Wedel. Immer wieder ertrinken Menschen in der Elbe. In Wedel herrscht ein Bade-Verbot. DLRG erklärt, wofür sie eigentlich am Strandbad ist.
- Bade-Verbot an Wedeler Elbe
- Tödliche Gefahr durch Strömung und Schiffe
- DLRG Wedel ist nicht als Bade-Aufsicht vor Ort
Während im Hamburger Bereich der Elbe ein offizielles Badeverbot rechtlich nicht durchsetzbar scheint, ist die Situation im Wedeler Strandbad klar geregelt: Das Baden ist verboten. Schilder auf dem Areal am Elbstrand weisen Besucher darauf hin. Daran ändert auch die DLRG-Station direkt vor Ort nichts.
„Die Station dient der Wasserrettung. Das bedeutet, dass wir primär wegen der Berufs- und Freizeitschifffahrt anwesend sind“, erklärt der Wedeler DLRG-Vorsitzende Philip Stockhusen. Doch selbstverständlich haben die Lebensretter in der Not auch die anwesenden Gäste am Sandstrand im Blick.
Elbstrand in Wedel: Es herrscht offiziell Bade-Verbot
Weisungsbefugt bei Fehlverhalten seien die Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer jedoch nicht. Sie können die Gäste, die teilweise auch sorglos ihre Kinder im flachen Wasser spielen lassen, immer wieder nur auf die Gefahren der Elbe hinweisen. Je näher die beratungsresistenten Strandbadbesucher an die Fahrrinne der Elbe geraten, desto kräftiger wird die Strömung.
„Vor Kurzem haben wir uns in speziellen Anzügen im Strandbad einfach mal ein wenig treiben lassen und uns nicht bewegt. Die Strömung ist und bleibt einfach hochgefährlich“, sagt Stockhusen, dem in diesem Jahr mit dem DLRG-Team brisante Rettungseinsätze bisher erspart blieben.
Besucher aus Wedel und der Region würden sich seiner Einschätzung nach vernünftiger verhalten, Touristen seien eher mal leichtsinnig. Aus Stockhusens persönlicher Sicht habe sich durch die Sandaufschüttungen im Vorjahressommer „nichts gravierend“ verändert. Auch an der Hetlinger Schanze ist das Baden im tückischen Fluss Elbe offiziell verboten – einige Freizeitschwimmer möchten sich daran allerdings nicht halten.
Viel los auf der Elbe – Experten warnen vor den zahlreichen Gefahren im Fluss
Ein Spaziergang entlang der Elbe macht ebenfalls deutlich: Auf dem Strom ist viel los – möglicherweise zu viel für gefahrlose Freizeitaktivitäten. Davor warnte auch schon Frank Richters, Fachbereichsleiter Schifffahrt des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Elbe-Nordsee, bei einem Termin auf dem Radarturm.
Der insgesamt gut 1100 Kilometer lange Fluss, der im Riesengebirge in Tschechien entspringt und in die Nordsee mündet, ist eine wichtige und beliebte Wasserstraße. Segelschiffe, Motorboote und Wassersportler drängen sich auf dem Wasser. Und das birgt Gefahren.
Elbe: Experten warnen – so gefährlich ist der Fluss wirklich
Trotz eindringlicher Warnungen wird die Elbe auch immer wieder von Schwimmern genutzt, die den Leichtsinn teilweise mit ihrem Leben bezahlen. Auch für Bootskapitäne ist es tückisch: Im Jahr 2023 war etwa ein Segelboot auf Höhe Fährmannssand in Wedel bei Hochwasser hängengeblieben und manövrierunfähig gestrandet. Dieser Vorfall ging für das Ehepaar aus Sachsen glimpflich aus – und sogar das Boot blieb unbeschädigt.
Welche Gefahren lauern also auf der Elbe, die auch wirtschaftlich wichtig ist. Experten wie Frank Richters, Fachbereichsleiter beim WSA Elbe-Nordsee, kennen die Tücken und raten zur Vorsicht.
