Wedel. Stadt strebt 30 Prozent öffentlich geförderten Wohnraum an. Bis zum Baubeginn gilt es aber noch einige Hürden zu überwinden.

Es könnte ein wegweisender Beschluss sein: Nach fast sieben Jahren hat sich die Wedeler Ratsversammlung am Donnerstagabend auf einen Rahmenplan für das Neubauviertel Wedel Nord geeinigt. Ein Meilenstein. Die Planung tritt damit in eine neue Phase – trotzdem sind noch viele Fragen ungeklärt.

Zum Hintergrund: Die Planungen rund um Wedel Nord beschäftigen die Stadt schon seit 2014. Der zunehmende Wohnungsmangel hatte den Ausschlag für das Projekt gegeben. Es wurde ein Wettbewerb ausgelobt, in dem das beste Konzept für eine städtebauliche Erweiterung Wedels im Norden gesucht wurde. Anfang 2015 stand der Siegerentwurf fest.

In Wedel sollen 1000 neue Wohnungen gebaut werden

Seit dieser Vergabe habe es keine Sitzung mehr im Planungsausschuss ohne das Thema Wedel Nord gegeben, erinnert sich dessen Vorsitzender Kay Burmester (CDU). Dazu kämen noch die 15 Sitzungen der AG Wedel Nord und „unzählige interfraktionelle Treffen“. Ziel all dieser Gespräche: einen Rahmenplan für das Projekt zu entwickeln.

Dafür wurde 2016 ein Bürgerdialog abgehalten. Darauf aufbauend standen im Folgejahr die ersten Grundvoraussetzungen für Wedel Nord fest: 900 bis 1000 Wohneinheiten sollen entstehen, davon 30 Prozent öffentlich gefördert. Außerdem soll eine Erschließungsstraße gebaut werden. Lage und Lauf dieser Straße wurden wiederholt diskutiert.

Wedel Nord: „Langer Weg für einen sehr weiten Sprung“

Bis zum fertigen Entwurf des Rahmenplans dauerte es dann noch bis Mitte dieses Jahres. Ende September wurde der Entwurf im Johannes-Rist-Gymnasium der Öffentlichkeit präsentiert. Aus dem Planungsausschuss ging der Rahmenplan nun an den Wedeler Rat.

„Das war ein sehr langer Weg, für einen allerdings sehr weiten Sprung“, fasst FDP-Ratsherr Martin Schumacher zusammen. Bei den meisten Fraktionen scheint Erleichterung darüber zu herrschen, dass der Rahmenplan nun endlich beschlossen werden konnte. Und auch Stolz ist zu spüren angesichts der bewältigten Mammutaufgabe, die sie alle seit vielen Jahren in Atem hält. Trotzdem gibt es auch Einschränkungen.

Sorge vor mehr Autoverkehr in der Stadt

„Die SPD hat sich immer mit Bauchschmerzen mit dem Rahmenplan beschäftigt“, sagt zum Beispiel Manfred Eichhorn (SPD). Besonders die Verkehrsplanung erfüllt ihn mit Sorge. Diese Bedenken teilen viele andere Parteien. Bei Einzug der ersten Mieter und Eigentümer solle der ÖPNV bereitstehen, mahnt Olaf Wuttke (Grüne). Er spüre auch die Sorge der Bürger vor mehr Autoverkehr.

Das Mobilitätskonzept der Investoren sehe 3700 zusätzliche Autos durch Wedel Nord vor, so Burmester. Seine CDU beantragte deshalb am Donnerstag die Entwicklung konkreter Verkehrskonzepte, auch für die Zufahrten während der Bauarbeiten von Wedel Nord. Der Versuch, das Verkehrschaos zu reduzieren, sei schon lange Thema in der Partei, meint Burmester.

WSI lehnt den Rahmenplan als einzige Fraktion ab

Bei Berechnungen zu den Verkehrsknotenpunkten werde außerdem nur noch von 2707 Fahrzeugen ausgegangen, heißt es in dem Antrag. Warum das? Die reduzierte Zahl beruhe auf der Annahme, dass sich der Verkehr durch Carsharing, Coworking Stations, Radwege und öffentlichen Nahverkehr stark reduziere – das hält die CDU jedoch für unrealistisch.

Angela Drewes, die planungspolitische Sprecherin der WSI, sieht in dem vorliegenden Konzept bislang keine Lösung für das Verkehrsproblem. Die Wählervereinigung lehnte den Beschluss des Rahmenplans als einzige Fraktion mit vier Gegenstimmen ab. Alle anderen Parteien stimmten geschlossen dafür.

Das bedeutet aber nicht, dass jetzt die Bauarbeiten losgehen. Der Beschluss ebnet vielmehr den Weg, um in die Entwicklung des konkreten Bebauungsplans zu starten. Von jetzt an wird also darüber diskutiert, wie der Rahmenplan umgesetzt werden soll – und dabei sind noch viele Fragen strittig.

Bebauungsplan könnte im Sommer 2023 fertig sein

Der Beschluss sei nur die Grundlage, unterstreicht Burmester. Das Verfahren zur Erstellung des Bebauungsplans werde voraussichtlich Anfang nächsten Jahres eingeleitet. Laut Burmester dürfte es dann noch einmal bis zum Sommer 2023 dauern, bis der fertige B-Plan frühestens vorliege.

„Die Debatte fängt jetzt erst an“, betont auch FDP-Mann Schumacher. Für ihn gibt es noch viele offene Punkte: den Grundschulstandort, die Trasse, umweltschonende Bodennutzung. Allerdings: „Die FDP steht sofort bereit für interfraktionelle Beratungen aller gesprächsbereiten Fraktionen.“

Einen Vorgeschmack auf die bevorstehenden Verhandlungen gab schon die Ratsversammlung am Donnerstag: Der Flächenverbrauch des zweiten Bauabschnitts sei in seiner Größe nicht zu rechtfertigen, hieß es von den Grünen. Flächenversiegelung versus Wohnungsnachfrage – bei Wedel Nord gebe es einen Widerspruch zweier Grünen-Themen, erklärt Olaf Wuttke.

Wedel Nord: Seniorencampus am Rand oder mittendrin?

Anderes Beispiel: Der Seniorenbeirat beantragte die Verlegung des Seniorencampus’ in das Zentrum von Wedel Nord, um kürzere Fußwege für die älteren Anwohner zu erreichen. Experten hätten bereits bestätigt, dass die Entfernung gering genug sei, widerspricht Martin Schumacher. Und Gisela Sinz, Leiterin des Fachbereiches Bauen und Umwelt, präzisiert: „Der Abstand von Mitte und nördlichem Rand beträgt 500 Meter.“ 500 Meter könnten im Zweifel sehr lang werden, meint Bastian Sue (Linke) und unterstützt den Antrag. „Senioren gehören in die Mitte der Gesellschaft, nicht an ihren Rand“, sagt er. Auch die SPD spricht ihre Unterstützung aus. Olaf Wuttke hingegen meint, eine Verlegung würde ein neues Konzept erfordern und die Planung zurück ins Jahr 2015 werfen. Am Ende wurde der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Solche Debatten zeigen: Das Ausformulieren des Bebauungsplans dürfte eine aufwendige und kleinteilige Arbeit werden. Dennoch herrschte am Donnerstag Freude darüber, dass nach über einem halben Jahrzehnt die erste Grundlage für Wedel Nord beschlossen wurde.