Kiel. Der Parteivorstand um Daniel Günther entscheidet über die Frage, mit wem im Norden verhandelt wird. Ausgang offen.

Die Neuauflage einer Regierung von CDU, Grünen und FDP ist gescheitert, die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein Geschichte. Aus drei werden zwei: Heute entscheidet der Landesvorstand der Nord-CDU, mit welcher Partei man jetzt Zwiegespräche führt. Theoretisch möglich, aber komplett unwahrscheinlich: Es kommt zur Sondierung mit SPD oder SSW. Deutlich realistischer sind Verhandlungen mit FDP oder Grünen. Die CDU um ihren Vorsitzenden, Ministerpräsident Daniel Günther, hat die Qual der Wahl. Beide bisherigen Regierungspartner haben am Wochenende nochmals die CDU umworben.

„Wenn Daniel Günther die inhaltliche Arbeit von Jamaika fortsetzen will, ginge das mit der FDP in einer Koalition der Modernität und gesellschaftlichen Mitte“, sagte FDP-Chef Heiner Garg am Sonntag dem Abendblatt. Ein kleiner Parteitag der FDP hatte zuvor intensiv Wahlausgang und -folgen beraten und der CDU danach einstimmig ein Koalitionsangebot gemacht. „Die inhaltlichen Schnittmengen von FDP und CDU sind groß“, warb Garg.

Landtagswahl SH: FDP will Bildung im Land stärken

In den gestern von der FDP beschlossenen Eckpunkten dürfte jedenfalls kein No-Go für die CDU zu finden sein. So wollen die Freidemokraten die Bildung im Land stärken. Sie plädieren für einen Klimaschutz, der „auf Anreize setzt, die Kraft der Innovation nutzt, neue Arbeitsplätze und Wohlstand für alle schafft und Klimaneutralität erreicht“. Die FDP fordert die „konsequente Fortsetzung der Sanierung, der Modernisierung und des Ausbaus unserer Infrastruktur, wie Schienen, Straßen, Radwegenetze und Krankenhäuser.“ Auch keiner der weiteren Punkte (Stärkung von Polizei und Justiz, Mittelstandspolitik, Zuwanderung, solide Haushaltsführung) schreckt die CDU ab. Im Gegenteil.

Eine Regierung von CDU und FDP hätte im Landtag eine ordentliche Mehrheit – der CDU fehlt nur ein Sitz an der absoluten. Ein Bündnis aus CDU und Grünen käme sogar auf eine Zweidrittelmehrheit. Das würde bedeuten, auch ohne die Unterstützung einer weiteren Fraktion könnten CDU und Grüne zum Beispiel die Schuldenbremse aushebeln. Oder sie könnten Nothilfekredite, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie aufgenommen worden waren, „umlenken“ und damit andere Projekte finanzieren. In einer Koalition mit der FDP hätte die CDU diese Möglichkeit nicht.

Dreierrunde mit FDP ließ Jamaika-Pläne platzen

Das dürfte bei der Wahl des Koalitionspartners nicht unwichtig sein. Ein schwarz-grünes Bündnis würde auch dem Wunsch Daniel Günthers entsprechen, eine Koalition mit breitem gesellschaftliche Rückhalt zu bilden. Und nicht zuletzt würde die CDU so eine klassische Lagerbildung im Parlament verhindern – nämlich auf der einen Seite das bürgerliche Regierungslager und auf der andern die linken Widersacher mit der Oppositionsführerin Aminata Touré von den Grünen.

Die Co-Spitzenkandidatin aus dem grünen Wahlkampf war eine von vier Verhandlungsführerinnen ihrer Partei in den Sondierungsgesprächen nach der Wahl. Erst hatte es vergangene Woche eine Zweierrunde von CDU und Grünen gegeben, zwei Tage später dann eine Dreierrunde mit der FDP. Die hatte die Jamaika-Pläne platzen lassen.

"Wir stehen bereit für ein schwarz-grünes Bündnis"

Über die gescheiterte Neuauflage des Bündnisses hatte Touré, die bisherige Landtagsvizepräsidentin, dem Abend­blatt gesagt: „Wir haben als Grüne festgestellt, dass weder FDP noch Grüne eine Zukunft in Jamaika gesehen haben. Wir stehen bereit für ein schwarz-grünes Bündnis, denn die Sondierungen für dieses Zweierbündnis haben uns deutlich gezeigt, dass es funktionieren kann. Jetzt muss Daniel Günther entscheiden“, so Touré. „Wir sind definitiv bereit, Verantwortung zu übernehmen.“

Am Wochenende erneuerte Touré das Angebot der Grünen an die CDU: „Wir haben keinerlei Oppositionssehnsucht. Wir wollen sehr gerne mit der CDU die nächsten fünf Jahre in diesem Land gestalten.“ Das hat sie den „Kieler Nachrichten“ gesagt. Für die Grünen spreche, dass die Menschen in Schleswig-Holstein diesen hohe Kompetenz für eine der größten Aufgaben zusprächen: den Klimaschutz.

Landtagswahl SH: Soziale Gerechtigkeit zentrales Thema

„Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind die zentralen Themen. Eine lagerübergreifende Koalition wäre dieser Situation angemessen – zum Beispiel bei Themen wie Planungsbeschleunigung: diese hinzubekommen, aber immer auch den Naturschutz im Blick zu haben.“ Falls es aber nicht zu einer schwarz-grünen Koalition kommen sollte, werde ihre Partei die Oppositionsarbeit sehr ernst nehmen, kündigte Aminata Touré an.