Quickborn/Ellerau. Quickborn will Mega-Projekt in Ellerau unbedingt verhindern. Richter entschieden gegen die Stadt, die sieht sich aber weiter im Recht.
Die Stadt Quickborn ist mit einem Eilantrag gegen den Bau des Logistikzentrums des US-Konzerns Hillwood in Ellerau gescheitert. Die Stadt hatte vor dem Verwaltungsgericht Schleswig die Baugenehmigung für das gigantische Projekt direkt an der Stadtgrenze angegriffen, die vom Bauamt des Kreises Segeberg erteilt worden war.
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichtes lehnte nun das Ansinnen der Stadt ab. Damit kann zum jetzigen Zeitpunkt das zehn Hektar große Projekt auf dem Gelände zwischen der Bahnstraße und der Werner-von-Siemens-Straße realisiert werden. Dennoch sieht sich die Stadt Quickborn in ihrer Rechtsauffassung bestätigt - und rechnet weiterhin mit einem Ausgang des Verfahrens zu ihren Gunsten.
Richter: Quickborn ist zwar betroffen, kann aber keine fehlende Erschließung des Projektes belegen
Hillwood ist derzeit dabei, die alten, seit Jahrzehnten brachliegenden Industriebauten auf dem Gelände abzureißen, um Platz für das geplante Logistikzentrum zu schaffen. Vorgesehen sind bis zu 800 Lkw An- und Abfahrten pro Tag.
Laut dem Urteil der Richter ist die Stadt Quickborn zwar vom Bauvorhaben und dessen Erschließung „insoweit subjektiv betroffen, als ein Großteil der Zu- und Abfahrten über ihre Gemeindestraßen“ erfolgen wird. Die Interessen der Stadt an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung beziehungsweise der Vermeidung unwirtschaftlicher Aufwendungen für Straßen seien ebenso tangiert, wie wenn das Bauvorhaben in ihrem eigenen Gemeindegebiet verwirklicht würde.
Eilantrag abgelehnt: Bauarbeiten können vorerst weitergehen
Jedoch könne die Kammer auf Grundlage der aktuell vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, „dass es dem genehmigten Vorhaben an einer gesicherten Erschließung fehlt“. Daher beurteilen die Richter die Erfolgsaussichten eines Hauptsacheverfahrens als offen. Und das mache der Stadt Quickborn Hoffnung, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt.
Die Beurteilung der Richter führt dennoch zunächst zu der Konsequenz, dass der Eilantrag der Stadt abzulehnen war. Laut dem Baugesetz können Baugenehmigungen unabhängig von Rechtsmitteln Dritter sofort vollzogen werden, wenn nicht gewichtige rechtliche Gründe dagegen sprechen und die Erfolgsaussichten einer Klage gegeben wären.
Dieses sieht das Verwaltungsgericht nicht. Zumal nach Ansicht der Richter auch die von der Stadt Quickborn eingereichte Verkehrsuntersuchung und die vor Ort erfolgten Verkehrszählungen keinen ausreichenden Beleg dafür erkennen lassen, dass der vom Bauvorhaben zusätzlich ausgelöste Verkehr eine hinreichende Beeinträchtigung des Verkehrsflusses zur Folge habe.
Stadt Quickborn kann Beschwerde gegen Gerichtsentscheidung einlegen
Bei der Beurteilung der prognostizierten Verkehrssituation seien laut Verwaltungsgericht nicht 1600, sondern lediglich 1080 tägliche An- und Abfahrten von Lkw zu berücksichtigen. Dies ergebe sich daraus, dass der US-Konzern – er nahm als Betroffener an dem Verfahren teil – nachträglich eine Betriebsbeschreibung eingereicht habe, aus der sich eine entsprechende Nutzungsbeschränkung ergeben würde.
Auch wenn es an zwei Knotenpunkten zu teils beträchtlichen Wartezeiten kommen würde und dort ein 200 Meter langer Rückstau prognostiziert wird, träten diese Beeinträchtigungen lediglich in Spitzenzeiten auf. Die Richter urteilen daher: „Auch wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs spürbar beeinträchtigt werden dürfte, so werde die Schwelle einer ungesicherten Erschließung nicht erreicht.“
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Auch eine nachhaltige, strukturelle Schädigung der Straßensubstanz im Gemeindegebiet der Stadt Quickborn sei von ihr bisher nicht dargelegt worden. Die Ablehnung des Eilantrages durch das Verwaltungsgericht ist noch nicht rechtskräftig. Die Stadt kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbeschlusses Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.
Aus Sicht der Stadt Quickborn folge das Gericht trotzdem der Quickborner Rechtsauffassung. Es stelle fest, dass Quickborns Einwände gegen das Mega-Projekt berechtigt sind, weil das Vorhaben die Rechte Quickborns berührt, so Bürgermeister Thomas Beckmann in einer ersten Stellungnahme. Die Erfolgsaussichten eines Hauptverfahrens sind laut Gericht trotz der Ablehnung des Eilantrags „als offen zu bewerten“.
