Wedel. Eigene Mitarbeiter machen Faktencheck nach brisanten Aussagen des Rathauschefs Gernot Kaser. Auch das Stadtmarketing wehrt sich.
Die Schlammschlacht in Wedel um den massiv kritisierten Bürgermeister Gernot Kaser (parteilos) geht in die nächste Runde. Nachdem Kaser sich in einer Pressekonferenz mit Erklärungen gegen die Vorwürfe gegen ihn zur Wehr gesetzt hatte, haben nun seine eigene Stadtverwaltung und der Verein Wedel Marketing die Aussagen des freigestellten Bürgermeisters auf den Wahrheitsgehalt überprüft. Beide veröffentlichten einen Faktencheck.
Gegen Gernot Kaser, 62, wird bekanntlich in einem Disziplinarverfahren ermittelt, es liegen Strafanzeigen, auch von der Stadt Wedel, wegen des Verdachts der Untreue bei der Staatsanwaltschaft Itzehoe gegen ihn vor. Auch Kaser hat seinerseits Strafanzeige gegen die Stadt gestellt – etwa wegen Verleumdung und übler Nachrede. In seiner aktuellen Erklärung behauptet er, sich keiner Schuld bewusst zu sein.
Wedel: Faktencheck zu Vorwürfen von Gernot Kaser – Stadtmarketing verwundert
Nachdem Kaser bei der Pressekonferenz im Reepschlägerhaus unter anderem seine Vorwürfe gegen das eigene Stadtmarketing erneuert hatte, wehren sich sowohl die Verwaltung als auch Wedel Marketing, und zwar mit einem öffentlichen Faktencheck. Dem Wedeler Amtsinhaber droht wie mehrfach berichtet am Sonntag, 9. Juni, die Abwahl durch die Wähler. Kritisiert wird unter anderem seine Amtsführung – sowohl von der Politik, als auch von eigenen Mitarbeitern.
Die aktuellen Einlassungen des Bürgermeisters und die dazu auf Gernot Kasers Homepage publizierten Unterlagen hätten „Irritation und Unverständnis“ beim Vorstand des Stadtmarketings ausgelöst, heißt es in einer Mitteilung. „Insbesondere die vielen ehrenamtlich engagierten Mitglieder sind verärgert. Während er sich mit seinem Rechtsbeistand darüber beklagt, dass unbewiesene Behauptungen in die Welt gesetzt würden, werden von Herrn Kaser selbst ‚unpräzise‘ Aussagen über Wedel Marketing während des Interviews gemacht“, erklärt der Vorstand.
Als ehemaliges Vorstandsmitglied des Vereins, das Kaser immerhin fast zwei Jahre lang gewesen sei, „wundert sich Wedel Marketing, was mit zahlreichen Andeutungen und Vermutungen erreicht werden soll. Seit seiner Amtsübernahme, also fast zwei Jahre, war Kaser in seiner Funktion als Bürgermeister bis zu seiner Suspendierung „geborenes“ Mitglied im Vorstand von Wedel Marketing.“ Er hätte laut dem Schreiben also entsprechende Einflussmöglichkeiten gehabt.
Daher könne erwartet werden, „dass angesprochene Themen bekannt sind und nicht andeutungsweise hinterfragt werden müssen“. In Kasers Ausführungen wurde der Zuschuss der Stadt an Wedel Marketing „auf 100.000 Euro aufgerundet“. Dabei betrage der „nur 95.000 Euro“ und dies sei in den letzten Monaten mehrfach Gegenstand in Sitzungen und in der Berichterstattung in der Öffentlichkeit gewesen. Zudem sei der Betrag ‚inklusive Mehrwertsteuern‘, für die Vereinsarbeit blieben laut Vorstand somit „lediglich 79.832 Euro übrig“.
Wedel: Stadtmarketing kontert Kasers Vorwürfe – Sponsoren und Mitglieder verdoppeln Betrag
Dieses Geld „wurde unter anderem für Raummiete, Personalkosten, für die Touristenbetreuung und beliebte Veranstaltungen wie Hafenfest, Kulturnacht, Weihnachtsmarkt am Roland und andere sinnvoll eingesetzt“, heißt es in dem Schreiben. Wegen der hohen Besucherzahlen, zahlreicher positiver Rückmeldung der Gäste und Medien sei der Vorstand überzeugt, „hier für die Bürger und Bürgerinnen und das Image der Stadt unseren Beitrag zu leisten“.
Durch große Sponsoren wie die Stadtsparkasse Wedel, Edeka Volker Klein, Stadtwerke Wedel, Lüchau Bauzentrum Wedel und andere große Unternehmen und die Mitgliedsbeiträge, könne der Verein „insgesamt jährlich bis zu 190.000 Euro für das Stadtmarketing aufwenden“. Jährlich leisten die Mitglieder von Wedel Marketing „mindestens 2000 ehrenamtliche Stunden“.
Bürgermeister Gernot Kaser: Wedel Marketing spricht von „haltlosen Vorwürfen“
Die Kritik an Kaser geht weiter, etwa bei den wiederholt vorgetragenen (und bisher haltlosen) Vorwürfen, dass Aufträge „an nahestehende Personen“ vergeben werden würden, „obwohl das bei der Vorstandssitzung am 19. März mit ihm persönlich intensiv besprochen wurde und damit das Thema aus der Welt war“.
