Der Kieler Oberbürgermeister würde gerne den Schreibtisch wechseln und Schleswig-Holsteins neuer Ministerpräsident werden.
Kiel. Die Oberbürgermeisterwahl in Kiel hat er vor drei Jahren bereits locker gewonnen. Nun will der smarte Sozialdemokrat Torsten Albig in Schleswig-Holstein seinen nächsten Coup landen. Nach Jahren, in denen das nördlichste Bundesland außerhalb der Landesgrenzen vor allem durch den Streit seiner Spitzenpolitiker auffiel, wirbt der rhetorisch beschlagene Jurist für einen neuen Stil.
Scharfe Töne hört man von ihm kaum, Kritik erträgt er mit scheinbar stoischer Ruhe. Bislang ging diese Taktik des 48-Jährigen glänzend auf. Nach seiner überraschenden Bewerbung um die Spitzenkandidatur vor zwei Jahren fegte er den eher rauhbeinigen SPD-Landeschef Ralf Stegner vor gut einem Jahr in einem Mitgliederentscheid klar aus dem Weg. Knapp 70 Prozent der mehr als 19.000 Genossen im nördlichsten Bundesland hatten sich daran beteiligt.
Seit Mitte 2009 ist Albig Kieler Oberbürgermeister. Im Norden fühlt er sich seit langem heimisch. „Das ist mein Zuhause.“ Einen Segelschein hat er trotz der nahen Ostsee bislang „immer noch nicht“. Bei jedem Treffen im renommierten Kieler Yacht Club wird das Ehrenmitglied danach gefragt. „Ich finde Segeln alles andere als trivial und segle auch gern mit“, sagt er. Zum Absolvieren eines Segelscheins habe bislang schlicht die Zeit gefehlt. „Ich würde es aber total gerne machen.“
Albig stört vor allem „ignorante Dummheit“
„Neugierig, durchsetzungsstark, sehr fleißig“, so beschreibt sich Albig selbst. Sauer macht den auf Pünktlichkeit Wert legenden gebürtigen Bremer vor allem „ignorante Dummheit“. „Es gibt viele Menschen die einfach dumm sind. Und das sind ganz oft besonders laute Menschen“, sagt er. Hat er spontan einen Einfall, greift er zum Tablet-Computer. „Ich maile mir die Idee dann sofort zu.“
Nach einer anstrengenden Arbeitswoche sucht er Entspannung am liebsten im Kinosessel. Dann laufen bevorzugt Actionfilme. „Mein Lieblingsschauspieler ist Bruce Willis, allein schon wegen der Frisur“, sagt der Mann mit dem markanten Glatzkopf. „Seinen Film ’Stirb langsam – Teil 1’ habe ich bestimmt schon 20 Mal gesehen.“ Ein „Frauenfilmgucker“ sei er überhaupt nicht. „Da nicke ich gerne mal ein.“
Anderenfalls legt Albig zu Hause eine Scheibe seiner 100 Titel umfassenden Blu-ray-Sammlung ein. „Zu Weihnachten habe ich mir einen schönen neuen Receiver gekauft. Der macht richtig gut Krach“, sagte er. Abschalten kann Albig aber auch mit Jazz-Musik beispielsweise von Keith Jarrett.
Ansonsten schätzt der SPD-Politiker gutes Essen und Trinken. Der smarte Sozialdemokrat „kocht ganz ordentlich Nudelgerichte und ich traue mir auch Außergewöhnliches zu“.
Seit 2002 in Kiel
Albig hat bereits vor seinem Wahl zum Oberbürgermeister im Kieler Rathaus gearbeitet. Von 2002 bis 2006 war er unter anderem als Stadtrat und Dezernent tätig. Seit jener Zeit lebt seine Familie in Kiel. Albig wuchs in Ostholstein und Bielefeld auf. Der Fan des Fußballvereins Arminia Bielefeld ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der 48-Jährige sammelte bereits Erfahrungen mit der Politik auf Bundesebene. Bis Sommer 2009 war er Pressesprecher des damaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück (SPD).
Albig ist dem bürgerlichen Flügel der SPD zuzurechnen. Fakt ist aber auch, dass Albig in Kiel seit Sommer 2009 relativ geräuschlos mit einem Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen Minderheit, regiert. Eine Konstellation, die es nach dem 6. Mai auch im Kieler Landtag geben könnte. Jüngsten Umfrage zufolge wird es für Rot-Grün allein wahrscheinlich nicht reichen. Sowohl Grüne als auch SPD haben signalisiert, dann mit dem SSW ein Bündnis eingehen zu wollen. (dapd/abendblatt.de)