Das beginne schon mit den sogenannten Stacks, die dem Segelboot zum Verhängnis geworden seien. Solche vom Ufer in Richtung Flussmitte verlaufenden Steinaufschüttungen dienen entweder der Ufersicherung oder der Renaturierung. „Die Elbe ist eine wichtige Wasserstraße und wird dementsprechend viel genutzt. Auf der gesamten Elbe gibt es jährlich etwa 80.000 Schiffsbewegungen im Berufsverkehr mit gewerblichen Schiffen und Fähren“, sagte er.
Richters stand beim Abendblatt-Besuch vor einem guten Jahr in gut 30 Metern Höhe, auf der Plattform des Radarturms unweit des Hamburger Yachthafens in Wedel. Ein Sitz seiner Behörde ist unter anderem in Hamburg, es gibt aber auch eine Außenstelle in Wedel an der Deichstraße.
Radarturm an der Elbe: Vorbeifahrende Schiffe werden elektronisch erfasst
Mit der insgesamt gut 55 Meter hohen Anlage nahe dem Yachthafen werden die vorbeifahrenden Pötte erfasst und deren Positionen laufend bestimmt. Automatisch, Mitarbeiter vor Ort gibt es keine. Fällt der Strom aus, kann ein Dieselgenerator übernehmen, bis der Schaden behoben ist. Die Bilder von den Objekten in unterschiedlicher Größe werden digital in die Elbe-Verkehrszentrale in Brunsbüttel gesendet und dort auf Bildschirmen dargestellt.
Nach einer Schätzung Richters käme es fünf oder sechsmal pro Jahr im etwa 25 Kilometer langen Elbbereich im Kreis Pinneberg zu Unfällen oder technischen Problemen mit Booten. In bestimmten Situationen, wenn etwa wegen Flaute den mit Motor betriebenen Segelbooten der Sprit ausginge, könne auch die DLRG oder Feuerwehr Wedel weiterhelfen. „Das ist ein ganz wichtiger Job, den beide Organisationen im Bereich der Sportboote übernehmen“, lobte Richters.
Aus seiner Sicht böte dieser Abschnitt jedoch nicht das größte Gefahrenpotenzial an der Elbe, da es auch bei Ebbe noch eine ausreichend große Wasserfläche gebe.
Elbe: Unfälle mit kleinen Booten meist wegen menschlichen Versagens
Bei den meist glimpflich ausgegangenen Unfällen des Jahres 2023 seien oft Unachtsamkeiten und somit menschliches Versagen der Bootsführer die Ursache. „Die Nutzung der Elbe ist anspruchsvoll, es gibt Herausforderungen. Ich kann nur jedem raten, sich gut vorzubereiten“, sagte der Hamburger.
Einen Gezeitenkalender des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) für ein gesamtes Jahr, in dem täglich detailliert unterschiedliche Prognosen zu Wasserhöhen im Zusammenspiel von Ebbe und Flut aufgeführt werden, gibt es in gedruckter Form für wenige Euro. „Der Tidenhub in der Elbe ist auch nicht überall gleich. An einer Stelle sind es zum Beispiel 3 Meter, an anderer dann 3,80 Meter“, sagt Richters.
Seekarten – auch digital – sollten zur Pflichtlektüre vor Fahrtantritt gehören
Auf Seekarten, die zum Beispiel auch vom BSH veröffentlicht werden – auch digital – sollten sich laut des Fachbereichsleiter die Kapitäne vor Fahrtantritt über die mögliche Hindernisse des Gewässers, beispielsweise Sandbänke, informieren.
