Kiel/Hannover. Die Branche fürchtet, dass die Gäste ausbleiben. Zudem könnten Hotels in kalten Wintermonaten mit einer Zwangspause rechnen.

Als wohl erstes und einziges Hotel im Norden verlegt das Hearts Hotel im Harz wegen der steigenden Energiekosten seine Küche nach draußen. Auch über spezielle Dusch­zeiten und Schließungen im Winter wird nachgedacht. Steigende Preise, weniger Gäste – und das inmitten der Ferienzeit. Es sind keine einfachen Zeiten für die Ferien- und Freizeitbranche. Wie einige Hotels im Norden die Energiekrise meistern wollen – eine Umfrage: Als Energiegroßverbraucher hat das Hearts Hotel in Braunlage mit einer besonderen Idee auf die steigenden Energiepreise reagiert: Bis Ende August wird die Abendküche nach draußen verlegt.

Gäste essen ab sofort in der sogenannten Outdoor Kitchen auf der großen Terrasse des Hotels – gekocht wird energiesparend auf einer speziellen Feuerstelle mit Buchenholz. Die Draußenküche soll ein erster kleiner Schritt sein, um die hohen Energiekosten zu senken: „Wir mussten irgendwie auf die aktuelle Situation der explodierenden Preise reagieren“, sagen die Hotelbetreiber Meik Lindberg und Ralph Hesse. „Lediglich der Smoker verbraucht noch minimal Strom – so können all unsere Speisen mit einem geringen Energiewert zubereitet werden.“

Hotels im Norden: "Abschalten vom Alltag" bleibt wichtig

Die Betreiber haben noch andere Szenarien im Kopf: Sollen Gäste etwa in Zukunft für ihren Energieverbrauch extra zahlen? „Eine Umlage der Verbräuche auf die Gäste ist ein viel diskutiertes Thema innerhalb des Teams. Duschen nur noch bis 22 Uhr oder maximale Zimmertemperaturen von 20 Grad“, so Lindberg. „Noch kurioser ist die Idee, die Zimmer zum Kaltpreis zu vermarkten und dann tagesaktuell einen Verbraucherzuschlag zu veranschlagen.“

Karsten Werner, Chef des StrandGut Resort in St. Peter-Ording, warnt davor, einen Wellness-Aufenthalt im Hotel wegen der hohen Energiepreise womöglich genauso anzuprangern wie Flugreisen. „Ich bin ziemlich sicher, dass auch in einer Krise ,Abschalten vom Alltag‘ wichtig ist und einen Besuch an der Nordsee auch bei steigenden Kosten sich immer noch viele erlauben könnten, aber durch die permanente Debatte bekommen wir so etwas wie ,flight shaming‘ auch mit Gas im Winter nach dem Motto: Du kannst doch nicht in ein Wellness -Wochenende fahren an der See, jetzt, wo wir alle Energie sparen sollen.“

„Der Deutsche liebt es, wenn man ihm Regeln gibt"

Das sei eine deutsche Besonderheit: „Der Deutsche liebt es, wenn man ihm Regeln gibt und das schlimmste Szenario aufzeigt. Der skandinavische Politiker würde an die Selbstverantwortung appellieren. Der amerikanische Politiker würde immer sagen: Macht euch keine Sorgen, das bekommen wir hin. Ich regele das für euch.“ Er sagte, er sehe schon die Deutschen im Winter frierend zu Hause, die Hotels geschlossen – und bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar schaue man zu, „wie Klimaanlagen die Temperatur von 40 Grad auf 20 Grad in Stadien runterregeln“.

Werners größte Sorge ist es, dass Hotels im Herbst und Winter womöglich wieder schließen müssen. „Es wird zu der gleichen Frage wie bei Corona kommen: Was ist systemrelevant? Unserer Meinung nach sind Kultur, Tourismus und Gastronomie gerade in Krisen systemrelevant zur Ablenkung. Aber ich befürchte, wir haben wieder mal keine Lobby, und ganz andere Branchen werden mit Gas eher versorgt.“

StrandGut hat eine Gasheizung

Und dennoch: „Die Problematik mit der Heizungsanlage ist auch für uns gravierend: Das StrandGut hat auch eine Gasheizung. Mittelfristig werden wir auf nachhaltige Energie umstellen, aber kurzfristig geht das nicht.“ Die höheren Kosten wird er nicht auf seine Gäste übertragen. „Davon halte ich nichts. Du musst eine gute Kalkulation haben, dann wird die Marge eben geringer, aber ein Restaurantbesuch oder ein Hotelaufenthalt sollte pauschal weiter möglich sein. Ich sehe nicht, dass ein wirtschaftlicher Betrieb auch bei höheren Energiekosten nicht darstellbar ist.“

Gut kalkulierte Angebote mit hoher Nachfrage würden auch wirtschaftlich über den Winter kommen. Da sich die Zimmerpreise im StrandGut Resort nach der Nachfrage richten und diese niedriger sei als in den Jahren zuvor, rechnet Karsten Werner damit, dass die Zimmer im Herbst und Winter eher günstiger werden.

