In Kiel starten SPD und Grüne die Gespräche für ein Regierungsbündnis. Freitag wird die SPD Gespräche mit dem SSW führen.

Kiel. Mit Zuversicht sind SPD und Grüne in ein Sondierungsgespräch für ein gemeinsames Regierungsbündnis mit dem SSW in Schleswig-Holstein gestartet. „Die Schnittmengen sind sehr groß“, sagte SPD-Landeschef Ralf Stegner vor Beginn der Runde am Donnerstag in Kiel. Sie lägen bei 80 bis 85 Prozent. Grünen-Landeschefin Eka von Kalben erklärte, in einem Koalitionsvertrag müsse sich vor allem eine grüne Handschrift wiederfinden, einzelne Knackpunkte gebe es nicht.

Die SPD will als knapp zweitstärkste Kraft mit Torsten Albig den Regierungschef stellen und mit Grünen und Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen Minderheit, regieren. Die Koalition hätte nur eine Einstimmenmehrheit. Ein Gespräch von SPD und SSW ist für Freitag geplant, auch die Grünen wollen dann mit dem SSW reden. Koalitionsverhandlungen könnten Mitte nächster Woche starten, wenn die Spitzengremien der Parteien zustimmen.

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Es gehe darum, ein gutes, fünfjähriges Regierungsbündnis zustande zu bringen, das Zukunftsfragen wie Bildung, Energiewende und Finanzpolitik bei Einhaltung der Schuldenbremse beantworte, sagte Stegner. „Da hinterlässt die gegenwärtige Regierung ein schwieriges Aufgabenfeld.“ Von Kalben betonte: „Wir wollen, dass die Schuldenbremse eingehalten wird.“

Als strittige Punkte gelten unter anderem die Infrastrukturpolitik mit dem Weiterbau der A 20, die Vorratsdatenspeicherung und der Haushalt. Für die SPD verhandeln Stegner, Albig und Parteiratschef Sönke Rix. Die Grünen haben von Kalben und die Co-Vorsitzende Marlene Löhr, den Fraktionschef und Spitzenkandidaten Robert Habeck und die parlamentarische Geschäftsführerin und Finanzexpertin Monika Heinold in die Sondierungsrunde geschickt.

Auf bis zu 85 Prozent beziffert Ralf Stegner die gemeinsame Schnittmenge zwischen Sozialdemokraten, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband. Ob das tatsächlich stimmt, wird sich erst in den eigentlichen Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer „Dänen-Ampel“ voraussichtlich ab Mitte kommender Woche zeigen.

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Reichlich Streitpunkte liefert beispielsweise die Finanzpolitik für das mit mehr als 27 Milliarden Euro verschuldete Land. Die SPD will bis 2017 ein Kita-Jahr kostenfrei stellen, Kostenpunkt 35 Millionen Euro. Zudem sollen die Kommunen schrittweise und verbunden mit Erwartungen 120 Millionen Euro erhalten. Damit soll der Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich aus Zeiten der großen Koalition rückgängig gemacht werden.

Die Grünen lehnen angesichts von Schuldenbremse und einem strukturellen Haushaltsloch von knapp einer Milliarde Euro jedoch eine Finanzpolitik „gegen Adam Riese“ ab, wie ihr Spitzenkandidat Robert Habeck sagt. Mehrausgaben müssten durch zusätzliche Einnahmen gedeckt sein.

In der Bildungspolitik wollen die Grünen im Gegensatz zu den beiden anderen Parteien die Wahlmöglichkeit der Schulen zum Abitur nach 12 oder 13 Jahren beibehalten. Die SPD setzt auf das sogenannte G8 an Gymnasien und G9 an den Gemeinschaftsschulen.

In der Verkehrspolitik gilt es ebenfalls, Kompromisse beispielsweise im Bereich der Autobahnen zu finden. SPD und SSW sind für den Weiterbau der A 20 inklusive westlicher Elbquerung. Die Grünen lehnen dies ab. Allerdings haben sie wiederholt darauf hingewiesen, dass es an einem einzelnen Projekt nicht scheitern würde.

Ebenso wie der SSW lehnen die Grünen den geplanten Fehmarnbelt-Tunnel ab. Die Minderheiten-Partei fürchtet, dass der nördliche Landesteil dadurch abgehängt wird. Die Grünen wollen ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Bund deutlich machen. Im SPD-Wahlprogramm heißt es dazu nur: „Wenn die feste Fehmarnbelt-Querung kommt, werden wir die möglichen Chancen für Schleswig-Holstein herausarbeiten und umsetzen.“

Knistern könnte es auch im Bereich der Bürgerrechte zwischen SPD und Grünen. Letztere verlangen ein klares Nein zur Vorratsdatenspeicherung. Habeck erinnerte erst Anfang der Woche an das einst vom damaligen Innenminister Stegner erlassene Polizeigesetz, dass einer gerichtlichen Prüfung nicht stand hielt.

Das umstrittene Glücksspielgesetz des Landes will die SPD am liebsten sofort zurücknehmen. Die Grünen raten angesichts von drei bereits vergebenen Lizenzen mit Blick auf mögliche Regressansprüche zur Vorsicht. Zwischen Grünen und SSW ist insbesondere die Frage der norddeutschen Kooperation strittig. Während die Grünen näher an Hamburg heran wollen, lehnt die Dänen-Partei einen gemeinsamen Nordstaat strikt ab.

Mit Material von dpa/dapd