Windland Nr. 1 – das war Schleswig-Holstein und das kann es nach Expertenansicht wieder werden. Der Ausbau kommt kräftig voran.

Kiel. Bei der Windenergie ist das Pionierland Schleswig-Holstein wieder auf der Überholspur, nachdem in den letzten Jahren außer Niedersachsen auch die Binnenländer Sachsen-Anhalt und Brandenburg vorbeigezogen waren. Der Norden könnte es bald als erstes Bundesland schaffen, beim Wind-Anteil am Nettostromverbrauch die 50-Prozent-Marke zu schaffen, sagte am Donnerstag in Kiel der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, Hermann Albers. 400 Millionen Euro wurden 2011 zwischen Sylt und Lauenburg in die Windkraft investiert.

Nach Einschätzung von Albers zeigen die Ausbauziele, dass die Länder bei der Umstellung auf erneuerbare Energien viel entschlossener vorgehen als der Bund. „Die Länder haben offensichtlich die Energiewende besser verstanden als die Bundesregierung in ihrer eigenen Zielsetzung“, sagte Albers. Der Hintergrund: Während die Bundesregierung die installierte Leistung bis 2020 nur von 29 auf 35 Gigawatt erhöhen wolle, summierten sich die Ziele der Länder auf 80 Gigawatt. Sein Verband sehe 55 Gigawatt als Ziel, sagte Albers. Er forderte die Bundesregierung auf, als Ganzes entschlossen die Energiewende voranzutreiben.

In Schleswig-Holstein wurden im vergangenen Jahr Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 300 Megawatt neu installiert. Nur Niedersachsen hatte mit 431 Megawatt einen größeren Zuwachs. In ganz Deutschland kamen 2007 Megawatt hinzu; das liegt im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Die nunmehr insgesamt installierte Leistung im nördlichsten Bundesland erhöhte sich laut Windenergie-Verband auf 3271 Megawatt. Dies bedeutete Platz vier unter den Bundesländern nach Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Tatsächlich ans Netz angeschlossen waren nach Angaben der Landwirtschaftskammer im Norden Anlagen mit einer Gesamtleistung von 3181 Megawatt. Wenn das Land wie angepeilt in den nächsten sechs Jahren auf 9000 Megawatt zulegt, könnte es auch bei der absoluten Gesamtleistung Niedersachsen vom Spitzenplatz verdrängen (derzeit gut 7000 Megawatt).

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Windkraft: Die neue Strom-Rechnung im Norden

Beim Anteil der Windkraft am Nettostromverbrauch rangiert Schleswig-Holstein mit 46,5 Prozent nach Sachsen-Anhalt und Brandenburg derzeit auf Platz drei. Zwar gebe es Investitionshemmnisse beim Ausbau, sagte Verbandspräsident Albers in Kiel. Dennoch sei Schleswig-Holstein auf einem guten Weg, zum Vorzeige-Bundesland bei der Nutzung erneuerbarer Energien zu werden. Ein Hemmnis seien Höhenbegrenzungen für Windräder: Damit werde auf bis zu 40 Prozent des möglichen Potenzials einer Anlage verzichtet.

1,2 Megawatt leistet eine der nunmehr 2648 Windanlagen im Durchschnitt; das Doppelte schaffen die im vorigen Jahr neu gebauten. Das Zauberwort beim Ausbau heißt Repowering: Alte kleine und leistungsschwächere Anlagen werden demontiert, größere stärkere errichtet. Das beruhige auch das Landschaftsbild, sagt Albers: Die Rotoren einer 3-Megawatt-Anlage drehen sich noch 15 mal in der Minute, kleinere machen 40 Umdrehungen. 131 Anlagen kamen 2011 im Norden hinzu, 66 verschwanden. Der Windstrom kommt ganz überwiegend von der Westküste. Zwei Drittel der Anlagen und der Gesamtleistung bündeln die Kreise Nordfriesland, Dithmarschen und Steinburg. (dpa/abendblatt.de)