Wedel. Trotz hoher Verschuldung: Investitionen für Schulen und Wohnraum dringend nötig. Auch der Hafen und Wedel Nord bleiben Themen.

Im Haushalt klafft ein großes Loch – wie schon seit vielen Jahren in Wedel. Bereits bei der Verabschiedung des defizitären Etats am 22. Dezember in der Ratsversammlung sagte Bürgermeister Gernot Kaser, dass die „Situation dramatisch, aber nicht hoffnungslos“ sei. Der parteilose, gebürtige Österreicher hatte das Amt von Niels Schmidt am 1. Mai 2022 übernommen. Schmidt war zuvor 18 Jahre Chef der Verwaltung. Wedel braucht nun dringend mehr Wohnraum und Schulplätze. Probleme drohen am Hafen – Wedel Nord bleibt ein Zankapfel.

Agenda 2023: Das plant die Stadt Wedel im kommenden Jahr

1. Haushalt

Zum Wohle Wedels und seiner gut 35.000 Einwohner haben die Mitglieder der Ratsversammlung dem Haushaltsentwurf 2023 zugestimmt. Gemein waren allen Politikern die Bauchschmerzen und der gleichzeitige Wunsch, dass die Stadt möglichst handlungsfähig bleibt. Das Minus beträgt gut 13 Millionen Euro. Das Innenministerium Schleswig-Holstein beschäftigt sich mit dem Entwurf. „Die Entscheidung darüber erfolgt erst Ende Februar“, sagt Kaser.

Es wird als Auflage Kürzungen bei der Kreditaufnahme für Investitionen geben. Schon 2022 mussten geplante Investitionen verschoben oder Summen gekürzt werden. Die Stadt steht mittlerweile mit gut 90 Millionen Euro in der Kreide. Kaser plant, mit dem Projekt „Abbau des Haushaltsdefizites“ jährlich etwa „drei bis fünf Millionen Euro“ einzusparen. Es sollen intern Prozesse optimiert und strategische Handlungsfelder festgelegt werden. „Nehmen wir zum Beispiel die Schulen oder die Mobilität. Dann legen wir einen finanziellen Handlungsrahmen fest, der noch etwas Spielraum lässt“, so der Bürgermeister. Es wird priorisiert, einige Maßnahmen könnten auf kommende Jahre verschoben werden.

Wedel will Standort für Gründungs- und Technologiezentrum werden

2. Business Park/Gründerzentrum

„Sofern wir tatsächlich den Zuschlag für das Gründerzentrum bekommen sollten, ist es mir wichtig zu betonen, dass es nicht das Gründerzentrum nur für Wedel ist, sondern das Gründerzentrum im Kreis Pinneberg“, sagt Kaser. Ein externes Gutachten hatte den Standort im Businesspark für das Gründungs- und Technologiezentrum klar favorisiert.

Am 16. Januar gibt es eine Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses des Kreises Pinneberg, in dem alle Bewerber – Pinneberg und Elmshorn sind auch im Rennen – noch einmal detailliert mit ihren Konzepten für sich werben. Danach fällt die endgültige Entscheidung. 2023 wird zudem der zweite Bauabschnitt mit zwei weiteren Elbcubes realisiert. Mit der Fertigstellung der beiden fünfstöckigen Bürowürfel ist voraussichtlich 2024 zu rechnen. Bislang steht das größere Haupthaus mit sieben Stockwerken.

Weitere Mieter für Elbcubes im Businesspark gesucht

Es sollen insgesamt vier fünfstöckige Komplexe hinzukommen, nachdem sich Investor Hans Wörmcke und der Rat 2022 auf eine Änderung der Bebauungspläne – Angleichung der Stockwerkhöhe, energetische Umplanung – einigen konnten. Auf dem 185.000 Quadratmeter großen Areal, die Baufläche beträgt circa 125.000 Quadratmeter, an der Elbe sollen sich möglichst viele Unternehmen ansiedeln.

Aktuell sind zehn Mieter – vornehmlich aus der Dienstleistungsbranche – im fertigen Elbcube aktiv. Die Bauanträge für die beiden geplanten Elbcubes und eine Halle (2600 Quadratmeter) sind beantragt. Das Richtfest für einen 8200 Quadratmeter großen Komplex des Hamburger Unternehmens Xpress Seals (Hydraulik/Pneumatikdichtungstechnik) war im August 2022. Es gibt großes Interesse eines Unternehmens aus dem verarbeitenden Gewerbe, auf etwa 9600 Quadratmetern eine Halle und Büros zu bauen.

Zudem liegen erste Entwürfe einer Hamburger Firma vor, die 120 Mitarbeiter auf ein Grundstück von 15.000 Quadratmetern beruflich unterbringen möchte. „Gemeinsam mit unserem Wirtschaftsförderer Manuel Baehr führen wir viele Gespräche“, so Kaser. Baehr schätzt, dass es 2023 finale Zusagen von bis zu drei Firmen geben könnte. Die wirtschaftliche Lage sei kompliziert, Prognosen daher schwierig, ob Investitionen der mittelständischen Unternehmen nicht nach hinten verschoben werden.

