Timmendorfer Strand. Die Ostsee neu entdecken. Letzter Teil: Timmendorfer Strand und Niendorf. Neue Hotels, Beachclub und Prominente bewahren Image.

Ein bisschen mondäner, manche nennen es auch Schickimicki, ist es am Timmendorfer Strand schon. Nicht umsonst heißt das Café am zentralen Marktplatz „Café Wichtig“. Das Café hat seinen Spitznamen längst zum Markenzeichen gemacht. „Sehen und gesehen werden, darum geht es hier“, sagt Tourismuschef Joachim Nitz, der gar nichts gegen dieses Klischee hat. Marketing eben.

Aber die Gemeinde Timmendorfer Strand an der Ostsee hat noch mehr zu bieten: Wer es etwas uriger und weniger nobel mag, geht in den Nachbarort Niendorf. Beide Ortsteile, die zu einem Feriengebiet gehören, haben sich über die Jahrzehnte gemausert. Nicht in einer Hauruck-Aktion mit aus dem Boden gestampften Hotels, sondern Schritt für Schritt.

Noch bis September: Der Aquapark am Timmendorfer Strand
Noch bis September: Der Aquapark am Timmendorfer Strand © Geneviève Wood | Geneviève Wood

Es ist 11 Uhr, mitten in der Woche und noch vor der Hauptferienzeit. Im „Café Wichtig“ sitzen die Besucher bereits auf der Terrasse. Von hier aus können sie das Geschehen in der Fußgängerzone verfolgen. Sie sehen eine Dame mit pinkfarbenem Pullover und Schoßhündchen flanieren. Vielleicht sehen sie Udo Lindenberg oder Finanzminister Olaf Scholz. Auch Peter Maffay und H.P. Baxxter („Scooter“) sind hier häufiger. Die Promidichte ist recht hoch, und vor wenigen Wochen stieg sie abermals an, als Hollywoodstar Nick Nolte im Barefoot Hotel von Til Schweiger residierte – während des Drehs für die amerikanische Version von „Honig im Kopf“. Ein bisschen Sylt können sie an der Lübecker Bucht durchaus bieten.

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Teehaus in der 
Ostsee:  Auch das ist 
Timmendorfer Strand
Ein japanisches Teehaus in der Ostsee: Auch das ist Timmendorfer Strand © picture alliance | dpa Picture-Alliance / Christian Ohde

Das gehört auch zum Image des Ortes. „Wer es stylish und urban mag, ist gern in Timmendorf, wer es familiärer, uriger mag, bevorzugt Niendorf“, sagt Joachim Nitz. Timmendorf ist zwar nicht richtig, ist aber kürzer als immer noch den Strand dabei zu nennen. Das vor einem Jahr eröffnete Barefoot Hotel von Schauspieler Til Schweiger und Mirko Stemmler hat den Ort noch weiter nach vorn gebracht. Das Besondere bei Hotelneubauten wie dem Barefoot oder dem Hotel Fontana direkt am Strand: „Es sind neue Hotelkonzepte an alt bewährten Standorten“, sagt Mirko Stemmler. Das heißt: Beide Häuser gab es schon lange, zum Teil seit 30 Jahren, die Gebäude wurden entkernt, erweitert oder neu gebaut. Stillstand gibt es nicht. Til Schweiger und Mirko Stemmler schmieden schon neue Pläne: Auf dem Grundstück neben dem Hotel wollen sie in zwei, drei Jahren Ferienwohnungen bauen – ebenfalls im Neu-England-Stil mit viel hellem Holz.

Füße in den Sand, Cocktail trinken

Das Strandhotel Fontana wird seit März 2017 in zweiter Generation von Julia und Sebastian Hamester fortgeführt. Familiär geht es dort zu, die Eltern von Sebastian Hamester bewohnen die oberste Etage des Hotels. Im Restaurant „Horizont“ ist Hotelier Sebastian Hamester gleichzeitig Küchenchef und verbindet nordische Küche mit asiatischen Elementen. Im Milchhäuschen, dem Strandbistro vor der Tür, gibt es zudem Unkomplizierteres wie Currywurst mit Pommes.

