Wedel. Stärkste Fraktion im Wedeler Rat bleibt die CDU, die Grünen werden zweitstärkste Kraft. SPD und Linke mit großen Verlusten.
Wie politischer Zusammenhalt aussehen kann, zeigte sich in Wedel bereits am Freitagabend vor der Kommunalwahl: Nachdem Wahlplakate der Grünen mit Hakenkreuzen beschmiert worden waren – und die Polizei angeordnet hatte, diese Nazi-Symbole zu übermalen, packten nach Hinweis von Petra Kärgel Vertreter aller Parteien gemeinsam an, um ein starkes Zeichen gegen Rechts zu setzen. So wurden durch den Pinsel aus den Hakenkreuzen Herzen.
Kann solch symbolträchtiges Fanal vielleicht der Auftakt einer durchgängig harmonischen politischen Zusammenarbeit im Wedeler Rat sein? Viel Liebe für das Ergebnis der Kommunalwahl gibt es jedenfalls aus Grünen-Sicht: Während bundesweit die Partei in Umfragen reichlich Prozente einbüßt, trotzt der Wedeler Ortsverband diesem Trend eindrucksvoll – sie ist zweitstärkste Kraft in Wedel mit 23,2 Prozent und verbesserte sich deutlich im Vergleich zur Wahl 2018 (+3,5 Prozentpunkte).
Sensation in Wedel: Grünen gewinnen erstmals drei Wahlkreise
Klarer Wahlsieger ist die CDU, die auf 31,5 Prozent der Stimmen kam und in 13 von 16 Wahlkreisen das Direktmandat einheimste. Eine schwarz-grüne Koalition im Wedeler Stadtparlament – wie auf Landesebene – schloss Grünen-Spitzenkandidatin Petra Kärgel jedoch direkt nach Verkündung des vorläufigen Endergebnisses bereits im Ratssaal kategorisch aus.
„Ohne Gespräche zu führen, weiß ich, dass wir unsere Themen voranbringen möchten. Die Unterschiede zwischen uns sind thematisch einfach zu groß“, sagte sie. Nun solle etwa die Energie- und Mobilitätswende in der Stadt mit viel Kraft eingeleitet werden. Den ganzen Wahlabend zum Nachlesen finden Sie hier.
Wedel: Grüne werden zweitstärkste Kraft im Rat
Große Freude herrschte auch darüber, dass die Grünen gleich drei Wahlbezirke für sich entscheiden konnten. Tobias Kiwitt, der als parteiloser Kandidat bei der Bürgermeisterwahl im Vorjahr angetreten war, gewann für die Grünen den Wahlbezirk 7 mit 137 Stimmen.
Es war das erste gewonnene Direktmandat der Partei seitdem sie 1980 auf der Wedeler Politikbühne erschienen war. Patricia Römer und Verena Heyer gewannen zwei weitere Wahlkreise direkt. Kärgel, Dagmar Süß, Karin Blasius, Holger Craemer, Petra Goll und Thomas Wöstmann erreichen über ihre Listenplätze das Mandat.
Wahlsieger CDU hofft auf ein besseres Miteinander im Rat
Ein Plus von 3,8 Prozentpunkten verbuchen die Christdemokraten. Ein gutes Miteinander im künftigen Stadtparlament liegt ihnen am Herzen: „Wir möchten, dass es ein anderer Rat wird als in den vergangenen fünf Jahren. Das haben wir in Gesprächen mit anderen politischen Vertretern schon mitgeteilt“, sagt Wedels CDU-Spitzenkandidatin Julia Fisauli-Aalto.
„Die Freude über das tolle Ergebnis ist groß. Wir sind total glücklich. Gerade, weil wir mit einem neuen, jüngeren Team angetreten sind und die Älteren in der CDU diesmal eher weniger vertreten waren“, sagt Spitzenkandidatin Julia Fisauli-Aalto. Der bisherige Stadtpräsident Michael Schernikau, Michael Kissig und Kay Burmester nahmen beispielsweise bewusst hintere Listenplätze ein oder traten gar nicht erst an.
Kommunalwahl: Gleich vier CDU-Ratsfrauen – SPD schmiert ab
Neben Fisauli-Aalto ist der Frauen-Anteil mit Johanna Bergstein, Sabine Zedler und Anja Lembach gegenüber neun Männern (Ortsverbandsvorsitzender Julian Fresch, Torben Wunderlich, Herbert und Hendrik Tomascheski, Christoph Matthiessen, Jens Bergstein, Jochen und Jan Lüchau, Bernhard Weidenbach) im bundesweiten CDU-Vergleich recht hoch.
Die SPD muss herbe Verluste einstecken, gewinnt keinen einzigen Wahlbezirk und rauscht um 5,4 Prozentpunkte im Vergleich zur Kommunalwahl 2018 runter auf 17,8 Prozent. „Im Prinzip liegen wir mit diesem Ergebnis im allgemeinen Trend“, sagt Wedels SPD-Spitzenkandidatin Heidi Keck, die kurz nach der Wahl noch nicht „in der strukturellen Enttäuschung“ angekommen war.
