Eckernförde. Die Ostsee neu entdecken. Serie, Teil 3: Im Seebad wird überall gebaut und eine Vision wahr: Urlaub für alle!
Nein, Eckernförde fällt einem wohl kaum zuerst ein, wenn man an Ostsee, Strand und Urlaub denkt. Grömitz, Timmendorf oder die schicken Seebäder im Osten – das sind dann schon eher naheliegende Ziele. Aber Eckernförde? Da denkt man vielleicht an Marine, an Kasernen und U-Boote, die nicht mehr fahren können. Ein Gedankensprung, der nicht ganz falsch ist – aber völlig danebenliegt. Jedenfalls wenn man heute diese kleine Stadt am Meer besucht, in der sich in den vergangenen zehn Jahren so viel getan hat.
Als Ostseebad hat Eckernförde enorm zugelegt in dieser Zeit. „Wir hatten da eine sehr dynamische Entwicklung“, sagt Stefan Borgmann, Geschäftsführer der städtischen Touristik & Marketing GmbH und nennt bei einem Vorgespräch schon einmal Zahlen: Vor zehn Jahren zählte die Stadt 126.000 Übernachtungsgäste pro Jahr, heute 240.000. Rund 1,4 Millionen Tagesgäste kamen vor einigen Jahren, inzwischen ist die Zahl auf gut zwei Millionen angewachsen. Warum das so ist?
Indirekt hat das eben doch etwas mit der Marine zu tun. Oder konkreter: Mit einem Stützpunkt, der 2001 aufgegeben wurde. „3000 Soldaten plus Anhang – alle plötzlich weg“, sagt Borgmann. Eckernförde konnte sich angesichts dieses dramatischen Einschnitts aber erfolgreich beim Bund für das Städteförderungsprogramm „Stadtumbau West“ bewerben. Es gab etwa 20 Millionen Euro Fördergelder, die nach Schätzungen noch einmal ein Vielfaches an privaten Investitionen auslösten. Und so wurde Eckernförde tatsächlich umgebaut, vor allem am Hafen.
Eckernförde ist gut mit der Bahn zu erreichen
„Die Stadt ist schöner geworden“, sagt Tourismuschef Borgmann und lädt zum Stadtbummel ein: Wenige Tage später ist es so weit. Schon bei der Anreiseplanung die erste positive Überraschung: Eckernförde ist gut mit der Bahn zu erreichen – für alle Hamburger südlich der Elbe ein enormer Vorteil, weil man dann auf die Elbtunnel-Autobahn mit ihrem gefühlten Dauerstau verzichten kann. Wieder an die Ostsee zu kommen – wie schön!
Wie dicht in Eckernförde dann alles liegt, zeigt sich bei der Einfahrt: Schon aus dem Zugfenster sind Strand und Meer zu erkennen, davor die Backstein-häuser der so dänisch anmutenden Kleinstadt. Ein Vorteil, den Eckerförde bewusst herausstellt und in den letzten Jahren ausgebaut hat. Vom Bahnhof ist der Strand quasi in wenigen Minuten barrierefrei zu erreichen, breite Bohlenwege führen bis dicht ans Wasser.
Auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen ein leichter Weg. „Urlaub für alle ist dabei unser Ziel“, sagt Borgmann. Wir schlendern die 1,6 Kilometer lange Promenade entlang: Heller Standstrand und Strandkörbe zeigen hier das typische Ostseebild am Ende einer langen Bucht mit Steilküsten. Am südlichen Ende der Promenade sind die blauen Röhrenrutschen des Meerwasser-Hallenbades zu erkennen. Noch in den 60er-, 70er-Jahren habe dort ein Schlachthaus gestanden, erklärt Borgmann.
Im Hafenspitzen-Quartier entstanden 150 Wohnungen
Wie überhaupt die Wasserkante vor einigen Jahrzehnten noch mehr durch Gewerbe, Hallen und Lagerschuppen geprägt war statt wie heute von Strand, Wildrosen und Apartmenthäusern. Die letzte dieser Hallen wurde gerade erst angerissen, dort wird nun ein Strandrestaurant mit Ferienwohnungen gebaut. Früher aber war es vor allem die Fischerei, die Eckernförde das Geld brachte. Sprotten, eine Heringsart, wurden hier geräuchert.