Viel erreicht haben sie am Timmendorfer Strand: Die Seeschlösschenbrücke mit japanischem Teehaus – Schleswig-Holsteins erstes Restaurant auf dem Wasser – wurde gebaut, die Promenade erneuert. Am Strand lädt die neue Buddelbar zum Chillen ein. Lässig einen Cocktail in der Hand, Füße in den Sand, mehr braucht es manchmal gar nicht. Die Lounge ist mit ihren weißen Möbeln aus Palettenholz und den dunkelgrauen Bezügen auf der Höhe der Zeit. Bei Regen schützt ein Zeltdach – der Blick auf die Ostsee beim Sundowner bleibt aber.

Timmendorfer Strand kommt gut an. Das zeigen die Tourismuszahlen: Kamen 2006 noch 175.635 Besucher mit fast einer Million Übernachtungen, stiegen diese Zahlen im vergangenen Jahr auf 1,6 Millionen Übernachtungen (323.000 Gäste). „Wir wachsen dabei besonders in der Vor- und der Nachsaison“, sagt Joachim Nitz. Fünf neue Hotels haben in den vergangenen Jahren eröffnet, mittlerweile hat die 8937-Einwohner-Gemeinde 40 Hotels. Die Zahl der Gästebetten blieb mit 12.000 relativ konstant.

Neu: der Aquapark

Timmendorfer Strand setzt neben modernen Hotels auch auf einen prallen Veranstaltungskalender und den Sport: Vom Fackelfest im Februar bis zu Konzerten am Strand im September – „hier ist das ganze Jahr über etwas los“, sagt Joachim Nitz. Beachpartys im Buddelclub gehören dazu.

Neu ist der Aquapark, der erst am vergangenen Dienstag neben der Maritim-Seebrücke eröffnet wurde – mit vielen Möglichkeiten zum Rutschen, Hangeln und Springen. Stolz ist der Tourismuschef auch auf den Sportstrand: Dort können Besucher unter anderem Beachhockey und -volleyball spielen. Ein Höhepunkt sind die „Stars am Strand“ in der Musik-Arena vom 7. bis 9. September mit Felix Jaehn, Roland Kaiser und Sarah Connor (Infos: www.stars-am-strand.de). Und Timmendorf will Hochzeitshochburg werden: Vor dem Standesamt können Brautpaare auf dem „Hochzeitshügel“ nach ihrer Trauung unter einem Segeldach an Holztischen zum Empfang laden. Neue Trauorte wie der Fischereihof am Hemmelsdorfer See oder die Hafeninformation sollen Heiraten mit Meerblick attraktiver machen.

Timmendorfs kleine, urige Schwester

Auch Timmendorfs kleine Schwester entwickelt sich weiter: Unter anderem wurde die Promenade erneuert. Im ehemaligen Strandkiosk „Bude 8“ hat Sternekoch Jens Haeberle ein Minirestaurant eröffnet. An der neuen Seebrücke mit Vorplatz haben sich Gastronomen niedergelassen. Die Seebrücke sieht von oben aus wie ein Fisch und soll an die Tradition des alten Fischerorts erinnern. Morgens kommen hier die Kutter rein und verkaufen ihren Fang (vor allem Dorsch) in kleinen Buden am Hafen. Hafenfeste, Strandkonzerte zum Mitmachen gibt es, außerdem ein Freiluftkino am kurtaxenfreien Strand. In Niendorf soll sich Traditionelles mit dem Modernen verbinden, und so ist das Seehus Lifestyle Hotel das erste Hotel am Wasser mit Wellnessbereich. Für beide Ortsteile gilt: Hauptattraktion bleibt ohnehin der 6,5 Kilometer lange Sandstrand.