Hamburg. Vergangene Woche ging eine Zehnjährige am Elbstrand unter. Rufe nach einem Verbot werden lauter. Doch so einfach ist das nicht.
Auch an Tag fünf nach dem tragischen Badeunfall in der Elbe, als eine Zehnjährige vor den Augen ihrer Eltern unterging, gab es keine neue Entwicklung. Die Wasserschutzpolizei hält bei den Patrouillenfahrten nach wie vor die Augen offen, die Hoffnung, das verunglückte Kind noch lebend zu finden, ist verschwindend gering. Abschreckende Wirkung hat der Badeunfall des kleinen Mädchens aber offenbar nicht. Auch am Dienstag wagten sich bei sommerlichen 32 Grad in Hamburg am Elbstrand in Övelgönne wieder viele Menschen in den tückischen Fluss.
Eine gefährliche Erfrischung, die immer wieder Todesopfer gefordert hat. Im vergangenen Jahr kamen zwei Jugendliche am Falkensteiner Ufer in der Elbe ums Leben. Exakt jener Ort, an dem Ende vergangener Woche das zehn Jahre alte Mädchen unterging.
Elbe in Hamburg: Warum ein Badeverbot so schwer umzusetzen ist
Das Thema Baden in der Elbe polarisiert mehr denn je in diesen Tagen. Nachdem das Abendblatt am vergangenen Freitag in einem Kommentar ein sofortiges Badeverbot gefordert hat, gingen in der Redaktion per E-Mail viele Leserbriefe ein. Der Tenor variierte dabei von „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Man kann nicht alles verbieten“ bis hin zu „Das Badeverbot ist alternativlos und muss zeitnah umgesetzt werden“. Das Problem: Ganz so einfach lässt sich ein solches Badeverbot im Hamburger Hafen gar nicht realisieren.
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Rein rechtlich ist das Baden in der Elbe klar geregelt. Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) erklärt die Rechtslage auf Abendblatt-Anfrage wie folgt: „Das Baden in der Elbe fällt unter den Gemeingebrauch. Dieser Gemeingebrauch ist im Hamburgischen Wassergesetz durch den Paragraf 9 und im Wasserhaushaltsgesetz durch Paragraf 25 beschrieben. Der Gemeingebrauch und somit das Baden als deren Bestandteil ist ein hohes Gut der Selbstbestimmung und kann nicht pauschal eingeschränkt werden. Konkrete Gefahren gehen insbesondere von Schleusen, Hafenanlagen, Schiffsanlegern, Buhnen und vom Schiffsverkehr aus. In diesen Bereichen ist das Baden nicht erlaubt.“
Badeunfälle in der Elbe: Wie die Hamburger Umweltbehörde reagiert
Die Umweltbehörde macht kein Geheimnis daraus, wie gefährlich das Schwimmen in dem Fluss ist. „Die Elbe ist kein ausgewiesenes Badegewässer, da sie die Anforderungen an ein Badegewässer weder qualitativ noch sicherheitsbedingt erfüllt. Das Baden in naturnahen Gewässern erfolgt grundsätzlich auf eigene Gefahr. Da nicht überall Verbotsschilder aufgestellt sind, ist das eigene Bewusstsein für Gefahrenbereiche und Gefahrensituationen sehr wichtig“, erklärt eine Sprecherin der BUKEA.