Der Vorstand frage sich auch, „worauf in diesem Zusammenhang sein Rechtsbeistand mit ‚Mehrfachidentitäten‘ anspielen will. Der Anwalt sei offenbar nicht ausreichend informiert worden. Kaser kenne alle Vorstandsbeschlüsse, „er sollte wissen, dass ein örtliches Steuerberatungsbüro den Jahresabschluss erstellt“.
Wedel Marketing: Prüfberichte hätten keinerlei „Unregelmäßigkeiten“
Ebenso sollte der Bürgermeister wissen, dass alle Einnahmen und Ausgaben vom Rechnungsprüfungsamt der Stadt Wedel gecheckt werden. „Unregelmäßigkeiten“ seien aber in den jährlichen Prüfberichten nicht zu finden: „Als Bürgermeister ist ihm bekannt, dass der Jahresbericht (Rechenschaftsbericht) des Vereins mit dem Prüfbericht des städtischen Rechnungsprüfers jährlich dem Haupt- und Finanzausschuss vorgelegt werden.“
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Zudem habe Gernot Kaser in den zwei Jahren zahlreiche Möglichkeiten verpasst, dem Vorstand und Mitgliedern von Wedel Marketing und Sponsoren „seine Vorstellungen von Stadtmarketing zu präsentieren“. Vorstandssitzungen und die monatlichen Vereinstreffen habe er jedoch „leider deutlich öfter aus unterschiedlichsten Gründen verpasst“ und sich keine Zeit für „seinen“ Verein genommen.
Wedeler Stadtmarketing ist über treue Mitglieder froh – auch die Stadt schaltet sich ein
Der Vorstand sei sehr dankbar, „dass uns trotz dieser Andeutungen und unbelegten Anschuldigungen, die Vereinsmitglieder und Sponsoren – und die vielen Gäste unserer Veranstaltungen – die Treue halten, eben weil wir uns gemäß unserer Satzung für das Stadtmarketing unserer Stadt Wedel einsetzen“.
Neben dem Faktencheck des Stadtmarketings gibt es von der Stadtverwaltung ebenfalls eine faktische Überprüfung von Inhalten, unter anderem auch zu Aussagen in den einschlägigen Wedel-Gruppen bei Facebook. Im Rathaus selbst können die entsprechenden Passagen aus Vermerken, anonymisiert, eingesehen werden. Aktuell habe die Stadt – wie andere Kommunen auch – mit einer hohen Abwanderung von Mitarbeitenden zu kämpfen. Die Stadt und der Personalrat sehen als eine Ursache dafür die Amtsführung des Bürgermeisters.
Facebook-Behauptungen: Stadt macht ebenfalls einen Faktencheck
In den sozialen Medien würde über die Personalsituation in der Verwaltung behauptet werden, die Kündigungen jüngster Zeit hätten laut Aussage der Dienststelle andere Gründe. Dazu heißt es: „Die Stadt Wedel als Dienststelle hat dem Behördenleiter deutlich gemacht, ‚dass neben den genannten Gründen das Agieren des Bürgermeisters die Abwanderung forciert hat und für die Zukunft er ein wesentlicher Treiber für Abwanderung sein wird.‘“
Auch sei aus Sicht der Stadt im Internet behauptet worden, dass es „sehr viele Bewerbungen“ für die Sekretär/Referenten-Stelle des Bürgermeisters gegeben habe. Die Anzahl der Bewerbungen sei jedoch „normal“ gewesen. Es folgt ein scharfer Angriff auf Gernot Kaser: „Die mehrfache Ausschreibung wurde aufgrund des unprofessionellen Vorgehens des Behördenleiters erforderlich, da er nach Durchführung des Bewerbungsverfahrens privat bei den Bewerberinnen angerufen hatte und unangemessene Fragen zur politischen Orientierung gestellt hatte. Der Personalrat sah sich daher gezwungen, auf eine erneute Ausschreibung zu bestehen.“
Vorwurf an Gernot Kaser: Er soll Bewerber spät angerufen haben
In einem anderen Fall habe Kaser den „Arbeitszeitwünschen“ einer bereits ausgewählten Bewerberin nicht entsprechen wollen oder er habe mit einer Bewerberin auf dem privaten Telefonabschluss einen „nicht vereinbarten langen Anruf“ zwischen 22 und 23 Uhr geführt. Sie habe ihre Zusage daraufhin zurückgezogen. „Das neue Ausschreibungsverfahren pausiert wegen der aktuellen Lage“, heißt es auf der Stadt-Homepage.
Auch die Aussage, dass viele Mitarbeitende aufgrund des Alters in den Ruhestand gehen würden, wird entkräftet. Bis Jahresende seien es laut Angaben der Stadt fünf. „Insgesamt hat sich die Stellenbesetzungsquote in der Zeit vom 31.12.2022 bis zum 31.12.2023 von 94 Prozent in der Verwaltung auf 87 Prozent verringert“, heißt es. Zu den derzeit ausgeschriebenen Stellen kämen nach Angaben der Stadt voraussichtlich bald noch weitere hinzu.