Wedel. 1000 Wohnungen wollen die Firmen Semmelhaack und Rehdeer bauen. Eine Initiative will das verhindern. Das sagen die Bauherren.

Kürzlich haben die Wohnungsbau-Unternehmen Semmelhaack und Rehder Wohnungsbau ihre Homepage für das Großprojekt Wedel Nord veröffentlicht. Bereits auf der Startseite soll mit einem Vorurteil der Gegner, dass nur Reiche sich die Immobilien dort leisten könnten, aufgeräumt werden – „Wohnraum für alle“ heißt es dort.

Das Quartier sei für Singles, Paare, Familien und Senioren gleichermaßen geeignet. Auch auf den hohen sozialen und ökologischen Anspruch in dem Baugebiet wird hingewiesen. In roter Schrift und unterstrichen sticht der Satz hervor: „35 Prozent der Wohneinheiten im ersten Bauabschnitt werden sozial gefördert sein, im Geschossbau sogar 43,5 Prozent.“

Immobilien-Streit um Wedel Nord: Jetzt reden die Projekt-Investoren

Das ist sind klare Ansagen, die aber erst im wahrsten Sinne des Wortes noch untermauert werden müssen. In einem ersten Bauabschnitt im Norden der Rolandstadt zwischen Voßhörn-, Aschhoopstwiete und Bündtwiete sowie Steinberg, sollen auf einem gut 20 Hektar großen Areal – eine Fläche von 28 Fußballfeldern – circa 560 Wohneinheiten gebaut werden.

„Es sollen gut 440 Geschosswohnungen entstehen, von denen mehr als 40 Prozent öffentlich gefördert werden. Zudem entstehen nach heutiger Planung 50 Reihenhäuser, 40 Doppelhaushälften und 30 Einzelhäuser“, führt Stephan Rehder, geschäftsführender Gesellschafter von Rehder Immobilien, durch die Zahlen. Gut 80 Prozent sollen vermietet werden, etwa ein Viertel wird verkauft.

Der blaue Abschnitt zeigt den ersten Bauabschnitt von Wedel Nord (r.). Links davon ist der geplante zweite Bauabschnitt mit einem Schulstandort.
Der blaue Abschnitt zeigt den ersten Bauabschnitt von Wedel Nord (r.). Links davon ist der geplante zweite Bauabschnitt mit einem Schulstandort. © Landwerk GmbH

Der Wohnraumbedarf in Wedel sei unbestritten hoch. „Im Jahr 2016 gab es ein Gutachten vom Institut Gewos, in dem für Wedel der Bedarf von 2600 Wohnungen bis 2030 prognostiziert wurde. Daraus leitet sich ein gesellschaftspolitischer Auftrag an uns alle ab“, sagt Hartmut Thede, Mitglied der Geschäftsführung und verantwortlich bei Semmelhaack-Immobilien für die Projektentwicklung. Und der Bedarf an Wohnraum dürfte in den vergangenen Jahren – durch Migration wegen der vielen weltweiten Krisen – noch erheblich weiter gestiegen sein.

Wedel Nord: Der Rahmenplan ist von der Politik verabschiedet worden

Geplant, diskutiert, gestritten in Verwaltung und Politik wird seit 2010, als der Startschuss für die ersten Planungen auf dem Areal erfolgte, intensiv. Am 25. November 2021 ist der Rahmenplan für die Bebauung von Wedel Nord im Rat der Stadt verabschiedet worden. Für den ersten von zwei Bauabschnitten. Mit 33 Ja-Stimmern, vier Enthaltungen der Wedeler Sozialen Initative (WSI) und null Enthaltungen.

„Als dies beschlossen wurde, herrschte soweit auch politischer Konsens, dass zunächst nur für den 1. Bauabschnitt Baurecht angestrebt werden solle“, sagt Rehder. Zudem sei die Politik, auch in der Arbeitsgemeinschaft Wedel Nord, stets transparent über die Planungen im Bilde gewesen. Beispielsweise, welche Grünzüge in den ersten Bauabschnitt kommen sollen. Auch die Bevölkerung hatte bei Informationsveranstaltungen die Gelegenheit, auch kritische Anregungen vorzutragen.

Frühester Baubeginn für Großprojekt Wedel Nord wäre im Optimalfall 2025

Die Investoren skizzieren ihre persönliche Ideallinie für ihr Vorhaben: „Im Laufe dieses Jahres soll der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst werden. Frühestens Ende 2024 könnten wir Baurecht erlangen, ab 2025 würde dann die Erschließung erfolgen, sprich Straßen gebaut und Leitungen gelegt werden, um dann 2026 mit dem Hochbau zu beginnen. Ein Jahr später könnten dann die ersten Leute einziehen. Bis 2029 könnte der Bauabschnitt abgeschlossen sein“

Eine übergeordnete Verkehrsplanung ist Sache der Stadt, da möchten sich die Bauherren nicht einmischen. „Man braucht sich nichts vormachen. Jedes Baugebiet wird auch zu mehr Verkehr führen. Die Straßen werden durch Wedel Nord nicht leerer“, sagt er. Die Frage sei jedoch, ob Wedel Nord – explizit der erste Bauabschnitt – den Verkehr endgültig zum Erliegen brächte.