Eckernförde war eben lange vor allem ein Fischerort auf einer Halbinsel zwischen zwei Buchten. 1928 wurde die Verbindung zum heutigen Windebyer Noor aufgeschüttet. Diese Lage und Historie als Fischerort erklärt auch die Kompaktheit von Strand und Stadt, die hier so eng verzahnt sind. Was im Übrigen noch eine Besonderheit der Innenstadt zur Folge habe, wie Tourismuschef Borgman sagt.
Aber zuvor will er noch das neue „Hafenspitzen-Quartier“ am Yachthafen zeigen. In diesem Frühjahr ist dort erst der letzte Bauabschnitt des 2014 begonnenen Neubauprojekts abgeschlossen worden. In den Neubauten, die ein wenig an die HafenCity erinnern, entstanden rund 150 Wohnungen am Wasser, davon etwa 50 bis 60 Ferienwohnungen. Hier im Schnittpunkt von Innenstadt, Strand und Hafen schlägt jetzt das touristische Herz der Stadt.
Wir biegen dort aber ab und schlendern schließlich durch die Innenstadt: Was zuerst auffällt: Es gibt praktisch keine Bürgersteige. Fußgänger und langsam fahrende Autos teilen sich vielfach den Platz. Eine Flaniermeile für alle ist so entstanden, die eine entspannte Atmosphäre schafft. „Es funktioniert“, sagt Borgmann, der dann einige Neubauten zeigen will, die gar nicht wie Neubauten aussehen, sondern so perfekt in die schmalen alten Hausfronten eingepasst sind, als würden sie schon immer dort stehen. So zum Beispiel das kleine Vierzimmerhotel „Zeit in Eckernförde“, das über einem Delikatessengeschäft liegt.
Und damit sind wir auch schon bei der anderen Besonderheit Eckernfördes: Viel weniger als sonst in Fußgängerzonen sieht man hier die bekannten Filialbetriebe. „Die Häuser sind für die großen Ketten zu klein“, erklärt Borgmann. Knapp 70 Prozent der Geschäfte sind daher noch inhabergeführt, selbst die Bekleidungsläden. Eine Bonbon-Kocherei gibt es dort, eine kleine Destillerie, Restaurants und viele Feinkostläden. Einen davor, die „Feinschmeckerei“, hat vor zwei Jahren Birger Holk mit ihrem Mann in einem Hinterhof eröffnet. Das Ehepaar kommt eigentlich aus Hamburg und ist durch dessen Hobby Segeln nach Eckernförde gekommen. „Da haben wir uns sofort in die kleine Stadt am Meer verliebt und wollten bleiben“, erzählt sie. Man kann es verstehen.
Fische essen und Fische gucken – zwei Tipps
Am Hafen ist die „Feinschmeckerei“ zu finden: ein Delikatessengeschäft, dessen Schwerpunkt auf regionalen Produkten liegt wie etwa sortenreiner Rosenmarmelade vom Nordstrand. Die „Feinschmeckerei“ ist aber auch ein beliebtes Restaurant mit Außenterrasse im Hinterhof, ideal, um kleine, feine Sachen zum Frühstück, Mittag oder Nachmittag zu probieren. Unter anderem frische Austern bekommt man hier, Quiche, Thunfisch und diverse leckere Süppchen. Feinschmeckerei, Frau-Clara-Straße 26 . www.die-feinschmeckerei-eckernfoerde.de
Im Ostsee-Infocenter gibt es ein „Fühlbecken“ mit Seesternen und Plattfischen. An einer „Horchstation“ kann man ins Meer hineinhorchen, man kann zum Beispiel Schiffsschrauben und Wallaute erlauschen. Geöffnet ist in der Saison täglich von 10 bis 18 Uhr. www.ostseeinfocenter.de
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