Darüber hinaus erneuerte die Behörde ihre Warnung vor dem Schwimmen in der Elbe: „Vom Baden in der Elbe raten wir wegen starker Strömung, den Auswirkungen des Schiffsverkehrs (Sog und Schwell) sowie der mangelnden Sichttiefe grundsätzlich ab. Außerdem muss nach starken Regenfällen aufgrund von Mischwasserüberläufen aus dem Sielnetz mit höheren bakteriellen Belastungen gerechnet werden.“
Hamburger Umweltbehörde ist für die Kontrolle der Wasserqualität der Elbe zuständig
Selbst wenn sich die Umweltbehörde für ein Badeverbot in der Elbe aussprechen würde, könnten sie es nicht selbst anordnen und durchsetzen. Die BUKEA ist lediglich für die Überwachung und Einstufung der Qualität, die Bewirtschaftung der Badegewässer hinsichtlich ihrer Qualität und die Information der Öffentlichkeit zuständig. „Das Baden in frei zugänglichen Gewässern ist in Hamburg gesetzlich generell erlaubt. Anordnungen zu Art und Maß der Nutzung einzelner Gewässer zum Baden, insbesondere Anordnungen zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit oder für Einzelne, obliegen der jeweils zuständigen Wasserbehörde. Das ist in diesem Fall die Hamburg Port Authority (HPA).“
Die Hamburger Hafenbehörde erklärt auf Anfrage des Abendblatts: „Der Senat ist gemäß Paragraf 11, Absatz 1 Nummer 1 laut des Hamburgischen Wassergesetzes (HWaG) ermächtigt, durch Rechtsverordnungen den Gemeingebrauch zu regeln, zu beschränken oder zu verbieten, um unter anderem Gefahren für die Allgemeinheit oder Einzelne zu verhüten. Nach Paragraf 11, Absatz 2 Satz 1 des HWaG kann die Wasserbehörde auch ohne Rechtsverordnung im Einzelfall Anordnungen über die Ausübung des Gemeingebrauchs zur Gefahrenverhütung für die Allgemeinheit oder für Einzelne treffen.“
Dennoch ist ein Badeverbot in der Elbe für die HPA derzeit kein Thema: „Unter Berücksichtigung der Eigenverantwortung und Selbstbestimmung des beziehungsweise der Einzelnen wird derzeit von diesbezüglichen Verboten abgesehen. Im Übrigen sind bei einem Verbot Überschreitungen grundsätzlich nicht auszuschließen“, erklärt die Behörde auf Abendblatt-Anfrage.
Elbe: So reagiert die Hafenbehörde HPA auf ein Badeverbot an den Stränden in Hamburg
Auch Gedankenmodelle, dass möglicherweise bestimmte Strandabschnitte zu sicheren Badestellen umgebaut und beispielsweise durch Netze im Wasser gesichert werden, seien keine Option. „Es gibt aus unserer Sicht keine sicheren Schwimmzonen in der Elbe. Aus Sicht der HPA gibt es aufgrund des hohen Tidenhubs (durchschnittlich 3,80 m) und der starken Strömung keine wirksamen technischen Maßnahmen. Da sich die Strömung unter Wasser befindet, würden die Personen schlimmstenfalls unter Wasser gezogen und sich dann im Netz verfangen“, erklärte eine Sprecherin dem Abendblatt. Beim Einsetzen der Flut beträgt die Strömungsgeschwindigkeit rund 4,5 Kilometer pro Stunde.
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Die Hamburg Port Authority erklärt, dass sich viele Schwimmerinnen und Schwimmer oft in falscher Sicherheit am Elbstrand wiegen. „Die Stationierung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) wird leider oft missverstanden: Sie bedeutet nicht, dass sich dort eine offizielle Badestelle befindet, an der ungefährdet gebadet werden kann. Seit Jahren weisen die Hamburger Behörden darauf hin, dass die Elbe aus Sicherheitsgründen zum Baden ungeeignet ist“, erklärt eine HPA-Sprecherin.
Aktuell läuft die Aufarbeitung des Unfalls der Zehnjährigen. „Wir befinden uns in einem regelmäßigen Austausch mit DLRG und Feuerwehr, hier werden präventive Maßnahmen besprochen. Auch die aktuellen Ereignisse werden überprüft und ausgewertet“, heißt es von der HPA. Ein Badeverbot wird es also nicht geben. Die Hamburger Hafenbehörde setzt – wie auch BUKEA, Feuerwehr und DLRG – auf Aufklärung vor Ort in Form von international klar verständlichen Schildern, im Internet, den sozialen Netzwerken und über Flyer in mehreren Sprachen.