Neumünster. 400 Menschen, darunter Olaf Scholz, Peter Tschentscher und Daniel Günther, kamen zu einer bewegenden Andacht nach Neumünster.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) traf am Sonntag um kurz vor 14 Uhr an der Vicelinkirche in Neumünster in einer dunklen Limousine mit Begleitfahrzeug ein und wurde von Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU), Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt und dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße begrüßt. Die evangelische und die katholische Kirche hatten zum Gedenken an die Opfer der tödlichen Messerattacke in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg, die sich am 25. Januar ereignete, zu einem ökumenischen Gottesdienst in die Vicelinkirche eingeladen. Es kamen rund 400 Menschen.
Messerattacke in Brokstedt: Fassungslosigkeit bei Trauergottesdienst für die Opfer
In Neumünster hatten die bei dem Verbrechen Getöteten – die 17-jährige Ann-Marie und der 19-jährige Danny – die Berufsschule besucht. Der mutmaßliche Täter Ibrahim A., ein 33 Jahre alter Palästinenser, sitzt in Untersuchungshaft wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen. Bei dem Messerangriff waren insgesamt fünf Menschen verletzt worden, drei davon lebensgefährlich. Die Verletzten sind laut Polizei allesamt auf dem Weg der Besserung.
„Hier sind wir erschrocken und fassungslos vor Schmerz, mit einem Riss im Herzen“, sagte Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt zur Eröffnung des Gottesdienstes.
In seiner Predigt sprach Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland von einer „abgrundtiefen Trauer. Die Mitreisenden tragen schreckliche Bilder in sich. Es ist wichtig und gut, dass wir heute hier zusammen sind. Um Halt und Trost zu suchen, unsere Klage im Gebet vor Gott zu bringen und unser Herz auszuschütten mit allem, was uns bewegt.“ Magaard sagte weiter. „Lasst uns heute gemeinsam traurig sein. Lasst uns gemeinsam hoffen, dass die Verletzten wieder heil werden. Lasst uns gemeinsam alles dafür tun, dass sich eine solche Tat nicht wiederholt. Lasst uns gemeinsam dafür einstehen, dass Liebe und Hoffnung stärker sind als Gewalt.“
Messerattacke in Brokstedt: "sinnlosen Gewalttat“
Das Vertrauen in eine sichere Alltagswelt habe Risse bekommen, sagte Magaard in seiner Predigt. Deshalb sei es wichtig und gut, den Schock und die Trauer „miteinander zu teilen, um uns gegenseitig beizustehen“. Vor gezielter Gewalt könne man sich nicht schützen. Das sei schwer zu ertragen, mache auch wütend und bringe das Grundvertrauen ins Wanken. Magaard: „Wir müssen das Unbegreifliche aushalten.“
Erzbischof Stefan Heße sprach von „einer sinnlosen Gewalttat“ und führte in seiner Predigt weiter aus. „So ein Gottesdienst macht nichts ungeschehen. Die Seelen von vielen Menschen werden noch lange wund sein. Aber das gemeinsame Gebet und das gemeinsame Gedenken trägt uns. Wenn, wie heute, ein ganzes Land trauert, dann stärken wir uns auch gegenseitig.“ Dieser Gottesdienst lebe von Zeichen, sagte der Erzbischof.
„Manchmal kann eine brennende Kerze und gemeinsames Schweigen mehr Trost spenden als viele Worte“, sagte der katholische Bischof. Er wies darauf hin, dass die Gesellschaft im Dialog bleiben müsse. Heße: „Deshalb haben wir heute auch besonders für den Zusammenhalt in den Städten und Dörfern gebetet. Damit wir gemeinsam Not und schwierige Situationen erkennen und gemeinsam an den Ursachen von Gewalt und der Gefährdung Dritter arbeiten.“
Zwei Personen müssen Gottesdienst verlassen
Im Mittelpunkt des Gottesdienstes wurden sieben Kerzen entzündet und so der Opfer, Verletzten und Angehörigen gedacht. Şeyda Sarıçam, stellvertretende Vorsitzende der Schura, trug ein Friedensgebet vor. Es kam während des Gottesdienstes auch zu zwei Zwischenfällen: Ein Mann stand während des Gottesdienstes von seinem Platz auf und hielt Zettel mit anklagenden Worten in die Höhe. Er wurde umgehend herausbegleitet. Einige Minuten später wurde auch eine Frau der Kirche verwiesen, die ebenfalls Zettel in die Höhe gehalten hatte.
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Unter den Gästen des Trauergottesdienstes waren unter anderen Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), Innensenator Andy Grote (SPD), zahlreiche Minister des schleswig-holsteinischen Kabinetts und Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz.
Bundeskanzler Scholz hatte am Morgen am Rande des schleswig-holsteinischen SPD-Landesparteitags in Husum gesagt: „Wir werden niemals akzeptieren, dass so etwas in unserem Land geschieht.“ Zwei junge Leute seien unschuldige Opfer einer völlig verrückten Tat geworden, so Scholz weiter.