Wedel. 30 Klagen und 500 Widersprüche wegen Preissteigerungen um bis zu 2000 Prozent. Darum wird das Verhalten der Stadt scharf kritisiert.
Nachdem die Wedeler Politik im April 2023 eine neue Gebührensatzung für die Straßenreinigung verabschiedet hat, regt sich Widerstand gegen die neuen Beträge. Insgesamt 500 Widersprüche landeten bei der Stadt Wedel,30 Klagen liegen dem Verwaltungsgericht in Schleswig vor.
Vielen Wedelern fehlt der Durchblick beim Berechnungsverfahren dieser Gebühren, die einige als Wucher bezeichnen. Auch die Grundlage für den enormen Anstieg der Kosten erscheint unklar. Durchschnittlich erhöhen sich die Beiträge für die Wedeler nämlich um gut 314 Prozent. Teilweise sollen einige Bewohner allerdings sogar eine Preissteigerung von mehr als 2000 Prozent hinnehmen.
Dagegen regt sich Widerstand. Selbst die damaligen Politiker berichten davon, von den konkreten Auswirkungen der neuen Satzung bei ihrer Entscheidung nichts gewusst zu haben. Auch in Pinneberg hatte es wegen eines undurchsichtigen Abrechnungsverfahren Getöse gegeben – daraufhin beendete die Kreis-Stadt das Hickhack und berechnet die Gebühren neu.
Wedel: Verwaltungsgericht entscheidet im Streit um Straßenreinigungsgebühr
Im Wedeler Fall soll das Gericht entscheiden. Wie lang die Verfahren dauern werden, ist noch ungewiss. Momentan haben Kläger die Gelegenheit, Akten einzusehen. Vor allem die Kalkulationsgrundlage der Stadt für die neue Satzung stößt dabei bei einigen Wedelern auf Verwunderung bis Verärgerung.
„Die Stadt hat die Gebührenkalkulation beim Verwaltungsgericht nach wie vor nicht offengelegt. Eingereicht wurden lediglich viereinhalb Seiten, die zudem schon vorher öffentlich einsehbar waren. Erwartbar wären zumindest fünf bis zehn Aktenordner dafür“, sagt Kerstin Lueckow, die am Elbhochufer wohnt. Die vorgelegte Kalkulation würde zudem sogar Rechenfehler beinhalten.
Wedels Straßenreinigungsgebühr: Stadt reicht nur wenige Unterlagen für Kalkulation ein
Auf Abendblatt-Anfrage erklärt Wedels Stadtsprecher Sven Kamin dazu: „Die Kalkulation für die am 6. April 2023 durch den Rat der Stadt Wedel beschlossene Satzung liegt dem angerufenen Gericht vollständig vor.“ Dabei handele es sich um eine Excel–Datei, „die je nach Größeneinstellung auf zum Beispiel beliebig vielen DIN A4 Seiten ausgedruckt werden kann.“
Auf die Frage, wie die Stadt Wedel auf Basis dieser Datenlage ihre Erfolgsaussichten vor Gericht einschätzt, lautet die Antwort: „Die Stadt Wedel hat ihre Position vollumfänglich dargelegt. Nunmehr muss die Entscheidung des Gerichts abgewartet werden.“
Wedeler klagen gegen horrende Straßenreinigungsgebühren
Die Wedelerin Lueckow hatte bereits über Jahre hinweg eine Bürgerinitiative im Kampf mit den Betreibern des angrenzenden Heizkraftwerks Wedel angeführt – und dort einen langen Atem bewiesen. Viele Nachbarn am Wedeler Elbhochufer seien gut vernetzt. Die Bürgerinitiative kümmert sich wegen gesammelter Expertise im juristischen Bereich um die Anliegen.
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„Nach Versenden der neuen Gebührenbescheide zu den Straßenreinigungsgebühren im letzten Frühjahr haben viele Nachbarn festgestellt, dass sie deutlich mehr als die vom Rat beschlossenen 313,8 Prozent Erhöhungen zahlen sollen“, erklärt sie.
Wedel: Am Elbhochufer gibt es bei der Straßenreinigung gestiegene Kosten um mehr als 1000 Prozent
Es habe dort vielfach Steigerungen um mehr als 1000 Prozent gegeben. „Zudem gibt es sehr deutliche Unterschiede in den Gebührenhöhen, selbst bei direkten Nachbarn“, wundert Lueckow sich. Sie prangert an, dass Bürgermeister Gernot Kaser die neue Satzung spätestens zur „Chefsache“ hätte erklären müssen, nachdem circa 500 Widersprüche gegen die neuen Gebührenbescheide bei der Stadt Wedel eingegangen waren. Aus ihrer Sicht sei daraus nicht wirklich überraschend „die große Anzahl von 30 Klagen entstanden“.
„Klageverfahren gegen die eigene Stadt zeigen meiner Meinung nach ein schlechtes Verhältnis zwischen Bürgern und Stadt auf. Herr Kaser hat sich bis heute, trotz diverser Nachfragen, meines Wissens, nicht zu diesen Klagen geäußert“, sagt Lueckow.
Straßenreinigungsgebühren: Vorgehen der Stadt Wedel sei „maximal intransparent“
Noch Mitte März habe die Stadt gegenüber dem Verwaltungsgericht in Schleswig bekräftigt, „dass die eingereichten viereinhalb Seiten die vollständigen Kalkulationsunterlagen darstellen würden“.
Das Vorgehen der Stadt in dieser Sache sei aus ihrer Sicht „maximal intransparent“. Ein Blick auf eine andere Gemeinde in Pinneberg mache es vor: „In Pinneberg soll nach einigen Beschwerden jetzt eine neue, gerechterer Satzung beschlossen werden. Auch Wedel sollte hier folgen und die jetzigen Missstände beseitigen.“ Laut Lueckow könnte es auch noch zu einer Normenkontrolle kommen, also der Überprüfung der rechtlichen Normen der Straßengebührensatzung, ob diese mit höherrangigem Recht vereinbar sei.