, was die Halter verkehrt machen.“
Pferde-Expertin: „Richtiges Reiten kann man nicht durch YouTube-Videos lernen“
Und sie erklärt, wie man richtig reitet: „Das kann man eben nicht durch YouTube-Videos lernen.“ Worauf es ankommt: „Das ist die Liebe zum Pferd, Freundlichkeit und darum, sich die reiterlichen Fähigkeiten beibringen zu lassen, um das Pferd nicht zu stören. Es braucht Fitness, Körpergefühl und Einfühlungsvermögen.“
Das bedeutet auch: eben nicht am Zügel hängen und sich daran festhalten. „Man sollte ein Pferd eigentlich mit Gedanken reiten können, indem man denkt und dadurch den Körper so verändert, dass das Pferd darauf reagiert.“
Bismarck-Nachfahrin: „Pferde passen ihren Herzschlag dem des Reiters an“
Klingt unmöglich? Ist es aber nicht. Denn: Pferde sind feinfühlige Wesen, die jede Gefühlslage ihres Reiters spüren, sagt Julie von Bismarck. „Sie passen sogar ihren Herzschlag dem des Reiters an und reagieren auf jede winzige Stimmung.“ Reiter können also sehr viel falsch machen. Wenn man Pferde falsch behandelt, kann sich das beim Tier nicht nur psychisch auswirken, sondern auch körperlich.
Dabei erfindet Julie von Bismarck die Reiterei nicht neu, sondern besinnt sich auf alte Werte zum Wohl der Tiere. Diese hat sie auf dem Hof ihrer Großmutter in der Lüneburger Heide kennengelernt. Sie gelten noch heute – nicht nur in Bezug auf die Reiterei, sondern als genereller Wegweiser durchs Leben.
Julie von Bismarck lernte Reiten bei ihrer Großmutter
Von Pferden lernen heißt fürs Leben lernen. „Respekt, Arbeit an sich selbst, Konsequenz, Gelassenheit und Selbstbeherrschung – körperlich als auch emotional, darauf kommt es im Umgang mit Pferden an“, sagt Julie von Bismarck.
Bei ihrer Großmutter hat sie nicht nur das Reiten erlernt, sondern auch Disziplin, Freundlichkeit und Höflichkeit – Werte und Eigenschaften, die fürs Reiten und für die Gesellschaft ebenso wichtig sind.
Die strengen Regeln haben ihr geholfen, schreibt sie auf Instagram. „Gerade weil es streng war. Natürlich hat es auch genervt, aber überwiegend waren sie eine Art Wegweiser, der einen unterstützte, das Richtige zu tun.“
Pferde, Umweltschutz und Nachhaltigkeit liegen von Bismarck am Herzen
Das Richtige tun, sich engagieren – das möchte die 47-Jährige auch über die Reiterei hinaus. Sie ist eine, die immer unter Volldampf steht, Stillstand gibt es bei ihr nicht. Der Schutz der Umwelt und Nachhaltigkeit sind Themen, um die sie sich noch stärker kümmern möchte. Zwei Bücher zum Thema sind in Planung.
Ihr Vorbild ist die bekannte britische Verhaltensforscherin Jane Goodall, mit der sie inzwischen befreundet ist. Ihr hilft sie beim Fundraising. Sie schwärmt: „Sie ist mit beinahe 90 Jahren noch eine scharfsinnige und humorvolle Frau und ständig unterwegs.“
Pferdworkshop: So setzt sich Julie von Bismarck für Hamburger Kinder ein
Julie von Bismarck unterstützt Artenschutz- und Wiederaufforstungsprojekte. Und mit der Burger-Kette Peter Pane organisiert sie in den kommenden Herbstferien einen Pferde-Workshop für Kinder der Hamburger Arche. „Ich finde es wichtig, dass Unternehmer Verantwortung übernehmen und Vorreiter sein müssen beim Thema Nachhaltigkeit.“
Peter-Pane-Chef Patrick Junge sei so einer. „Er pflanzt jedes Jahr mehr als 100.000 neue Bäume, sät Blumenwiesen für die Bienen und kümmert sich mit ,Peter hilft’ um Kinderprojekte.“
Julie von Bismarck lebte mit 14 Jahren auf Rinderfarm in Namibia
Schon in ihrer Kindheit spielte der Schutz der Natur eine große Rolle. Denn wer bei Eltern aufwächst, die in Brokdorf gegen Atomkraft protestiert haben, entwickelt wohl zwangsläufig ein Gefühl für den Umweltschutz und vielleicht auch dafür, für eine Sache einzustehen, lernt, selbstbewusst zu sein.
Immerhin ist die ehemalige Waldorfschülerin mit gerade einmal 14 Jahren von Hamburg nach Namibia in Afrika gegangen, hat dort bei einer Gastfamilie auf einer Farm Pferde eingeritten und Rinder getrieben.
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Wie so viele andere schwärmt auch Julie von Bismarck von dem Kontinent: „Vielleicht ist es so faszinierend, weil es die Wiege der Menschheit ist, das berührt. Genau wie der Himmel, die Landschaft und die Weite.“ Vier Jahre hat sie in Südafrika gelebt.
Julie von Bismarck wohnt an der Ostsee, ist regelmäßig in Hamburg
Doch aufwachsen und zur Schule gehen soll ihre fünfjährige Tochter in Norddeutschland. „In Südafrika sitzen die Kinder außerhalb der Schule mangels Alternative häufig vor dem iPad oder dem Fernseher, das ist nicht mein Ansatz.“
Aktuell wohnt sie an der Ostsee, ist regelmäßig in Hamburg und möchte aber, dass ihre Tochter ländlich aufwächst. „Ich suche einen Hof im östlichen Hamburger Umland. Falls jemand etwas weiß ...“, sagt sie und lacht.