Wären die Sitze nach dem alten Verfahren verteilt worden, stünde die CDU besser da: de Jager wäre über die Liste in den Landtag eingezogen.

Kiel. Das neue Wahlrecht in Schleswig-Holstein hat Wirkung gezeigt: Das angestrebte Dreierbündnis von SPD, Grünen und SSW hat nach Berechnungen des Staatsrechtlers Rüdiger Blaschke nur wegen des geänderten Zählverfahrens die Mehrheit von einer Stimme. Der neue Landtag ist außerdem kleiner und kostet weniger Geld. Auch dazu haben die Änderungen des Wahlrechts nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichts einen Teil beigetragen.

„Erst die neue Sitzverteilung nach (dem Verfahren) Sainte-Lague macht die Schleswig-Holstein-Ampel möglich“, sagte der Dozent für Staats- und Europarecht an der Verwaltungsakademie Bordesholm, Blaschke, den „Kieler Nachrichten“ (Donnerstag). Wären die Sitze wie früher nach dem System D’Hondt verteilt worden, stünde die CDU besser da: Sie hätte dann 23 statt 22 Sitze. Damit wäre Spitzenkandidat Jost de Jager über die Liste in den Landtag eingezogen, und die „Dänen-Ampel“ aus SPD, Grünen und SSW hätte keine Mehrheit, weil die Grünen nur auf neun statt zehn Sitze gekommen wären.

Die Landeswahlleitung wollte aus grundsätzlichen Erwägungen den Bericht nicht kommentieren. Es sei allerdings richtig, dass das Zählverfahren nach D’Hondt die großen Parteien begünstige, und es sei deswegen ersetzt worden, erläuterte Hans-Jürgen Thiel von der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin. „Das neue Verfahren ist gerechter“, wurde Blaschke zitiert. Das Ergebnis entspreche exakt der prozentualen Verteilung der Zweitstimmen bei der Landtagswahl vom vergangenen Sonntag. Danach erreichen SPD/Grüne und SSW genau die absolute Mehrheit von 35 der insgesamt 69 Landtagssitze.

+++ Sondierungsgespräche für "Dänen-Ampel" gestartet +++

Der neue Landtag ist außerdem wesentlich kleiner als der alte: Er hat nur noch 69 statt 95 Abgeordnete. Das entspricht der Regelgröße. Das hat unter anderem mit der Verringerung der Wahlkreise von 40 auf 35 zu tun, womit die Gefahr gemindert werden sollte, dass Überhang- und Ausgleichsmandate entstehen. Allerdings spielte vor allem das tatsächliche Wahlergebnis eine große Rolle: Die CDU bekam so viele Direktmandate (22) wie es ihrem Anteil an Zweitstimmen entsprach.

Der kleinere Landtag spart indes Millionen. Rechnerisch fallen pro Jahr knapp 2,7 Millionen Euro weniger an Diäten und Altersversorgung an. Dazu kommen Einsparungen bei den Fraktionskostenzuschüssen, etwa für Sachmittel und Personal. „Wir freuen uns, dass der Landtag nach vielen Jahren auf seine Regelgröße kommt“, sagte der Geschäftsführer des Steuerzahlerbundes Schleswig-Holstein, Rainer Kersten. Ein kleinerer Landtag arbeite außerdem schneller und effizienter.

Das Landesverfassungsgericht hatte im Sommer 2010 ein neues Wahlrecht verlangt und eine Neuwahl angeordnet. Grund waren die verfassungswidrigen Regelungen zu Überhang- und Ausgleichsmandaten. Das Parlament änderte das Wahlrecht 2011.

(dpa/abendblatt.de)