Wedel: Investitionen in die Schulen sind dringend nötig

3. Schulbau

Die Raumnot in den Schulen ist groß. Gebaut und erweitert wird an der Gebrüder-Humboldt-Schule – vier Stockwerke, 1500 Quadratmeter Fläche. Künftig gibt es sechs Klassen- und vier Gruppenräume sowie vier Büros mehr. Die Baukosten für die Stadt belaufen sich auf 6,5 Millionen Euro, davon werden 680.000 Euro gefördert. Im dritten Quartal dieses Jahres ist die Fertigstellung geplant. Das Johann-Rist-Gymnasium bekommt einen zweigeschossigen Neubau oberhalb des Bunkers für 21 Klassen, Kostenpunkt abzüglich der Förderung: 7 Millionen Euro. Ende 2023 soll der neue Unterstufentrakt fertig sein.

An der Albert-Schweitzer-Grundschule soll ebenfalls ein Neubau bis Ende 2024 fertig gebaut sein. An der Moorwegschule wird an einer Machbarkeitsstudie für eine Erweiterung gearbeitet. Auch nach Erweiterungsmöglichkeiten in der Schulkindbetreuung wird gesucht. Der Schulentwicklungsplan der Stadt liegt voraussichtlich Ende März vor. Im Sommer gibt es an der Moorwegschule voraussichtlich sieben erste Klassen. In Wedel mehren sich lautstarke Forderungen nach einer vierten Grundschule.

„Aus meiner ganz persönlichen Sicht könnte diese ins bereits bestehende Pestalozzi-Förderzentrum einziehen. Allerdings müsste dann natürlich auch dafür ein neuer, geeigneter Standort gefunden werden“, meint Kaser. Der geplante Rechtsanspruch auf eine offene Ganztagsbetreuung ab 2026 setzt die Kommune zusätzlich unter Druck, geeignete Lösungen zu finden.

Agenda 2023: Wedel will den Ausbau des Schulauer Hafens vorantreiben

4. Schulauer Hafen

Der Schulauer Hafen zählt zu den Hauptgründen für die katastrophale finanzielle Lage der Stadt. Mehr als 35 Millionen Euro kostet das seit 2008 geplante Projekt, dass 2025/26 fertig werden soll. Abzüglich der Fördergelder vom Land bleiben gut 15 Millionen Euro Eigenanteil der Stadt übrig. Jährlich belastet der Hafen den Haushalt laut Kaser mit gut 430.000 Euro. An der Spundwand auf der Ostseite soll in diesem Jahr für 1,5 Millionen Euro zur Stabilisierung noch Geröll unter Wasser aufgeschüttet werden – diese Maßnahme muss die Stadt selbst finanzieren.

Während der Außenbereich durchgeplant ist, ist die Bespielung und künftige Nutzung der Wasserfläche noch unklar. Es wurde im Vorjahr eine Machbarkeitsstudie vorgestellt mit Schlengelanlage, einem Bereich für Traditionsschiffe und einem schwimmenden Kultur-Zentrum. Es hätte dabei jedoch betriebswirtschaftliches Zahlenmaterial gefehlt, welche Folgekosten auf die Stadt zukämen. Fehlt eine Wassernutzung, droht die Rückzahlung von Fördergeldern. Die Planung soll nun vorankommen. „Für das Becken wird die Machbarkeitsstudie aufgegriffen und erweitert“, sagt Kaser, der als ehemaliger Firmen-Chef stets auch über anfallende Kosten in den kommenden Jahren im Bilde sein möchte.

Agenda 2023: Wedel muss in bezahlbaren Wohnraum investieren

5. Wedel Nord

Wedel braucht dringend neuen Wohnraum. Das Neubaugebiet Wedel Nord soll Abhilfe schaffen. Zwischen Steinberg und Voßhörntwiete sollen im ersten Bauabschnitt 560 Wohneinheiten entstehen. Insgesamt sollen 1000 Wohnmöglichkeiten auf 53 Hektar gebaut werden. Es fehlt noch der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan. Es gibt ein Bürgerbegehren gegen das Projekt, das die Verwaltung intensiv beschäftigen wird. „Ende 2024 könnte das Planrecht da sein“, schätzt Kaser.

6. Bezahlbarer Wohnraum

In Wedel sind laut Ratsbeschluss 30 Prozent bei Neubauprojekten für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Ob es um 30 Prozent der Fläche oder 30 Prozent aller Wohnungen geht, scheint Verhandlungssache zu sein. Geht es nach Kaser, der sich als Verfechter des bezahlbaren Wohnraums sieht, um dem Querschnitt der Wedeler Gesellschaft gerechter zu werden, soll die Quote auf 40 Prozent anwachsen. Innerhalb der Verwaltung und gegenüber der Politik wirbt er für Bauprojekte wie das von Thomas Volk an der Holmer Straße, der von zu bauenden 100 Wohneinheiten gut die Hälfte förderungswürdig gestalten möchte.

