Tangstedt/Kreis Pinneberg. Tangstedt hat die bislang einzige Gruppe ab sechs Jahren aller 50 Freiwilligen Feuerwehren im Kreis gegründet. Warum das gutgehen kann.
Für die Kinder ist es ein Riesenspaß. Im Ort sichert es den Brandschutz für die nächsten Jahrzehnte ab. Die 2300 Einwohner zählende Gemeinde Tangstedt hat jetzt die erste und bislang einzige Kinderfeuerwehr im Kreis Pinneberg gegründet.
39 Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis zehn Jahren werden jetzt in zwei Gruppen abwechselnd jede Woche von Jugendwart Sebastian Schneemann und einem Dutzend weiterer Betreuer aus Wehr und Elternschaft ganz locker und spielerisch mit viel Wassereinsatz an das mögliche Feuerlöschen im Dorf herangeführt.
Einzige Kinderfeuerwehr im Kreis Pinneberg: Was sie so besonders macht
„Wir hatten Nachwuchsprobleme und einen großen Mitgliederschwund“, erklärt Tangstedts Wehrführer Florian Jarzebski, warum die Wehr mit ihren heute 56 aktiven Feuerwehrleuten auf diese auch landesweit noch weitgehend ungewöhnliche Verjüngungskur gekommen ist. „Der Gedanke dazu war schon da und so haben wir die Werbetrommel gerührt“, erklärt der Wehrführer.
Zahlreiche ältere Kameraden seien in die Ehrenabteilung aufgerückt und andere mussten aus beruflichen Gründen aufhören. Schließlich konnten 16 neue Leute für die Freiwillige Feuerwehr gewonnen werden, was den Gesamtbestand wieder absichere. „Wir haben wieder unsere Sollstärke erreicht“, sagt Jarzebski, der seit 2021 die Wehr in Tangstedt leitet.
Fast die Hälfte aller Grundschüler in Tangstedt ist jetzt in der Kinderfeuerwehr
Um nun aber die Zukunft für lange Zeit abzusichern, sei zusätzlich zu der Jugendfeuerwehr, die aktuell 19 Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 18 Jahren umfasst, die erste Kinderwehr im Kreis Pinneberg ins Leben gerufen worden, erklärt Wehrführer Jarzebski das Vorgehen in Tangstedt. Damit sollte möglichst früh das Interesse geweckt werden, erläutert Jugendwart Schneemann. Denn im Alter von zehn, zwölf Jahren hätten sich die meisten Kinder schon für Reiten, Fußball oder anderen Vereinssport oder Hobbies entschieden, mit denen die Kinder- und Jugendwehr im Wettbewerb um die Freizeitgestaltung der Kinder stünde.
Der Zulauf war enorm. Fast die Hälfte aller Grundschüler in Tangstedt ist nun in der Kinderfeuerwehr, die zu 40 Prozent aus Mädchen besteht. „Das Interesse war so groß, dass wir sie in zwei Gruppen aufteilen mussten“, erzählt Jugendwart Schneemann. Denn mehr als 20 Kinder könne man kaum gleichzeitig beschäftigen oder auf dem Gelände im Zaum halten. Zudem bedürfe es immer einer Handvoll an Ausbildenden, die überwiegend aus der Jugendwehr rekrutiert würden, um die jüngsten Feuerwehrkräfte zu beaufsichtigen.
Mitgliederschwund abgewendet: Übungsprogramm ist kindgerecht und spielerisch ausgelegt
Das Programm der einstündigen „Feuerwehrübungen“ mit der Kinderwehr sei natürlich kindgerecht ausgerichtet und setze auf viel spielerische Programmpunkte, berichtet Schneemann. Da werde mit leichten Übungsschläuchen auf Ziele gespritzt, Wasserschlachten gemacht, ein Feuerwehrnotruf abgesetzt, Erste-Hilfe-Maßnahmen mit dem sogenannten „Pflaster-Führerschein“ einstudiert oder kleine Verbände auf Fantasie-Wunden gelegt. Oder die Kleinen erfahren, woher überhaupt das Wasser zum Feuerlöschen kommt und welche Funktionen die Hydranten im Ort haben, die sie dann suchen sollten.
„Der Spaß und die Freude stehen natürlich im Vordergrund“, betont Jugendwart Schneemann. Bei gutem Wetter würden sie auch mal mit den Kindern Eis essen gehen oder Gruppenspiele machen, um „das Teambilding“ zu fördern. Auch wenn nur ein Teil dieser fast 60 Kinder und Jugendlichen sich später im Erwachsenenalter für das Feuerwehrwesen begeistern lassen sollte, dürften bei derzeit 30 Feuerwehreinsätzen in Tangstedt die Nachwuchsprobleme ein- für allemal vorbei sein.
Kreiswehrführer Stefan Mohr ist begeistert von der Initiative in Tangstedt
Der frisch ins Amt gewählte Kreiswehrführer Stefan Mohr beobachtet diese Entwicklung in Tangstedt mit großem Interesse und wohlwollendem Staunen. „Wenn das gut gemacht ist, wird es mit Sicherheit Schule machen und ein Beispiel für die anderen 50 Freiwilligen Feuerwehren im Kreis Pinneberg sein“, ist er überzeugt. Es werde für die Verantwortlichen darauf ankommen, die Kinder bei der Stange zu halten. Das werde über diesen langen Zeitraum von sechs bis 18 Jahren nicht einfach sein und den Kollegen viel Zeit, Elan und Arbeit abverlangen, sagt der Kreiswehrführer. „Aber bei diesem großen Zulauf in Tangstedt mache ich mir darüber keine Sorgen.“
Ohnehin sei der Kreis Pinneberg mit seinen 2811 aktiven Feuerwehrkameraden und etwa 800 Kindern und Jugendlichen in den 37 Jugendwehren sehr gut und landesweit führend aufgestellt. „Alle 50 Freiwilligen Feuerwehren sind hier durch Kooperationen mit einer Jugendfeuerwehr ausgestattet. Das ist einmalig in Schleswig-Holstein.“
Tangstedter Wehr geht voller Stolz in das Jahr des 100-jährigen Bestehens
Die Tangstedter Feuerwehr kann jedenfalls voller Stolz in ihr Jubiläumsjahr gehen. 2025 feiert sie ihr 100-jähriges Bestehen und auch 25 Jahre Jugendfeuerwehr. Tradition wird bei den Wehrkräften im Nachbarort der Kreisstadt ohnehin großgeschrieben. Denn mit der sieben Jahre jungen Ella Kuhlmann kündigt sich bereits die vierte Generation dieser Familientradition an, wie Vater Lars Kuhlmann sagt.
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„Mein Großvater Henry Kuhlmann war schon in der Feuerwehr und mein Vater Hans-Jürgen Kuhlmann etwa 20 Jahre lang Wehrführer in Tangstedt.“ Und auch er selber sei als natürlich in der Feuerwehr. Für einen Landwirt im Ort sei das Ehrensache.
Töchterchen Ella mache die Kinder-Feuerwehr reichlich Spaß und Freude, erzählt Kuhlmann. „Sie ist mit Feuer und Flamme dabei.“ Manchmal müsse er sogar ein wenig fachsimpeln mit ihr, sagt er schmunzelnd. „Aber da stehen Spiel und Spaß im Vordergrund.“