Lübeck. Heftiger Vorwurf überschattet das Fernsehduell mit Torsten Albig und Daniel Günther zur Landtagswahl am 7. Mai.
Daniel Günther will Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein werden. Nur: Dem CDU-Spitzenkandidaten läuft die Zeit davon. Kurz vor der Wahl am 7. Mai sagen laut einer NDR-Umfrage immer noch 31 Prozent der Wähler, dass sie ihn nicht kennen. Günther – das war vor der einzigen TV-Debatte mit dem Amtsinhaber Torsten Albig (SPD) klar – musste angreifen.
Torsten Albig will Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein bleiben. Seine Persönlichkeitswerte sind ungleich besser als die von Günther. 55 Prozent der Wähler würden ihn zum Ministerpräsidenten wählen. Albig – auch das war vor dem TV-Duell im NDR Fernsehen klar – musste seinen Vorsprung verwalten.
Schleswig-Holstein: Schulen marode
Der NDR-Chefredakteur Andreas Cichowicz moderierte den Abend in der Lübecker Kulturwerft Golan, einem alten Fabrikgebäude. 140 Schleswig-Holsteiner füllten die ansteigenden Sitzreihen, blickten auf die Kandidaten herab und warfen Fragen in die Manege. Und die waren durchaus herausfordernd. Dennoch zogen beide Kandidaten ihre Taktik weitgehend durch.
Erster Debattenpunkt: Bildungspolitik. Eine 16-Jährige beklagte den schlechten Zustand ihres Gymnasiums. „Die Sporthalle ist einsturzgefährdet, wir haben Wasserschäden“, sagte sie. Günther gab sich spendabel. Er wolle der Erstwählerin „fest versprechen“, dass seine Regierung ein Schulbauprogramm auflegen werde. Albig gab sich zugeknöpft. Seine Regierung habe die Kommunen gestärkt, Schulsanierung sei aber Aufgabe der Kommunen. Eine umständliche Antwort, in der der Begriff „Finanzausgleichsmasse“ auftauchte. Punkt für Günther.
Nächstes Thema: Straßeninfrastruktur. Günther versprach vollmundig, in den kommenden fünf Jahren die schleswig-holsteinischen Abschnitte der A 20 fertig zu bauen. Albig konterte: „Das war ein bisschen sehr schräg. Günther macht die Plakate, ich baue die Straße.“ Punkt für Albig.
Nächstes Thema: Eine Hebamme beklagt, die Arbeitsbedingungen seien schlecht. Auf den Nordseeinseln gebe es keine Geburtskliniken mehr. Albig verwies darauf, dass die Zahl der Geburten auf den Inseln immer weiter sinkt. Einen guten medizinischen Standard gebe es aber nur in Kliniken, in denen möglichst viele Geburten vorgenommen würden: „Sicherheit geht vor.“ Günthers Vorschlag zur Abhilfe blieb bürokratisch: „Wir wollen einen Demografiefonds auflegen.“ Kein Punkt.
Eklat um eine Gewerkschafterin von Ver.di
Dann kam eine Gewerkschafterin zu Wort, die eine Frage zum Wohnungsbau stellen wollte. Dann plötzlich der Vorwurf an Günther: „Sie haben mich ja mal ,Ver.di-Schlampe‘ genannt.“ „Bei aller Liebe“, sagte Günther verdutzt. „Doch, kann man nachlesen“, sagte die Frau. Günther: „Ich finde das ungeheuerlich, mir so etwas vorzuwerfen.“
Nach einer Stunde war die muntere Debatte vorbei. Ein frischer Günther hatte Albig zumindest Paroli geboten.