Wedel. Ölverlust, Wasserwerfer defekt, Getriebeschaden: Drehleiter steht häufig in die Werkstatt. Warum deshalb Menschenleben in Gefahr sind.
In Notfällen kann die per Joystick gesteuerte Drehleiter einer Feuerwehr Menschenleben retten, weil mit dem in die Höhe manövrierten, punktgenau gesteuerten Korb eingeschlossene Personen aus Notsituationen gerettet werden. In Wedel mussten sich die Feuerwehrmänner und -frauen jedoch in diesen Extremfällen seit Jahren auf die Unterstützung mit diesem Gerät aus Pinneberg verlassen.
Denn: Die 800.000-Euro-Investition, die vor gut vier Jahren von der Stadt Wedel für die eigene Freiwillige Feuerwehr beschlossen und im Oktober 2023 endlich geliefert worden war, um die Wedeler Kräfte für anspruchsvolle Einsätze vernünftig auszurüsten, war bisher ein echtes Fiasko. Und das lag nicht nur an der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine.
Kaputte Technik in neuer Drehleiter – Wedeler Feuerwehr verzweifelt
Immer wiederkehrende, gravierende technische Probleme trotz zahlreicher Reparaturen seitens des Herstellers Rosenbauer aus Karlsruhe ließen bisher lediglich drei Einsätze zu. Die Sorge, im Ernstfall auf diese nicht einwandfrei funktionierende Gerätschaft zu setzen, war seitens der Feuerwehr einfach zu groß. Meist war das Drehleiter-Fahrzeug jedoch ohnehin nicht in Wedel, sondern in der Werkstatt.
Immerhin: Seit gut zwei Wochen ist die Drehleiter wieder einmal zurück aus der Reparatur. Und bei den täglichen Tests seien bisher keine Defekte erkennbar. „Der Weg dorthin war mühselig“, umschreibt es Wehrführer Michael Rein dann doch etwas beschönigend. Ihm sei es wichtig zu betonen, dass alle Beteiligten, also „Verwaltung, Politik, Feuerwehr und die Gerätewarte“ gut miteinander gearbeitet hätten.
Wedel: Das Projekt Drehleiter befindet sich auf der „Zielgeraden“
Nun ist die Hoffnung groß, dass das Drehleiter-Drama in Wedel doch noch ein gutes Ende gefunden hat. Das Projekt befinde sich laut Rein, der lieber in die Zukunft schauen möchte, auf der Zielgeraden, nachdem zuvor der Wedeler Wehr seitens der Firma Rosenbauer den gesamten Zeitraum über eine ältere, komplett funktionsfähige Variante eines Drehleitermodells als Ersatz zur Verfügung gestanden hatte.
„Ich möchte auch wirklich niemandem irgendwelche Vorwürfe machen, denn die allgemeinen Probleme mit dem Fachkräftemangel oder auch der Materialbeschaffung durch die Zuliefererbetriebe sind nun einmal allgegenwärtig“, so Rein, der auch von einer „Verkettung unglücklicher Umstände spricht“.
Schon 2019 waren 800.000 Euro für ein neues Drehleiter-Fahrzeug freigegeben worden
Im Bericht zur Jahreshauptversammlung der Wehr, die am 26. Januar stattgefunden hatte, gibt es einen umfangreichen Text zum „Sorgenkind Drehleiter“. So habe die ursprüngliche Drehleiter massive, wiederkehrende Probleme verursacht. Das hatte die Feuerwehr bereits 2019 berichtet. „Deshalb wurde eine vorzeitige Ersatzbeschaffung angestrebt“, heißt es. Das klappte. Insgesamt 800.000 Euro waren für den Auftrag freigegeben worden.