"Gästezufriedenheit immer im Fokus"

Ähnlich sieht das Karl J. Pojer, der Vorstandschef (CEO) Touristik der DSR Hotel Holding, zu der Häuser gehören wie das A-Rosa auf Sylt, das A-Rosa Travemünde, die aja-Hotels in Grömitz und Warnemünde, das Neptun in Warnemünde sowie das Henri und das Louis C. Jacob in Hamburg. Er bleibt gelassen und fühlt sich mit den Häusern gut vorbereitet. „Wir haben unsere Betriebszeiten schon immer der jeweiligen Jahreszeit und den regionalen Gegebenheiten angepasst (Außentemperaturen, Gästeaufkommen) und halten uns da auch klar an Empfehlungen und Vorgaben. Wir haben dabei jedoch immer die Gästezufriedenheit im Fokus.“

Bereits in den vergangenen Jahren wurden im Zuge einer Nachhaltigkeitsstrategie in den Hotels entsprechende energiesparende Maßnahmen ergriffen mit LED-Leuchten, Spitzenstromsteuerung und Beleuchtungskonzepten. Gäste werden zunächst nicht mehr zahlen müssen – weder für die Zimmer noch für Sauna und Pool. Weitere Erhöhungen der Zimmerpreise seien derzeit kein Thema. Denn: „Hier gilt es mit Augenmaß zu entscheiden und die Entwicklung der Kosten wie beispielsweise beim Einkauf von anderen Waren abzuwarten.“

Jens Sroka von Heimathafen Hotels (Beachmotel, Lighthouse Hotel&Spa, Bretterbude) macht sich Gedanken über die kommenden Monate. "In zwei von unseren fünf Hotels haben wir Gasheizungen, so dass wir hier vor Herausforderungen stehen, da wir nicht genau wissen ob der örtliche Zweckverband uns im Herbst/Winter weiter mit Gas beliefern kann."

Mobile Heizölöfen werden derzeit angeschafft, damit die Beherbergung der Gäste gewährleistet ist. "Wir rechnen mit zusätzlichen Kosten von knapp 100.000 Euro pro Hotel." Die erhöhten Kosten sollen nicht an die Gäste weitergegeben werden, "aber natürlich werden wir schauen, wie sich die ganze Situation weiter entwickeln wird."

Stimbekhof will an jeden Einzelnen appellieren

Björn Bohlen vom Stimbekhof in der Lüneburger Heide sagte: „Wir verfolgen die aktuellen Entwicklungen gen Herbst natürlich, werden aber keine konkreten Aktionen aus dem Affekt entscheiden und möchten auch keine Dinge vorschreiben – eher an jeden Einzelnen appellieren.“ So hätten die Stimbekhof-Gäste ohnehin schon ein Gefühl für den sorgsamen Umgang mit Ressourcen.

„Wir diskutieren Ansätze stets zusammen mit unserem Team und auch im Austausch mit dem regionalen Netzwerk, so haben wir einen guten Pool des Erfahrungs- und Gedankenaustausches. In diesen Zeiten müssen wir zusammenhalten, Hand in Hand als Gesellschaft agieren.“ So hätten die Stimbekhof-Macher, seitdem Bohlen und seine Mitstreiterinnen den Hof vor zwei Jahren übernommen haben, kontinuierlich auf die Energie und eine fortlaufende Optimierung geachtet.

Hoteldirektor kündigt steigende Zimmerpreise an

Kai Plesse, Hoteldirektor vom Atlantic Grand Hotel in Travemünde sagt: "In keinem Fall werden wir unseren Gästen extra Energiekosten-Zuschläge in Rechnung stellen oder pro Aufenthalt dazu buchen, auch werden wir keine „Kaltmiete“ pro Nacht bestätigen und dann die Nebenkosten während des Aufenthaltes aufbuchen. Vielmehr müssen wir im Vorfeld unsere Hausaufgaben machen und die Zimmerpreise generell in der Form anpassen, auch kurzfristig, um die gestiegenen Nebenkosten dort zu implementieren." Es sei absehbar, dass die Zimmerpreise in allen Saisonzeiten weiter steigen werden.

Hotels im Norden: „Wir wissen nicht, wie es weitergeht"

Ralph Hesse vom Hearts Hotel im Harz dagegen sieht die Lage kritisch: „Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Der Blick auf die Wintermonate sieht nicht rosig aus: Energielastige Bereiche wie etwa Hotels könnten in den kalten Wintermonaten mit einer Zwangspause rechnen. Fakt ist: Wenn die Energiepreise weiter so rapide steigen, ist der wirtschaftliche Betrieb im Winter nicht vorstellbar.“ Wie es nach dem Sommer wirklich weitergeht, bleibe abzuwarten.