Wedel. In der maroden Feuerwache an der Elbe ist der Betrieb nur geduldet. Überraschendes Gutachten zeigt Ideen auf, wird aber vertagt.
Nachdem die Mängelliste für die veraltete Feuerwehrwache in Wedel an der Schulauer Straße unweit der Elbe in den vergangenen Jahren immer länger geworden ist, wurde nun ein lange verborgenes Gutachten veröffentlicht. Es listet unter anderem die immensen Kosten einer neuen Wache auf und beschäftigt sich auch mit dem bestmöglichen Standort einer modernen Schaltzentrale für die Feuerwehr.
Der neue Standort befindet sich zwar direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite, ist aber nicht unproblematisch. Zumal der Neubau mehr als 30 Millionen Euro kosten könnte. Fest steht aber auch: Die bisherige Wache hat keine Zukunftschancen mehr, Platzprobleme und mahnende Worte gibt es bereits seit vielen Jahren. Jetzt soll wieder Bewegung in das Thema Neubau der dringend nötigen Wache kommen.
Neubau der Feuerwache in Wedel: Bisheriger Standort an der Elbe soll bleiben
Favorisiert wird laut einer Machbarkeitsstudie das Festplatz-Areal, das auch als Parkplatz für die Badebucht Wedel genutzt wird. Dort soll unter anderem eine gut 1700 Quadratmeter große Halle entstehen, die 18 Feuerwehrfahrzeugen Platz bietet. Ein Teil des Grundstücks müsste die Stadt Wedel noch kaufen. Und es müssten neue Ausweichflächen für den Fest- und Parkplatz gefunden werden. Die Verwaltung hatte der Politik nach einer Wartezeit von gut zwei Jahren die Ergebnisse der Studie vorgestellt.
Zwei unterschiedliche bauliche Varianten – auf einer Gesamtfläche von gut 7600 Quadratmetern – stehen für die neue Feuerwache im Raum. Bis zu knapp 4900 Quadratmeter Nutzfläche sollen entstehen. Im Komplex ebenfalls beispielsweise enthalten: Lager-, Verwaltungs-, Aufenthalts- und Schulungsräume. Die Kosten für den Neubau einer neuen Feuerwache schätzt Sven Mähl, stellvertretender Wehrführer, auf aktuell „hohe 20, niedrige 30 Millionen Euro“.
Die Machbarkeitsstudie sei laut dem 47-jährigen Wedeler erstmal nur ein „Gedankenspiel“. Über den Bau einer neuen Wache, die zumindest laut dem Feuerwehrmann in den kommenden Jahrzehnten technisch mithalten könne, entscheide letztlich die Stadtverwaltung gemeinsam mit den Politikern. Und dies sei ein langer Prozess.
Neue Feuerwache in Wedel: Hanseatische Unfallkasse schaut sich die Entwicklung an
Auch die Hanseatische Feuerwehr Unfallkasse Nord (HUFK) habe die Vorgänge im Blick und nehme eine „Fortentwicklung zur Kenntnis“. Dies ist der Unfallversicherungsträger der Feuerwehren. Bei „Stillstand in der Planung“ könnte es laut Mähl auch zu einer verordneten Teilstilllegung der Wehr kommen, zu Ungunsten der Sicherheit in Wedel mit seinen gut 35.000 Bürgern.
Bereits der Feuerwehrbedarfsplan aus dem Jahr 2020, den die Sicherheitsberatungsfirma Luelf & Rinke erstellt hatte, wies eklatante Mängel der Wache auf. Schon die Seitenabstände der Löschfahrzeuge untereinander oder auch die Tormaße unterschreiten beispielsweise die sogenannten Unfallverhütungsvorschriften (UVV).
Sicherheitsgutachten: In elf von 25 Kategorien verstößt die Wache gegen Vorschriften
„Wenn gleichzeitig die Beifahrer und Fahrertür zweier nebeneinander stehenden Fahrzeuge geöffnet werden, dürfen keine Finger eingeklemmt werden. Es muss theoretisch immer genug Platz bleiben“, erklärt Mähl. Dies sei aktuell nicht gegeben. In elf von insgesamt 25 Kategorien gab es laut des Gutachtens schon vor vier Jahren „relevante Abweichungen von den Anforderungen / Empfehlungen“.
Der Betrieb an diesem Standort ist nur geduldet, weil teilweise improvisiert werden darf. Etwa mit Absperrbügeln vor Spinden in der Fahrzeughalle. Die Wache, 1971 erbaut und 2010 renoviert, entspricht längst nicht mehr den bundesweiten Standards und Vorgaben. Regelmäßig inspiziert die Hanseatische Unfallkasse Nord (HUFK) die Wedeler Wehr.
Feuerwehr Wedel an der Elbe: Neuer Standort der Wache? Genau auf dem Grundstück gegenüber
Die dabei festgestellten Mängel: Es gibt beispielsweise keine Schwarz-Weiß-Trennung – also die Möglichkeit, Einsatzklamotten und private Kleidung separat aufzubewahren oder auch insgesamt viel zu wenig Umkleiden, Duschen oder Parkplätze für die gut 120 ehrenamtlich tätigen Kameraden an der Wache. Grob gesagt: Es fehlt an Platz auf dem 6500 Quadratmeter großen Areal für eine zukunftsweisende Modernisierung.
Ein Neubau muss her. „Wir sind auf jeden Fall froh darüber, dass jetzt wieder Bewegung hereinkommt. Auch wenn es eigentlich aus unserer Sicht zu spät ist. Die Mängelliste ist seit Jahren bekannt, aber es ist eben so, dass andere Prioritäten gesetzt wurden. Ich möchte das jetzt auch gar nicht bewerten“, so Mähl in Bezug auf die angespannte Haushaltslage der Stadt Wedel. Wenn Politik und Verwaltung an der einen Seite der Tischdecke ziehen, um etwa in die Schulentwicklung zu investieren, müssten andere Projekte eben noch warten.
Wedel: Zwei Feuerwehrstandorte sind keine Option – Schulauer Straße beste Lage
Andere Überlegungen, möglicherweise zwei Feuerwehr-Standorte in Wedel zu unterhalten, hätten sich als zu kostspielig erwiesen. Auch die Option, die Wehr auf beide Straßenseiten aufzuteilen, ist ebenfalls verworfen worden, weil eine Aufteilung der Gerätschaften gesetzlich nicht möglich sei. Beide Gebäudekomplexe müssten jeweils komplett ausgerüstet sein.
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Die Lage an der Schulauer Straße gilt jedoch weiterhin als strategisch bestmögliche Option. „Also wird nun geschaut, ob ein Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite möglich sein könnte“, erklärt Mähl. Und das trotz des Klimawandels: Nachfragen der Grünen bei der Verwaltung, ob bei steigendem Meeresspiegel und drohenden Überflutungen dieser Standort nahe der Elbe wirklich zukunftssicher sei, wurden dahingehend beantwortet, dass es dennoch nach wie vor der am besten geeignete Platz in Wedel für eine Feuerwehr wäre.
Bis der Startschuss für den Bau einer neuen Wache gelingt, werde es laut des stellvertretenden Wehrführers ohnehin grob geschätzt wohl noch „ein bis zwei Haushaltsperioden“ dauern. Und es wird weiter intensiv diskutiert: Unter anderem auch in der kommenden Sitzung des Umwelt, Bau und Feuerwehrausschusses am Donnerstag, 30. Mai, um 19 Uhr im Rathaus. Eine Abendblatt-Anfrage an die Stadt zum Thema Feuerwache in Wedel blieb bisher unbeantwortet.