Die Verzögerung in der Produktion durch Lieferschwierigkeiten, die unter anderem auf den Krieg im Osten Europas zurückzuführen sind, seien laut Wedeler Wehr erklärbar und hinnehmbar gewesen. Dann war es endlich so weit: „Am 5. Juli 2023 sollte die technische Abnahme und Übergabe im Werk Karlsruhe beginnen.“
Technische Abnahme in Karlsruhe sorgt für reichlich Frust
Voller Vorfreude fuhren Wedeler Feuerwehrleute gen Süden – und verbrachten drei Tage voller Frustration ehrenamtlich in Baden-Württemberg. Leider hätten sich vor Ort „schnell diverse und teilweise erhebliche Mängel, die nicht komplett während der Abnahme behoben werden konnten“, gezeigt. Tief enttäuscht darüber, „dass heutzutage selbst teuerste Gerätschaften mangelhaft gefertigt und übernommen werden sollen, ging es ohne Drehleiter wieder zurück nach Hause“.
Die kleine Feier an der Wedeler Wache an der Schulauer Straße nahe der Elbe musste kurzfristig abgesagt werden. Eine offizielle Party hatte es Anfang Oktober des Vorjahres gegeben – doch das als Glücksbringer von Dirk Lolies (Kreisfeuerwehrverband) überreichte Plüschtier hat offenbar auch nicht sonderlich gut gewirkt.
Eine gute Woche später sollte die auf dem Neufahrzeug integrierte Drehleiter von einem Rosenbauer-Mitarbeiter nach Wedel nach Beseitigung aller Mängel überführt werden. Resultat der Tour: „Die Überfahrt endete mit massiven Reifenschäden an der Hinterachse, da beim hohen Autobahn-Tempo unbemerkt die Schleuderkettenanlage aktiviert und zerstört worden war.“ Auch bei den Schulungen in Wedel traten „wiederholt schwere Mängel an der Mechanik und der Software auf“.
Wedeler Feuerwehr: Ständige Sorge bei Menschenrettung nicht einsatzfähig zu sein
Die ständige Sorge, im Ernstfall bei einer Menschenrettung nicht einsatzfähig zu sein, sei stets präsent gewesen und habe „hart an uns genagt“. Rein sagte auf der Jahreshauptversammlung: „Hier gilt unser tiefer Dank der Feuerwehr Pinneberg, die stets parat stand, um zur Menschenrettung nach Wedel zu eilen.“ Zwischenzeitlich gab es eine Leihdrehleiter, ehe im August das eigentlich reparierte Neumodell wieder zur Abnahme in Wedel stand.
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Die Mängelliste blieb lang – und es hätte noch mehr Beispiele gegeben: „Drehmotorgetriebe verliert viel Öl, automatischer Wasserwerfer defekt, Getriebeschaden, Leiter zieht schief aus – Seil gerissen, Bildschirmstörung auf allen Anzeigen, Seitenbeleuchtung im Blaulichtbalken defekt, Stützenverkleidung gelöst, Knackgeräusche beim Drehen der Lafette.“ Mit Lafette ist in diesem Fall das aufgesetzte, rotierende Fahrgestell gemeint.
Frustrierte Feuerwehr: „Steuerungs-Joystick versagt, Steuergerät fällt aus“
Frust, Ärger und ein Misstrauen gegenüber diesem wichtigen Einsatzmittel nahmen unter den Wedeler Kameradinnen und Kameraden stetig zu. Auch die Inspektion vor Ort durch zwei Wedeler Gerätewarte nach einer Reparatur in Viersen (Nordrhein-Westfalen) im November 2023 war wenig erbaulich. „Wieder wurden Mängel festgestellt, darunter das Versagen eines Steuerungs-Joysticks und der Ausfall eines elektrischen Steuergerätes. Der für den 15. Januar 2024 geplante Rückführungstermin war somit illusorisch.“
In unzähligen Telefonaten und unnachgiebigen Schriftverkehren sei Druck auf den Hersteller ausgeübt worden. Die Leihdrehleiter aus Wedel musste dann noch plötzlich nach Norwegen, der Ersatz vom Ersatz ist mittlerweile mit dem neuen Drehleiter-Fahrzeug ersetzt worden. Im Sinne der Sicherheit – und um die Nerven der Wedeler Feuerwehrleute zu schonen – sollte das Drehleiter-Drama nun auch wirklich ein Ende haben.