Hillwood-Projelt sei ein „überdimensioniertes Massenlogistikzentrum „
„Die Hürden für den einstweiligen Rechtsschutz sind aus gutem Grund enorm hoch“, sagt Bürgermeister Beckmann. „Daher überrascht uns die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht. Wir freuen uns vielmehr darüber, dass sich das Gericht ausführlich mit unserem Antrag beschäftigt hat und anerkennt, dass Quickborn sich auf eine ungesicherte Erschließung des Industriegebiets berufen kann. Damit bestätigt das Gericht unsere Rechtsauffassung.“
Seit knapp einem Jahr kämpfe die Stadt für die Aufhebung der „objektiv rechtswidrigen Baugenehmigung für ein überdimensioniertes Massenlogistikzentrum der Firma Hillwood auf dem ehemaligen Devalit-Gelände“ in Ellerau. Die Baugenehmigung geht von ungefähr 1.600 zusätzlichen Schwerlasttransporten pro Tag aus. Diese sollen über Quickborner Straßen und durch Wohngebiete bis hin zur Autobahnauffahrt führen.
Quickborn will weiter „entschlossen gegen Baugenehmigung vorgehen“
Quickborner und Ellerauer Bürgerinnen und Bürger fürchten um die Sicherheit ihrer Kinder und ihre Gesundheit durch Lärm- und Emissionsbelastungen. Die Stadt Quickborn geht zudem von einem Verkehrskollaps auf den bereits heute maximal ausgelasteten und für ein derartiges Verkehrsaufkommen nicht ausgelegten Straßen aus. Aus diesen Gründen geht die Stadt Quickborn auch weiterhin entschlossen gegen die Baugenehmigung vor.
Auch Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen und Innenstaatssekretär Jörg Sibbel hatten sich vor Ort ein Bild von der schwierigen Verkehrssituation gemacht. Minister Madsen, der das Projekt durchaus kritisch sieht, sagte: „Die Straßen hier sind sehr eng und die Überlastung ist jetzt schon da. Man braucht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie das mit den zusätzlichen Schwerlasttransporten funktionieren soll.“
Quickborn schließt auch Klageweg gegen Hillwood-Projekt nicht aus
Bürgermeister Thomas Beckmann gibt sich deshalb kämpferisch: „Unsere Strategie fußt auf insgesamt vier Säulen. Wir haben Widerspruch gegen die Baugenehmigung beim Kreis Segeberg und eine Fachaufsichtsbeschwerde beim schleswig-holsteinischen Innenministerium eingelegt. Außerdem unterstützen wir die Gemeinde Ellerau in ihren Bemühungen, das Gebiet für eine menschen- und umweltverträgliche Gewerbenutzung mit mehr Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen sowie weniger Verkehr zu überplanen.“
Sollte der Widerspruch gegen die Baugenehmigung abgelehnt werden, will Quickborn den Klageweg beschreiten, dessen Ausgang das Verwaltungsgericht in ihrem Beschluss als offen bezeichnet hat. Der jetzt abgelehnte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei nur ein einzelner Baustein einer dieser vier Säulen, den die Stadt in Form einer Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht schnell durch einen sehr viel stabileren Baustein ersetzen werde.
Ellerau versucht mit einem neuen B-Plan das Logistikzentrum zu verhindern
Tatsächlich hat auch das Verwaltungsgericht Zweifel an der gesicherten Erschließung des Industriegebiets, benötigt für die Anordnung eines Baustopps allerdings detaillierte Verkehrsgutachten und weitere Argumente. Diese Argumente will die Stadt Quickborn jetzt liefern. „Wir rechnen weiterhin mit einer Entscheidung zu unseren Gunsten in den nächsten Wochen und gehen davon aus, dass die objektiv rechtswidrige Baugenehmigung fallen wird.“
Unterdessen will der US-Konzern offenbar im Mai mit dem Bau der fünf geplanten, jeweils 10.000 Quadratmeter großen Lager-und Produktionshallen beginnen, deren Fertigstellung für 2025 angedacht ist. Sowohl die Stadt Quickborn als auch die Gemeinde Ellerau haben bei der Kreisverwaltung Segeberg Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung eingelegt.
Sollte diesen Widersprüchen stattgegeben werden, könnte das Großprojekt eventuell doch noch verhindert werden. Die Gemeinde Ellerau ist dabei, für das Areal einen neuen Bebauungsplan aufzustellen, der eine geringere Nutzung vorsieht als von Hillwood geplant. Parallel dazu soll eine Veränderungssperre greifen. Sie würde wirksam werden, wenn der US-Konzern nach Stattgabe der Widersprüche ohne Baugenehmigung dastehen würde.