Quickborn/Ellerau. Um das Logistikzentrum zu verhindern, hat Quickborn Beschwerde beim OVG eingereicht. Was Elleraus Politiker beschlossen haben.
Die Stadt Quickborn bleibt weiter am Ball, um die Ansiedlung des Logistikzentrums des US-Konzerns Hillwood an der Bahnstraße in Ellerau zu verhindern. Wie berichtet, ist bei einer Realisierung des Projektes mit bis zu 1080 zusätzlichen Lkw-Fahrten am Tag zu rechnen.
Die Stadt hat jetzt förmliche Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Schleswig gegen das Verwaltungsgerichtsurteil eingereicht, das im Februar dem Rechtsschutz der Stadt Quickborn nicht stattgegeben hat. Dann hätte der laufende Widerspruch gegen die vor einem Jahr erteilte Baugenehmigung für die fünf großen Lagerhallen auf dem zehn Hektar umfassenden Industriegelände am AKN-Bahnhof Tanneneck aufschiebende Wirkung und die Bauarbeiten Hillwoods müssten sofort gestoppt werden.
Der Verkehrssicherheits-Aspekt sei vom Gericht nicht gewürdigt worden
Tenor der Beschwerde: Die Sicherheitsbelange der Fußgänger seien vom Verwaltungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt worden. Insbesondere Kinder, die hier täglich auf dem Weg zur Schule die Bahnstraße und den Buchenweg ohne eine vorhandene Ampel überqueren müssen, seien in höchster Gefahr, wenn hier zusätzlich zu den etwa 7000 Fahrzeugen am Tag fast jede Minute ein Lkw entlangführe.
Da dieses juristische Verfahren bestimmt einige Zeit in Anspruch nehmen wird, hat Quickborn noch ein weiteres Eisen im Feuer. So hat Bürgermeister Thomas Beckmann in einem Brief an Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack appelliert, endlich und möglichst rasch über die bereits im November eingereichte Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Baugenehmigung aus Segeberg zu entscheiden.
Dafür müsste die Ministerin nicht nur wie das Gericht die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung klären. Sie könnte die Argumente dafür und dagegen nach ihrer Zweckmäßigkeit abwägen. „Ich hoffe, dass sie dann im Sinne der Sicherheit unserer Kinder entscheidet“, sagte Beckmann am Freitag.
Beckmann: Der Schlüssel liegt jetzt in Kiel und muss nur reingesteckt werden
„Der Schlüssel liegt nun in Kiel bei der Ministerin. Sie muss ihn nur noch ins Schloss stecken und umdrehen“, sagt Beckmann und wünscht ihr „Mut zur Entscheidung“. Dann wäre, um im Bilde zu bleiben, die Tür für das „Massen-Logistikzentrum“ von Hillwood zu.
Denn am Abend zuvor hat der Gemeinderat in Ellerau einstimmig einen neuen Bebauungsplan für das Gelände an der Werner-von-Siemens-Straße/Buchenweg/Bahnstraße auf den Weg gebracht. Dieser stuft das Areal von einem Industrie- in ein Gewerbegebiet herab. Demnach dürfte hier künftig nur „eine gemeindetypische Gewerbestruktur“ in dem 6500 Einwohner zählenden Ort ansiedeln.
Ellerauer Gemeinderat hat neuen B-Plan und Veränderungssperre beschlossen
Zugleich hat der Ellerauer Gemeinderat – ebenfalls einmütig – eine Veränderungssperre für dieses Gebiet erlassen, die dann zum Zuge käme, wenn die Baugenehmigung gekippt ist. Ob dies durch das OVG, das Innenministerium oder den Kreis Segeberg geschieht, der bislang noch nicht über die eingelegten Widersprüche Quickborns und Elleraus gegen die Baugenehmigung vom Februar 2023 beschieden hat.
Zudem hat die Gemeinde Ellerau beschlossen, den Bereich der Bahnstraße, vor und hinter der Einmündung und dem Bahnübergang Buchenweg, zu einer Tempo-30-Zone zu erklären. Das wäre aus Sicht von Elleraus Bürgermeister Ralf Martens eine rasch umzusetzende Verbesserung der Verkehrssicherheit an dieser prekären T-Kreuzung, die über keinen Fußgängerüberweg und keine Lichtzeichenanlage verfügt.
Eine bereits fix und fertige Planung für eine sogenannte Büstra-Anlage mit Ampel und Bahnschrankensteuerung, die in diesem Jahr umgesetzt werden sollte, wurde durch das Hillwood-Vorhaben obsolet und muss neu überplant werden.
Die Verkehrssituation an dieser Kreuzung sei heute schon zu gefährlich
Wie gefährlich heute schon diese Verkehrssituation insbesondere für Schüler ist, zeigte die Quickborner Verwaltung den anwesenden Pressevertretern am Freitag in Form eines kleinen Filmchens. Der Filmemacher Thomas Spitzkowski, der bereits den Jubiläumsfilm zum 50. Bestehen der Stadtrechte Quickborns erstellt hatte, filmte, wie morgens und mittags die Kinder über die viel befahrene Bahnstraße laufen und dabei oft nahezu vor den Fahrzeugen, die fast gleichzeitig aus drei Richtungen kommen, flüchten mussten.
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Diese prekäre Situation hatten sich bereits Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen und Innenstaatssekretär Jörg Sibbel bei ihren Besuchen im Dezember und Februar vor Ort aus nächster Nähe anschauen können. Minister Madsen sagte da sichtlich schockiert: „Da hält man ja den Atem an und hofft, dass die Kinder da auch heil rüberkommen.“
Quickborn wird ein Gutachten zur Verkehrssicherheit erstellen lassen
Um diesen Sicherheitsaspekt zu untermauern, den bislang der Investor, alle Verkehrsgutachten, die Bauaufsichtsbehörde in Bad Segeberg und auch das Verwaltungsgericht vernachlässigt hätten, werde Quickborn nach Ostern ein gutachterliches „Verkehrssicherheits-Audit“ erstellen lassen, kündigte Bürgermeister Beckmann an. Dies solle dann dezidiert nachweisen, wie gefährlich diese Straßen- und Bahnkreuzung wäre, wenn dort, wie vom Investor angegeben, zusätzlich die 1080 Schwerlastfahrten und 336 Pkw-Fahrten die Straßen und Schienen kreuzten.
Ein weiteres für Quickborn entscheidendes Argument stellt der Schulwegerlass des Landes Schleswig-Holstein dar, der seit 2022 gilt und die „Schulwegsicherung (zu) einem zentralen Bereich der behördlichen Verkehrssicherheitsarbeit“ erklärt. Dieser sei vom Investor Hillwood bei seinem Bauantrag überhaupt nicht berücksichtigt worden, was aber notwendig gewesen wäre, kritisiert Quickborns Rechtsamtsleiter Alp Kor. Ebenso wie der mehr als 60 Jahre Bebauungsplan in Ellerau, der ja nun überarbeitet wird und dessen Vorgaben längst überholt seien, sodass Hillwood seine Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe darauf nicht hätte bauen können.
US-Konzern wirbt bereits im Internet für „Hillwood-Ellerau“
Unterdessen hat Hillwood fast alle Industriebauten auf dem Gelände, die dort vor mehr als 20 Jahren verlassen wurden, abgerissen. Und im Internet preist der US-Konzern bereits „Hillwood Ellerau“ auf mehreren Seiten mit Text und Ansichten zweisprachig als Top-Standort für die Logistikbranche an, der nur 3,5 Kilometer von der Autobahn und 21 Kilometer vom Hamburger Flughafen entfernt liege.