Kooperation statt Konfrontation: Hamburg und Schleswig-Holstein verständigten sich auf einen Ausbau der Zusammenarbeit.

Kiel/Hamburg. Hamburg und Schleswig-Holstein wollen künftig noch enger miteinander kooperieren. Die Landesregierungen verständigten sich bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung im Kieler Yacht-Club am Dienstag auf einen weiteren Ausbau der Zusammenarbeit. „Wir sollten auf Bundesebene mit norddeutscher Stimme reden“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU)

Das Wichtigste sind allgemeine Botschaften: „Hamburg und Schleswig-Holstein setzen auf Kooperation und nicht auf Konfrontation“, sagte Carstensen (CDU) am Dienstag nach der gemeinsamen Sitzung seines schwarz-gelben Kabinetts mit dem Hamburger SPD-Senat. Von einem großen Erfolg sprach Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz. „Die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern hat sich in den vergangenen Jahren sehr vernünftig entwickelt, und sie wird es auch weiterhin tun.“ Es gebe keinen Anlass für Eifersucht und Beharren auf eigenen Interessen. Bei allen Unterschieden gebe es immer wieder gemeinsame Ziele, die auch gemeinsam erreicht werden sollten, meinte Carstensen.

Beide Regierungen vereinbarten den Ausbau der Zusammenarbeit in Energie, Verkehr, Wirtschaft und Verwaltung. Der ungelöste Konflikt um die in Hamburg geplante Konkurrenz-Windmesse zur etablierten HusumWind wurde nicht angesprochen. Erst in der vorigen Woche hatte Carstensen erklärt, die ausgestreckte Hand Hamburgs habe sich bei der Auseinandersetzung um die Husumer Windmesse als ausgestreckte Faust erwiesen. „Sie wissen, dass wir da unterschiedliche Auffassungen haben“, bekräftigte Carstensen am Dienstag.

Beide Regierungen wollen die erneuerbaren Energien gemeinsam fördern und beim Ausbau der Stromnetze an einem Strang ziehen. „Wir fordern gemeinsam die Bundesregierung und die Netzbetreiber zu einer Beschleunigung des Netzausbaus auf“, sagte Carstensen. Bis Ende des Jahres sollen die Energiekonzepte beider Länder aufeinander abgestimmt werden. Gemeinsames Ziel ist es auch, den Pendlerverkehr stärker auf die Schiene zu verlagern. 140 000 Menschen wechseln täglich zur Arbeit von einem in das andere Bundesland. Die Nachbarkreise sollen über den Bahnverkehr stärker mit dem Hamburger S-Bahn-Netz verbunden werden, besonders mit dem Bau der S4 von Hamburg über Ahrensburg nach Bad Oldesloe.

Schlüsselprojekte sind aus Sicht beider Länder auch der Neu- und Ausbau der Autobahnen 7, 20 und 21, die Hinterlandanbindung für die feste Fehmarnbelt-Querung, der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals und die Vertiefung der Elbe, bei der Schleswig-Holstein Hamburg unterstützt. Scholz betonte auch hier Gemeinsames: Der Ausbau der Schleusen am Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel mache keinen Sinn, wenn die Elbvertiefung nicht kommt. Scholz plädierte auch dafür, dem Flughafen Lübeck eine dauerhafte Perspektive zu geben.

+++ Schleswig-Holstein und Hamburg setzen auf Kooperation +++

Die Entwicklung der Unterelbe-Region wollen beide Nordländer gemeinsam mit Niedersachsen vorantreiben. Geplant sind weitere Industrie-Ansiedlungen und der Ausbau der Hafenkooperation. Darüber diskutieren die Wirtschaftsminister der drei Länder am 4. April in Hamburg. Konkrete Vereinbarungen gab es in Einzelfragen. So wollen Schleswig-Holstein und Hamburg in der Diagnostik von Pflanzenkrankheiten und in der Forstverwaltung enger zusammenarbeiten.

Nach der Kabinettssitzung kam auch Kritik. Der Kieler CDU-Fraktionschef Johannes Callsen rügte, Hamburg halte an einer ausschließlich projektbezogenen Zusammenarbeit fest. „Ich hätte mir konkrete Zusagen für Verhandlungen über die Überarbeitung des mehr als 20 Jahre alten Grundlageabkommens zwischen den beiden Nordländern gewünscht.“ Auch habe sich der Senat erneut nicht eindeutig zum Erhalt beider Standorte der HSH Nordbank in Kiel und Hamburg bekannt. Zusammenarbeit setze voraus, aufeinander zuzugehen, sagte Callsen. „Mein Eindruck ist, dass dabei in Hamburg derzeit noch deutliche Luft nach oben ist.“

Der Kieler SPD-Fraktionsvize Peter Eichstädt warf CDU/FDP vor, sie stünden einer ernsthaften Kooperation mit Hamburg im Wege. „Viele Allgemeinplätze und ein Wünsch-Dir-Was-Paket in der Infrastrukturpolitik“ sah Ines Strehlau von den Grünen. Lars Harms vom SSW meinte, wenn Carstensen den Konflikt um die Husumer Windmesse vom Kabinettstisch verdränge, gebe er sie de facto preis.

mit Material von dpa und dapd