Alle Elbe-Schiffsfahrer und Wassersportler sollten sich ohnehin vor Beginn ihrer Tour mit dem Revier beschäftigen, auch mit den Strömungsverhältnissen – und stets auf die Beschilderung und die unterschiedlichen schwimmenden Tonnen – die das Fahrwasser oder Untiefen markieren – achten. Bootsführer sollten diese Verkehrszeichen kennen. Wenn die gut 600 bis 900 Meter langen Stacks auf Höhe Fährmannssand bei ab- oder auflaufendem Wasser kaum sichtbar unter der Wasseroberfläche liegen, helfen sogenannte Kardinalzeichen, die die Gefahrenquelle anzeigen.
Je größer und schwerer ein Schiff, desto mehr Wasser verdrängt es
Je größer und schwerer ein Schiff – die größten haben am meisten Tiefgang und müssen in der Elbe mittig fahren – desto mehr Wasser verdrängt es seitlich und sorgt so für Wellengang, der kleinere Boote oder auch Kajaks ins Schaukeln geraten lässt. Mit einer Erhöhung der Geschwindigkeit entstehen auch mehr Sog und Wellenschlag, wenn große Schiffe aneinander vorbeifahren, entstehen zudem Strömungen, die kleinere Boote oder Kajaks ordentlich ins Wanken bringen können.
Aus Richtung Niedersachsen kommend ist eine Geschwindigkeit von zwölf Knoten erlaubt – das sind exakt 22,224 km/h. Richters: „Ab Radarturm in Richtung Hamburg sind es dann zehn Knoten.“ Bei der Anzahl der Schiffe, die auf der Elbe unterwegs seien, seien Unfälle aber im Promillebereich anzusiedeln.
Elbe-Schifffahrt: An die Regeln halten „wie im Straßenverkehr“
„Es ist wie im Straßenverkehr. Wenn alle aufeinander achten und sich an die Regeln halten, kann eigentlich wenig passieren“, so Richters. Treten plötzlich Nebel, Gewitter oder Starkregen auf, rät der Leiter dazu, die Fahrt außerhalb des Fahrwassers an geeigneter Stelle zu stoppen – und sie erst bei besserer Sicht wieder fortzusetzen.
Tatsächlich sind Rettungswesten an Bord von Privatschiffen keine Pflicht. „Aber wir sprechen die dringende Empfehlung aus, für den Notfall diese immer dabei zu haben“, so der Experte. Zudem empfiehlt Richters den Hobbyfahrern auf der Elbe den Besitz des Sportbootführerscheins See. Das sei im Sinne der Sicherheit einfach gut angelegtes Geld. In der Theorie dürfe allerdings jeder auch ohne Lizenz motorisiert losschippern, sofern die Nutzleistung von 15 PS (11,03 KW) nicht überschritten wird.
In der Elbe: DLRG Wedel warnt eindringlich vor dem Schwimmen
Wie auch Richters plädiert der Wedeler DLRG-Vorsitzende Stockhusen für ausreichende Rücksichtnahme im Schiffsverkehr: „Ein Containerschiff kann zum Beispiel einen Bremsweg von sechs Kilometern haben.“
Am gefährlichsten ist die Elbe jedoch für Schwimmer. Einige Unverbesserliche gab es aber auch im Kreis Pinneberg. Im August 2023 hatte sich ein Schwimmer bei Hetlingen in die Elbe begeben. Der eingeleitete Rettungseinsatz wurde abgebrochen, die Person kam aus eigener Kraft zurück ans Ufer. Am 5. September gab es einen ähnlichen Fall. Auch diesmal war es „nur“ ein Schwimmer, der wohlbehalten aus dem Wasser zurückkehrte. Je näher die Schwimmer in die Mitte des Flusses geraten, ob bewusst oder auch durch Strudel und Strömungen, desto heikler werde es.
Fließgeschwindigkeit von etwa 4,5 km/h in der Elbe
„Die Fließgeschwindigkeit der Elbe beträgt circa 4,5 Kilometer pro Stunde“, warnt der DLRG-Chef. Untrainierte Schwimmer schafften nur eine Geschwindigkeit von circa einem km/h. Am wichtigsten sei es, im Notfall nicht zu versuchen, gegen die Strömung anzuschwimmen, das koste zu viel Kraft. Man müsse möglichst ruhig bleiben und sich einfach treiben lassen, um dann versuchen, seitlich aus dem Sog zu gelangen.
