Nach 100 Amtstagen der Ampel-Koalition wirft Fraktionschef Wolfgang Kubicki der Regierung in Kiel Perspektivlosigkeit vor.

Kiel. Die neue Regierung in Kiel hat nach Ansicht von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki in ihren ersten 100 Tagen Substanz- und Perspektivlosigkeit offenbart. Er sehe keine klare Linie für die weitere Entwicklung des Landes, sagte Kubicki am Dienstag in Kiel. „Die Menschen haben aber einen Anspruch darauf zu erfahren, wohin die Reise gehen soll. Eine Antwort darauf bleibt diese Regierung aber schuldig.“ Die Koalition aus SPD, Grünen und SSW habe erkennen müssen, dass viele Ankündigungen nicht umsetzbar oder nicht im Interesse des Landes seien. Nur zu revidieren, was Schwarz-Gelb gemacht habe, biete keine Perspektive. Kubicki bescheinigte der Koalition eine Reihe von Pannen, Ärgernissen und Unzulänglichkeiten.

Ganz schlecht kommt Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) bei Kubicki weg, der ihn einst als denkbaren Partner für ein mögliches sozialliberales Bündnis gesehen hatte: „Albig hat mich wirklich enttäuscht.“ Er äußere sich kaum substanziell, sondern mit „Sprechblasen“, die so hohl seien, dass er sich frage, wie lange die Menschen sie ertragen, so Kubicki. Er sei nicht sicher, ob Albig nicht interessiere, was im Land passiert oder ob dieser mit seiner neuen Position noch nicht umgehen könne und weiter wie ein Oberbürgermeister agiere. Im Landtag trete SPD-Fraktionschef Ralf Stegner so auf, als bestimme er die Richtlinien der Regierungspolitik und nicht der Ministerpräsident, sagte Kubicki.

Zudem vermisse er Impulse für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Ausdrücklich lobte Kubicki aber den Einsatz von Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) für Großprojekte wie die A20, den Fehmarnbelt-Tunnel, die Elbquerung oder den Ausbau der S4 im Raum Hamburg. „Das nötigt uns Respekt ab.“ Auf die Frage, wen er außer Meyer noch gern in einer „Ampel“-Regierung gehabt hätte, nannte Kubicki Innenminister Andreas Breitner (SPD).

Auch den SSW nahm Kubicki ins Visier, nicht nur, weil Ministerin Anke Spoorendonk keine große Affinität zum Justizbereich verspüre. Die FDP lasse vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtages die sogenannte Geschwisterregelung bei der dänischen Minderheit juristisch prüfen. Hintergrund: Der dänische Schulverein will, dass entweder alle Kinder einer Familie eine Schule der Minderheit besuchen oder keines. „Das ist evident rechts- und verfassungswidrig“, sagte Kubicki. „Ich würde Eltern empfehlen, den Rechtsweg zu beschreiten.“

Aus Sicht des FDP-Landesvorsitzenden Heiner Garg fehlt der Dreierkoalition eine gemeinsame Identität. Ihre echte Bewährung komme mit dem Landeshaushalt 2014/2015. Den größten finanziellen Sprengstoff sieht der Ex-Sozialminister in den deutlich steigenden Ausgaben für die Integration Behinderter in den Arbeitsmarkt. Hier sei aus der Koalition nicht zu hören, wie das Problem gelöst werden soll.

In der Bildungspolitik drohe wieder Zentralismus, meinte Kubicki. Populistisch und wider besseren Wissens habe die Koalition auch die Abschaffung des Glücksspielgesetzes angekündigt, um wenig später festzustellen, dass dies so einfach nicht ist und weitere Lizenzen vergeben werden müssen. Wenig wegweisend ist für Garg der Entwurf der Haushaltseckwerte für 2013 von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). Die Koalition habe viele Versprechungen gemacht, aber niemand wisse, woher die Millionen dafür kommen sollen