Wedels Bahnhofstraße soll attraktiver gestaltet werden

7. Mobilitätskonzept

Wedel möchte seine Infrastruktur nachhaltiger gestalten – fahrradfreundlich auf neuen Radwegen und mit besserem Öffentlichen Personennahverkehr. Das Auto bleibt dabei Teil des Mobilitätskonzept, das aus insgesamt 15 erarbeiteten Handlungsbausteinen besteht. Einige Straßen sind bereits saniert. Es geht zum Beispiel auch um die Stärkung des Fußverkehrs, die Schulwegsicherung oder eine Expansion von Car-Sharing und eine Ausweitung des Ladesäulennetzes. „Der Endbericht wird wohl im ersten Halbjahr 2023 fertig sein“, so Kaser.

8. Bahnhofstraße

Es herrsche in der Politik Konsens darüber, dass die Bahnhofstraße endlich attraktiver gestaltet wird. Etwa mit Sitzmöglichkeiten und Bepflanzung zum Verweilen. Beantragte Fördergelder für das Innenstadtprojekt des Landes hat Wedel 2022 nicht bekommen. 2023 wird die Stadt einen neuen Versuch starten.

Agenda 2023: Bürgermeister will neues Stadtmarketingkonzept vorlegen

9. Stadtmarketing

„Ich werde im Februar ein neues Stadtmarketingkonzept vorstellen“, sagt Kaser. Ihm schwebt ein Citymanagement auf Vollzeit-Ebene vor und eine Weiterentwicklung von Wedels Möglichkeiten, etwa im Bereich der Innenstadtbelebung, Kultur oder Tourismus. Auf dem Neujahrsempfang fehlte in Kasers Ansprache der Hinweis auf eine Zusammenarbeit mit dem ehrenamtlich tätigen Wedel Marketing.

Der Vertrag zwischen Stadt und dem Verein – per Ratsbeschluss im letzten Monat der Amtszeit von Ex-Bürgermeister Niels Schmidt besiegelt – läuft noch bis Ende des Jahres. Das Verhältnis beider Vertragspartner ist angespannt. Kaser monierte zuletzt fehlende Professionalität in den Reihen von Wedel Marketing. In der letzten Ratsversammlung hatte der Bürgermeister im nichtöffentlichen Teil versucht, eine Abstimmung über die Kündigung zum 1.1.2024 auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Die Ratsmitglieder sprachen sich deutlich dagegen aus.

Agenda 2023: Zukunft des Reepschlägerhauses soll geklärt werden

10. Kultur und Sport

Das Theaterschiff Batavia oder der Basketball-Club SC Rist sind zwei wichtige Beispiele der vielfältigen Kultur- und Sportlandschaft. Mit den Kulturschaffenden saß der Bürgermeister Ende November zusammen, um in Diskussionen untereinander „Synergien auszuloten und zu hören, welche Sorgen es gibt“, sagt Kaser. Solch einen Austausch plant Kaser auch in diesem Jahr mit den Sportvereinen der Stadt, um die Erkenntnisse aus dem Sportentwicklungsplan zu diskutieren. „Dabei geht es auch um eine Analyse aus dem Gebäudemanagement, wo was genau gemacht werden muss“, sagt der 60-Jährige.

11. Reepschlägerhaus

Nach unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Betreibern des Cafés Reepis Teeketel und dem Förderverein Reepschlägerhaus endet der Gastronomie-Betrieb dort zum 1. April. Der Förderverein, der von der Stadt Wedel als Besitzer des ältesten Hauses der Stadt den Auftrag hat, eine Gastronomie zu bieten, ist auf der Suche nach einem neuen Betrieb. Es sollen auch in den Abendstunden Speisen angeboten werden. Sofern kein neuer Pächter in dieser Zeitspanne gefunden werden kann, wird der Förderverein interimsweise selbst die Gastronomie übernehmen. Viele Wedeler, darunter auch Kaser, hoffen, dass das beliebte Café des Ehepaars Krinkowski an anderer Stelle in Wedel wiedereröffnet wird.

12. Medac-Hochhaus

Auf dem Parkplatz an der Theaterstraße möchte die Pharma-Firma Medac ein zwölfgeschossiges Bürogebäude bauen. Politik und Firma diskutieren derzeit über die Schaffung von Parkplätzen, da auch das angrenzende Ärztehaus viel besucht wird. Die favorisierte Idee einer viergeschossigen Tiefgarage möchte Medac nicht mehr. Es wird nach Optionen gesucht, etwa auf dem Gelände des Möller-Technicons. Eine seitens der Politik erhoffte Nutzung des Untergeschosses des Büroturms für die Öffentlichkeit ist nicht gewünscht. Es wird 2023 weiter geplant und diskutiert, von einer Umsetzung ist das Projekt noch weit entfernt.