Die Bauunternehmer Hartmut Thede (l.) von der Firma Semmelhaack und Stephan Rehder von Rehder Immobilien. 
Die Bauunternehmer Hartmut Thede (l.) von der Firma Semmelhaack und Stephan Rehder von Rehder Immobilien.  © Frederik Büll | Frederik Büll

Verkehrsaufkommen sei laut Gutachten verträglich

Verkehrsplaner des Unternehmens Argus und WWK hätten sich mit der Frage beschäftigt und seien zu dem Urteil gekommen, „,dass das Verkehrsaufkommen trotz konservativer Prognosen verträglich bleibt“. Zusätzlich werden in Wedel Nord Anreize geschaffen, auf das Auto zu verzichten. Geplant sind zum Beispiel Ladestationen für E-Lastenbikes und Fahrradstellplätze. Es sollen viele Rad- und Fußwege innerhalb des Quartiers gebaut werden.

Der Aspekt Verkehr ist ein zentraler Kritikpunkt der WSI, die sich von Beginn an gegen das Vorhaben wehrt und der Bürgerinitiative „Nein zu Wedel Nord“, die eine Unterschriften-Aktion für ein Bürgerbegehren gegen Wedel Nord mit seinen insgesamt etwa 1000 neuen Wohneinheiten gestartet hat. Sie sehen kein schlüssiges Verkehrskonzept. So würden Verkehrsexperten von 3,75 Fahrzeugbewegungen pro Wohneinheit ausgehen – also 3750 insgesamt am Tag.

Kritik am Verkehr in Wedel bezieht sich laut Bauherr auf beide Bauabschnitte

„Viele Kritikpunkte zum Thema Verkehr beziehen sich auf einen zweiten Bauabschnitt, von dem heute keiner weiß, ob und wann er überhaupt kommt. Dann müssen sicherlich an der Verkehrsinfrastruktur Änderungen vorgenommen werden“, so Junior-Chef Rehder. Von daher beziehe sich die BI an dieser Stelle nicht auf die aktuelle Planung.

„Das ist aber ein emotionaler Punkt. Jeder empfindet den ständig zunehmenden Verkehr subjektiv als Katastrophe“, zeigt Thede Verständnis für die Sorgen. Sofern ein zweiter Bauabschnitt für Wedel Nord käme, müsse die Erfordernis einer weiteren Trasse neu geprüft und mit allen Beteiligten offen diskutiert werden – da sind sich sowohl Thede als auch Rehder einig.

Beide sind ebenfalls regelmäßig mit dem Auto in Wedel unterwegs und wissen, dass der Autoverkehr zu den Stoßzeiten im Stadtgebiet, etwa auf der B 431, äußerst zähfließend sein kann. . Auch eine bessere Anbindung an den ÖPNV soll für Wedel Nord gelingen; an welchen Orten geeignete Bushaltestellen möglich wären, ist allerdings noch kein Teil der politischen Diskussion gewesen. Und prinzipiell auch eine Angelegenheit der Stadt.

Eine Schule kann von der Stadt geplant werden – im zweiten Bauabschnitt

Familienfreundlich soll Wedel Nord ebenfalls werden, mit zwei potenziellen Orten für Kitas im ersten Bauabschnitt. Schließlich sei Wedel auch im Bildungssektor – insbesondere auf Schulen bezogen – aktuell an der Kapazitätsgrenze angekommen oder schon darüber. „Die Stadt hat im vergangenen Dezember einen Aufstellungsbeschluss für die Planung einer Schule gefasst, die örtlich im zweiten Bauabschnitt liegt. Dass die Stadt das Projekt parallel zum ersten Abschnitt angeht, ist aber richtig“, erklärt Rehder.

Der Schulentwicklungsplan mit einer Bedarfsanalyse für Wedel seitens der Stadt soll Ende März dieses Jahres vorliegen. „Die Kommune hat damals im Zuge der Rahmenplanung noch andere Prioritäten gesetzt und eine Schule von vornherein für den zweiten Bauabschnitt geplant, weil die Priorität auf dem dringenden Wohnungsbedarf lag“, sagt Thede.

Wedel Nord: Immobilien in der Innenstadt wären keine geeignete Alternative

Eine innerstädtische Verdichtung statt Wedel Nord wäre ebenfalls kein geeigneter Ansatz. „Wir kommen weder an so viele Grundstücke, noch wären wir als Bauherren vieler kleiner Parzellen zum Bau von Kitas, Abgaben für Schulbau und neuen Straßen verpflichtet. Verkehr und Zuzug würden sich so auch nicht reduzieren lassen“ sagt Thede.

Gerade auch in Hinblick auf den Business Park müsste viel Wohnraum geschaffen werden. „Und es besteht ja auch ein hoher Wedel-interner Bedarf. Der Mietmarkt ist aktuell leergefegt“, meint der diplomierte Wirtschaftsingenieur Rehder.

„Wir machen vorrangig etwas für die Wedeler. Selbstverständlich werden Menschen aus der Stadt bevorzugt, wo immer dies möglich ist – ob bei den Mietwohnungen oder den Eigenheimen. Von Anfang an“, so Thede. Man müsse bei aller Kritik an diesem Projekt abwägen, ob es verträglich ist. Und das sei aus Sicht der Investoren durch die Fokussierung auf den ersten Bauabschnitt und den langen Zeitraum der Umsetzung gegeben.