Die Zahl der Übernachtungen im Norden lag im ersten Halbjahr höher als je zuvor. Dabei sticht eine Region besonders hervor.

  • Urlaub an Nordsee und Ostsee ist beliebt wie nie: Tourismus boomt
  • Noch nie gab es in Schleswig-Holstein so viele Übernachtungen im ersten Halbjahr wie in diesem Jahr
  • Dabei gibt es regionale Unterschiede: Zu den Topdestinationen gehören Sylt, Lübeck und St. Peter-Ording

Der Tourismus in Schleswig-Holstein boomt wie lange nicht mehr. Auf der Halbjahresbilanz-Pressekonferenz in Kiel stellte Tourismusminister Claus Ruhe Madsen gleich zu Beginn fest: „Wir haben deutlich bessere Zahlen als in den letzten Jahren vor dem Corona-bedingten Beherbergungsverbot und bessere Zahlen als in den Vorjahren und haben das beste Halbjahr, das wir jemals hatten.“

Noch nie gab es in Schleswig-Holstein so viele Übernachtungen im ersten Halbjahr wie in diesem Jahr. Genauer: Im ersten Halbjahr 2022 zählt das Bundesland 15,2 Millionen Übernachtungen. Das sind 4,4 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2019 (vor Corona).

Urlaub an Ostsee und Nordsee: Campingplätze und Ferienhäuser boomen

Besonderen Zuwachs gibt es in den Bereichen Camping und im Bereich der Ferienhausvermietung. Zwar kämen weniger Gäste, aber diese blieben länger, nämlich im Schnitt 4,1 Tage, das sind 0,4 Tage mehr als 2019.

Dabei gibt es regionale Unterschiede. So sind die Küsten traditionell besser besucht als das Binnenland. Madsen: „Die Küsten haben die Ausfälle durch Corona schneller aufgeholt als das Binnenland.“ 83 Prozent der Übernachtungen sind an Nord- und Ostsee sowie auf den Nordfriesischen Inseln.

Tourismus Schleswig-Holstein: Ex-Modellregion Kappeln/Schlei mit höchstem Zuwachs

Am attraktivsten ist für die Gäste mit 50 Prozent die Ostsee. Die Topdestinationen sind Sylt, Lübeck, St. Peter-Ording, Timmendorfer Strand, Grömitz, Büsum, Fehmarn, Kiel, Wenningstedt. Dann erst folgen Wyk auf Föhr, Scharbeutz, Heiligenhafen, Kappeln, Dahme und Schönberg. Kappeln und die Schleiregion haben dabei den höchsten Zuwachs. Grund: Kappeln war während Corona Modellregion und wurde den Menschen dadurch häufig erst bewusst.

Die Menschen, die gern in Schleswig-Holstein Urlaub machen, kommen überwiegend aus Nordrhein-Westfalen (28 Prozent), Niedersachsen (15 Prozent) und Hessen (13 Prozent), aber auch aus Schleswig-Holstein selbst mit sieben Prozent. Aus Hamburg kommen vier Prozent der Übernachtungsgäste. Urlauber aus dem Ausland kommen überwiegend aus Skandinavien (allen voran aus Dänemark mit 31 Prozent der Gäste), gefolgt von der Schweiz mit neun Prozent und Schweden mit acht Prozent.

Wirtschaftliche Unsicherheit lässt Winterbuchungen stocken

Aufatmen können die Betreiber der Jugendherbergen, die ja unter den Corona-Beschränkungen besonders gelitten haben. Die Schulen holen derzeit die versäumten Klassenfahrten verstärkt nach. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH: „Die Jugendherbergen holen auf und sind gerade bei Familien als günstige Unterkunftsmöglichkeit besonders beliebt.“

Insgesamt ist das Buchungsverhalten der Menschen für Herbst und Winter noch zurückhaltend. Gründe sind wirtschaftliche Unsicherheiten. Bettina Bunge: „Die Menschen wissen noch nicht, wie sich die Coronalage entwickelt und sie wissen noch nicht, wie ihr Portemonnaie am Ende des Jahres aussieht.“

Was beruhigend ist: „Die Reiselust, so sagen es Marktforscher, bleibt ungebremst“, sagt Bettina Bunge. „Aber die Menschen gucken genauer, wofür sie ihr Geld ausgeben.“

Ein Schwerpunkt der zukünftigen Ausrichtung des Tourismus wird in der Digitalisierung liegen. Die „Touristische Landesdatenbank Schleswig-Holstein“ soll weiter vernetzt und ausgebaut werden. „Gäste können auf einer Homepage oder einer Plattform Informationen suchen, dahinter liegt diese Landesdatenbank. Dort sind Restaurants, Sehenswürdigkeiten aufgelistet und 69.000 Veranstaltungen und Events. Die Gäste möchten die Informationen zentral abrufen können“, so Bunge. Die regionalen Tourismusorganisationen speisen ihre Daten in diese Landesdatenbank ein – so dass es für den Urlauber leichter wird sich zurechtzufinden.

Neuer Badestellenfinder soll Gästeströme lenken

Toll für Urlauber: Unter www.sh-badestellen.de können Gäste sich alle Badestellen in Schleswig-Holstein vorab auf dem Handy oder dem Rechner anschauen. Der Badestellenfinder zeigt eine Auswahl der schönsten Badestellen an den Küsten, Seen und Flüssen von der Nordsee- bis zu Ostseeküste sowie auf den Inseln im Norden. Bettina Bunge: „Wir versuchen ja, auch Werbung für die anderen Regionen außerhalb der Küsten zu machen. Da hilft der Badestellenfinder.“ Es sei wichtig, die Gästeströme auf die Saison zu verteilen und auch auf die unterschiedlichen Regionen. Auch, um einem Overtourismus entgegenzutreten.

Für Tourismusminister Claus Ruhe Madsen steht aber auch fest: „Tourismus bringt auch Infrastruktur in die Orte und Regionen, Gäste sichern Arbeitsplätze, und sie sind ein Zeichen dafür, dass wir in einem schönen Bundesland leben.“ Dennoch müsse die Natur geschützt werden, Nachhaltigkeit sei ein wichtiges Thema, auch für die Gäste, die in den Norden kommen. „Die Natur muss respektiert werden. Ein immer Mehr ist kein Ansatz. Wachstum ist nicht unendlich.“

Die Halbjahresbilanz 2022 verdeutliche, dass der "echte Norden" sich durchaus im Wettbewerb mit Reisezielen im In- und Ausland behaupten könne. Madsen: "Auf diesem Etappensieg dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Das nächste Rennen hat bereits begonnen; die Strecke ist steil und voller Unwägbarkeiten. Die Energiefrage, schnell steigende Preise, Arbeitskräftemangel – diese Sorgen belasten alle Menschen und können auch die Tourismusbranche in ihrer Dynamik ausbremsen.“