Ellerau/Quickborn. Der Fachaufsichtsbeschwerde aus Quickborn hat sich nun auch die SPD im Ort angeschlossen. Zudem sollen sich mehr Bürger beteiligen.

Um die Ansiedlung des US-Logistik-Konzerns Hillwood in ihrer Gemeinde Ellerau zu verhindern, hat jetzt auch die SPD Ellerau eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen den Kreis Segeberg erhoben. Ähnlich wie bereits die Stadt Quickborn fordert die SPD nun das Innenministerium in Kiel formell auf, die vom Kreis Segeberg erteilte Baugenehmigung vom Februar vorigen Jahres wieder aufzuheben.

„Wir halten diese Baugenehmigung für objektiv rechtswidrig, da die Erschließung unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Verkehrsaufkommens von bis zu 800 Lkw-Fahrten je Fahrtrichtung am Tag sowie des nahe gelegenen Bahnübergangs an der Einmündung Buchenweg – Bahnstraße und des Sicherheitszentrums (Feuerwache und Polizei) der Gemeinde Ellerau am Brombeerweg nicht gesichert ist“, heißt es in der Begründung der Ellerauer Fachaufsichtsbeschwerde ans Ministerium.

Hillwood in Ellerau: SPD hält die Baugenehmigung für objektiv rechtswidrig

Die Baugenehmigung sei erfolgt, ohne dass die Bauaufsichtsbehörde des Kreises Segeberg ein eigenes Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben habe, kritisiert Elleraus SPD-Parteichef Bernd Tietjens. Dieses wäre für die Errichtung von fünf jeweils 10.000 Quadratmeter großen Lagerhallen auf dem zehn Hektar großen Gelände am AKN-Bahnhof Tanneneck aber unumgänglich gewesen, wundert sich Vorstandsmitglied Marco Leoni. Zumal jede Halle zehn Lkw-Laderampen erhalten soll. „Da kann sich doch jeder ausrechnen, wie groß der Schwerlastverkehr hier sein soll.“

Erst im Nachhinein hätte der Investor mögliche Verkehrsmengen von bis zu 1600 Lkw-Fahrten am Tag für die Belieferung dieses Logistikzentrums an der Bahnstraße/Buchenweg eingeräumt. Gegenüber dem Verwaltungsgericht in Schleswig, dem wie berichtet eine Klage gegen das Vorhaben aus Quickborn vorliegt, hat Hillwood inzwischen die Zahl der Lkw-Fahrten auf 1080 am Tag präzisiert.

Der Kreis hätte vor der Baugenehmigung Verkehrsgutachten einholen müssen

„Als wichtigste Fach- und Entscheidungsinstanz hat die Verwaltung des Kreises Segeberg im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Pflicht, sämtliche Fakten zu prüfen und erst danach eine fundierte Entscheidung zu treffen“, heißt es weiter in dem Schreiben der SPD Ellerau ans Ministerium. Die Kommunalpolitik in Ellerau habe auf Antrag der SPD „frühzeitig auf die Notwendigkeit eines umfassenden Verkehrsgutachtens zur Prüfung der überörtlichen Erschließungs-voraussetzungen hingewiesen.“ Aber die Kreisverwaltung habe „ein solches Verkehrsgutachten nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen“, wundert sich die SPD Ellerau.

Elleraus SPD-Vorsitzender Bernd Tietjens: Die vom Kreis Segeberg erteilte Baugenehmigung für das Hillwood-Projekt ist objektiv rechtswidrig.
Elleraus SPD-Vorsitzender Bernd Tietjens: Die vom Kreis Segeberg erteilte Baugenehmigung für das Hillwood-Projekt ist objektiv rechtswidrig. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Dabei könnten die geplanten Logistikhallen an der Werner-von-Siemens-Straße nur über den Buchenweg und die Bahnstraße erreicht werden, argumentiert die SPD. „Beide Straßenzüge sind bereits jetzt mit erheblichem gewerblichen Verkehr und Schwerverkehr belastet, so dass zu erwarten ist, dass tagtäglich Überlastungen und Rückstaus, insbesondere am Bahnübergang und der Einmündung Buchenweg – Bahnstraße auftreten werden, mit den bekannten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und die angrenzende Bebauung.“ Zumal der Bahnübergang Buchenweg/Bahnstraße in Folge der jetzt im Bau befindlichen Elektrifizierung der Bahnstrecke für die S-Bahn 21 künftig elektrisch betrieben werden soll.