Der DLRG-Ortsverein Wedel ist für 20 Stromkilometer von der Hamburger Landesgrenze bis Dwarsloch, also die Einmündung der Haseldorfer Binnen-Elbe zuständig. Insbesondere der Bereich an der Hetlinger Schanze sei bei Schwimmern beliebt. „Gerade dort ist man nah an der Fahrrinne und kann leicht in die Strömung geraten“, so der Rissener.
Strandbad in Wedel: Neuer Sand wirkt einladend auf die Gäste
Auch das Strandbad in Wedel kann gefährlich sein, wenn die Regeln nicht eingehalten werden. „Dort ist Sand aufgeschüttet worden, es geht somit flach und einladend ins Wasser“, erklärt Stockhusen, der quasi seit Geburt DLRG-Mitglied ist. Hauptberuflich ist er Speditionskaufmann, Einsätze werden auf einem Pager angezeigt. Und dann geht es Hals über Kopf los, um Menschen aus Notsituationen zu retten.
Die Retter sind mit Thermo-Anzügen ausgestattet, es gibt unter anderem auch Schwimmbretter, auf denen entkräftete Schwimmer an Land gebracht werden. Regelmäßig werden solche Einsätze in sämtlichen Wetterlagen trainiert. Die Sicht unter Wasser reicht oftmals einen halben Meter weit.
Am Elbstrand in Wedel ist das Baden offiziell verboten
„Auch wir müssen uns in diese Strömungsverhältnisse begeben und darauf optimal vorbereitet sein. Für uns ist es auch ein Risiko. Und deshalb müssen wir diese Situationen immer wieder üben“, sagt Stockhusen. Seit 14 Jahren ist er an der Elbe im Kreis Pinneberg aktiv, es habe – glücklicherweise – im Gegensatz zum Hamburger Bereich noch keine schlimmen Vorfälle mit Schwimmern am Elbstrand gegeben.
Doch die Gefahr ist auch dort real: Wenn etwa zwei Container-Schiffe in der Fahrrinne am Wedeler Elbstrand aneinander vorbeiführen, entstehe zum einen eine Sogwirkung – und in der Bucht käme es zu einer Welle, die unerwartet seitlich auf im Wasser watende Besucher träfe. Vor allem kleinere Kinder könnten dann Probleme mit der Standfestigkeit haben.
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Es seien auch immer wieder Familien zu beobachten, die unvernünftig weit bis Mitte des Stroms hinausliefen. Gerade bei ablaufendem Wasser. Oder spielende Kinder, die ohne Eltern durch das flache Wasser stolzieren.
Und es werde am Wedeler Elbstrand auch gebadet. Die DLRG-Mitarbeiter warnen. Die meisten seien dankbar für solche Hinweise, gerade diejenigen, die gerade vorhatten, sich unvernünftig in die Fluten zu stürzen.
Wedeler Rettungsschwimmer fahren auch mit dem Boot auf die Elbe hinaus
Naturgemäß ist bei gutem Wetter mehr los im Strandbad. Die Rettungsschwimmer zeigen Präsenz und fahren auch mit dem Boot hinaus, um die ganz Unverbesserlichen wieder in Richtung Ufer zu begleiten. Zwischen Mai und Ende September ist die Station an Freitagen und auch sonnabends und sonntags bis etwa 20 Uhr besetzt.
Die generelle Einsatzbereitschaft an der Elbe im Kreis Pinneberg gilt jedoch das ganze Jahr. Dann rückt die schnelle Eingreiftruppe gemeinsam mit Feuerwehr Wedel und weiteren Rettungseinheiten aus – um zu helfen, weil andere Fehler machen