Kommunalwahl: Noch sieben Ratssitze für die SPD in Wedel
Da die Sozialdemokraten allgemein in den Städten des Kreises eher Stimmen eingebüßt hätten, sei dies nicht „Wedel-spezifisch“, so die Spitzenkandidatin. Gemeinsam mit den Ortsverbänden im Kreis Pinneberg starte nun in den kommenden Tagen eine Analyse.
Gerade in den Nordbezirken Wedels habe etwa die WSI, die Wählergemeinschaft Wedeler Soziale Initiative, mit ihrer Haltung gegen das Baugebiet Wedel Nord und der Unterstützung des Bürgerentscheides punkten können. Als „Einmal-Effekt“ bezeichnete Keck diesen Umstand. Die SPD hat als drittstärkste Kraft noch sieben Sitze im Wedeler Rat (Keck, Christian Freitag, Lothar Kassemek, Kadir Sayinç, Laurin Schwarz, Stefan Grasedieck und Wolfgang Rüdiger).
Gegen Wedel Nord: WSI gewinnt Wählerstimmen hinzu
Große Zufriedenheit herrscht auch bei der WSI mit erreichten 12,5 Prozent und damit einem Plus von 3,1 Prozentpunkten im Vergleich zu 2018. „Dieses tolle Ergebnis bestärkt uns in unserer Arbeit. Wir sind sehr zufrieden mit dem Wahlergebnis und danken allen Wählerinnen und Wählern, die uns ihre Stimme gegeben haben. Ich denke schon, dass das Thema Wedel Nord ein Pluspunkt ist und dementsprechend honoriert wurde“, sagte Spitzenkandidatin Angela Drewes.
Themen der WSI hätten schließlich auch die ehemalige Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms dazu bewegt, sich auf diesem politischen Weg zu engagieren, so Drewes. Ebenfalls ziehen Wilms, Peter Ammer, Manfred Schlund und Philipp Grüßner in den Rat ein.
Nina Schilling: „Wir haben den FDP-Bundestrend übertroffen“
Mit Nina Schilling, Klaus Koschnitzke, Antje Hellmann-Kistler und Jörg Hohner sind in den kommenden fünf Jahren vier FDP-Vertreter im Wedeler Stadtparlament.
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„Unser erstes Ziel war, dass wir Fraktionsstärke behalten und das zweite, dass wir wieder mit mindestens vier Ratssitzen im Wedeler Rat vertreten sind. Das haben wir beides erreicht und das freut uns sehr. Zudem haben wir den FDP-Bundestrend übertroffen“, so Spitzenkandidatin Schlling. Eine anerkannte Fraktion besteht aus mindestens drei Mitgliedern. Die FDP verlor 1,8 Prozentpunkte und erreichte einen Wert von 9,3 Prozent in Wedel.
Die Linke verliert in Wedel wohl ihren Fraktionsstatus
Die Linken verlieren wohl ihren Fraktionsstatus und haben mit Spitzenkandidat Detlef Murphy und Patrick Eichberger nur noch zwei statt wie bisher drei Ratssitze. Die Partei kam bei der Kommunalwahl nur auf 5,7 Prozent, das entspricht einem Minus von 3,2 Prozentpunkten im Vergleich zu 2018.
„Meinen Ratssitz hatte ich ja den vielen CDU-Überhangmandaten bei der Gemeindewahl 2018 zu verdanken, die den Wedeler Rat deutlich größer werden ließen“, sagt Bastian Sue, der – Stand jetzt – diesmal leer ausgeht.
Bastian Sue: „Die Stadt ist sozialer und lebensfreundlicher geworden“
Er hätte sich natürlich gewünscht, dass das Wahlergebnis der Linken ausreichen würde, wieder zu dritt im Rat vertreten zu sein. „Wir haben in Wedel gute Arbeit geleistet und die Stadt mit vielen guten Ideen bereichert.“ Für alle Bevölkerungsschichten sei die Stadt, wo es ging, „sozialer und lebensfreundlicher geworden“.
Wegen des geänderten Kommunalwahlrechts haben die Linken wohl keinen Fraktionsstatus mehr und dadurch in den einzelnen Ausschüssen auch kein Mitspracherecht. „Das ist mehr als ärgerlich. Wir werden Entscheidungen aus den Ausschüssen dann im Rat diskutieren müssen“, so Sue. Auf Landesebene hatten CDU und Grüne jene Wahlrechtsänderung beschlossen.
Die Wahlbeteiligung in Wedel lag bei 42,8 Prozent und damit minimal höher als noch vor fünf Jahren (42 Prozent). Der Gemeindewahlausschuss tagt am Dienstag, 23. Mai, um die vorläufigen Ergebnisse zu bestätigen.