Fußgänger müssen ohne Zebrastreifen oder Ampel über Bahnstraße laufen

Hier fehlt zurzeit eine Ampel, die es Fußgängern ermöglichten würde, sicher über die Bahnstraße zu gehen, um den Bahnsteig zu erreichen. Damit sei „die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer, Menschen mit Behinderungen, Schulkinder etc.) nicht gewährleistet“, merkt die SPD Ellerau kritisch an. „Darüber hinaus ist bei dem möglichen Dauerstau die Einsatzfähigkeit von Feuerwehr und Rettungsdiensten massiv gefährdet.“

Zudem seien die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Ellerau ebenso wie die Stadt Quickborn nicht in die Planungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden worden, heißt es weiter in dem Schreiben ans Ministerium. „Wir fordern mehr Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten bei solch weitreichenden Entscheidungen“, betont SPD-Parteichef Tietjens. Zudem seien „erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt und das Ökosystem in der Umgebung des geplanten Projektes zu befürchten, das im Wasserschutzgebiet, Zone 3, liegt.“

Auch die Umweltverträglichkeit des Hillwood-Projektes sei nicht geprüft worden

Darum müsste neben der fehlenden Verkehrsuntersuchung dringend „eine umfassende, transparente Umweltverträglichkeitsprüfung“ erfolgen, fordert die Ellerauer SPD. „Diese ist unerlässlich und müsste daher umgehend durchgeführt werden. Hierzu gehört auch der Nachweis der schadlosen Ableitung des Niederschlagswassers.“

Die SPD habe auch die anderen Ratsfraktionen in Ellerau um Unterstützung dieser Fachaufsichtsbeschwerde gebeten, worauf BVE und CDU nicht reagiert hätten. Dazu sagt CDU-Fraktionschef Peter Groth: „Wir müssen abwarten, wie die Gerichte entscheiden.“ Und Elleraus Bürgermeister Ralf Martens (BVE) sagt: „Wir halten das nicht für nötig. Quickborn hat bereits Fachaufsichtsbeschwerde eingereicht. Wir wollen dieses Areal neu entwickeln, nur mit weniger Verkehr. Das erreichen wir auch auf anderem Wege.“

Die SPD hat Musterschreiben entwickelt, dem sich die Bürger anschließen können

Dafür habe die SPD nun die Ellerauer Bevölkerung dazu aufgerufen, ihrerseits Beschwerde gegen das Hillwood-Projekt beim Land einzureichen. Claudia Hansen hat dazu bereits ein „Musterschreiben“ aufgesetzt, das bereits etliche Ellerauer Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet und nach Kiel geschickt hätten. Darin heißt es: „Hiermit schließen wir uns als direkt betroffene Ellerauer der Ellerauer Fachaufsichtsbeschwerde gegen den Landrat des Kreises Segeberg an, denn die Baugenehmigung ist objektiv rechtswidrig.“

Der US-Konzern Hillwood hat die seit vielen Jahren leerstehenden Industriebauten inzwischen zu Schutt und Asche verarbeitet. Darum dringen die Kommunalpolitiker in Ellerau und Quickborn sowie die Quickborner Stadtverwaltung bei Land und Kreis auf rasche Entscheidungen.  
Der US-Konzern Hillwood hat die seit vielen Jahren leerstehenden Industriebauten inzwischen zu Schutt und Asche verarbeitet. Darum dringen die Kommunalpolitiker in Ellerau und Quickborn sowie die Quickborner Stadtverwaltung bei Land und Kreis auf rasche Entscheidungen.   © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Begründung: „Die Erschließung ist nicht gesichert. Lage, Umfang und Zweckbestimmung der geplanten Massenlogistik-Einrichtung widersprechen der Eigenart des Baugebiets. Vom Bau und Betrieb des Vorhabens gehen unzumutbare Belästigungen und Störungen aus, die unsere subjektiven Rechte als Anwohner verletzen.“

Vor allem die Schulwegsicherung zum AKN-Bahnhof sei nicht gewährleistet

Und zur fehlenden Verkehrssicherheit heißt es darin: „Der Buchenweg ist für die vielen Schulkinder und Pendler der einzige Weg zum Bahnhof Tanneneck und somit ein Arbeits- und Schulweg. Die beidseitigen Fußwege lassen nicht einmal Radwege zu. Es gibt auf beiden Straßenseiten Bushaltestellen, allerdings müssen die Fahrgäste auf dem Bürgersteig warten, weil die Busse auf der ohnehin schon engbemessenen Straße halten müssen.

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Beim Wechseln der Straßenseiten, um auf das andere AKN-Gleis zu gelangen, müssen die Kinder ohne Sicherheiten (Zebrastreifen, Ampelanlage) bewältigen. Der Schulweg ist nicht gesichert und extrem gefährlich.“ Dieser Vordruck könne über die SPD Ellerau angefordert werden, erklärt Claudia Hansen. „Die Stadt Quickborn will es sogar als Postwurfsendung an alle Haushalte verteilen.“

Der gültige Bebauungsplan ist von Industrie- auf Gewerbegebiet herabgestuft worden

Wie berichtet, hat die Gemeinde Ellerau inzwischen einmütig den fast 60 Jahre alten Bebauungsplan für dieses Gelände geändert und das Industriegebiet in ein Gewerbegebiet herabgestuft, in dem fortan nur noch „gemeindetypische“ Bebauungen möglich sein dürfen. Zugleich wurde eine Veränderungssperre erlassen. Und die Stadt Quickborn hat beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingereicht, damit die Einsprüche von Quickborn und Ellerau aufschiebende Wirkung auf das Bauvorhaben Hillwoods erhalten.